+++ Sachverhalt (reduziert auf das Wesentliche)

Jurafuchs

Die A-Außen-GbR (Gesellschafter sind B und C) ist Bucheigentümerin eines Grundstücks. B tritt seinen Gesellschaftsanteil an D ab, was im Grundbuch nicht eingetragen wird. D erwirkt die Eintragung eines Widerspruchs gegen den Gesellschafterbestand. Die GbR, vertreten durch B und C, lässt das Grundstück an G (gutgläubig) auf.

Einordnung des Falls

GbR

Die Jurafuchs-Methode schichtet ab: Das sind die 4 wichtigsten Rechtsfragen, die es zu diesem Fall zu verstehen gilt

1. Die A-GbR ist rechtsfähig.

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Genau, so ist das!

Die Rechtsfähigkeit der GbR war lange Zeit sehr umstritten. Nach einem Grundsatz-Urteil des BGH 2001 und der heute herrschenden Lehre ist die Rechtsfähigkeit für die Außen-GbR anerkannt.. Eine Außen-GbR ist eine GbR, die im Geschäftsverkehr werbend auftritt. Eine Außen-GbR kann also selbst Trägerin von Rechten und Pflichten sein. Auch der Gesetzgeber hat die Rechtsfähigkeit der Außen-GbR mittlerweile normiert, was sich etwa in § 899a BGB, § 47 Abs. 2 GBO und § 11 Abs. 2 Nr. 1 InsO zeigt. Die Innen-GbR ist demgegenüber nicht rechtsfähig (Beispiel: Erbengemeinschaft).Die A-GbR ist als Außen-GbR rechtsfähig.

2. G hat von der A-GbR Eigentum an dem Grundstück nach §§ 873, 925 BGB erworben.

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Nein, das trifft nicht zu!

Der Eigentumserwerb an einem Grundstück nach §§ 873, 925 BGB setzt voraus: (1) Einigung über den Eigentumsübergang am Grundstück (Auflassung, § 925 BGB), (2) Eintragung ins Grundbuch, (3) Einigsein, § 873 Abs. 2 BGB, (4) Verfügungsberechtigung des Veräußerers.Da die GbR selbst nicht handlungsfähig ist, wird sie durch ihre Gesellschafter vertreten. Diese sind grundsätzlich nur gemeinschaftlich vertretungsberechtigt (§ 709 Abs. 1 BGB). Gesellschafter der GbR waren nach der Veräußerung des Gesellschaftsanteils C und D. Hier haben jedoch B und C gehandelt. Aufgrund der fehlenden Vertretungsberechtigung liegt damit schon keine wirksame Willenserklärung der GbR und damit keine dingliche Einigung vor.

3. Unter den Voraussetzungen des § 899a BGB ist eine wirksame Auflassung auch mit einer nicht ordnungsgemäß vertretenen GbR möglich.

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Genau, so ist das!

Nach Anerkennung der Rechtsfähigkeit der Außen-GbR, waren nicht mehr die Gesellschafter Eigentümer eines Grundstücks, sondern die GbR selbst. Daher konnte der Rechtsverkehr aus dem Grundbuch nicht ersehen, wer über das Grundstück verfügen kann. § 47 Abs. 2 GBO schuf hier Abhilfe, indem angeordnet wurde, dass auch die Gesellschafter in das Grundbuch einzutragen waren. Flankierend hierzu wurde § 899a BGB eingefügt, der die Vermutung enthält, dass alle eingetragenen Personen und nur diese Gesellschafter sind (§ 899a S. 1 BGB). § 899a S. 2 BGB ermöglicht einen gutgläubigen Erwerb, sollte der reale Gesellschafterbestand mit der Vermutung des § 899a S. 1 BGB nicht übereinstimmen.Zum 1.1.2024 wird für die GbR ein eigenes Gesellschafterregister eingeführt. § 899a BGB wird dann ersatzlos gestrichen, da zukünftig nur noch Gesellschaften als Eigentümer ins Grundbuch eingetragen werden dürfen, die auch im Gesellschafterregister erfasst sind.

4. Da G nichts von dem Gesellschafterwechsel wusste, ist die Auflassung über § 899a S. 2 iVm § 892 BGB trotz fehlender Vertretungsberechtigung wirksam.

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Nein, das trifft nicht zu!

Über den Verweis in § 899a S. 2 BGB gelten die §§ 892 bis 899 bezüglich der Eintragung der Gesellschafter entsprechend. Der Erwerb kraft öffentlichen Glaubens nach § 892 Abs. 1 BGB setzt voraus: (1) Rechtsgeschäft im Sinne eines Verkehrsgeschäfts, (2) Unrichtigkeit des Grundbuchs, (3) Legitimation des Verfügenden durch das Grundbuch (§ 891 BGB), (4) Kein eingetragener Widerspruch im Grundbuch (§ 899 BGB) bzw. keine positive Kenntnis des Erwerbers von der Unrichtigkeit.Das Grundbuch wies B noch als Gesellschafter aus und G hatte auch von dem Wechsel keine positive Kenntnis. D hatte allerdings einen Widerspruch eintragen lassen. G kann sich somit nicht auf die eingetragene Gesellschafterstellung über § 899a S. 2 iVm § 892 BGB berufen.

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AN

Andreas

9.5.2023, 18:23:24

Warum ist hier die Einigung schon unwirksam? Es ist doch alles eine Frage der Berechtigung oder nicht? Eine Einigung kann ja auch über schuldnerfremde Sachen erfolgen.

Carl Wagner

Carl Wagner

21.5.2023, 10:50:26

Vielen Dank für deine Frage Andreas! ---(1) Die Außen-GbR ist selbst rechtsfähig und Eigentümerin des Grundstücks. Die GbR ist also berechtigt, Eigentum zu übertragen. Hier gibt es kein Problem. ---(2) Allerdings erfordert eine Eigentumsübertragung eine Einigung, § 873 I BGB. Da die GbR selbst nicht handeln kann, müssen das die Gesellschafter in Selbstorganschaft gemeinschaftlich tun, §§ 709, 714 BGB. Für den Käufer stellt sich hier die Frage, wer eigentlich Gesellschafter ist. Er hat keinen Überblick darüber, wer in die Gesellschaft ein- oder austritt. Um nicht nur auf das vertrauen zu müssen, was ihm erzählt wird, kann er ins Grundbuch schauen. § 899a BGB vermutet die Gesellschafterstellung der im Grundbuch als Gesellschafter eingetragenen Personen (Nicht wie §§ 932 ff. BGB etwa eine fehlende Berechtigung!). Wer Gesellschafter ist, darf die Gesellschaft vertreten, §§ 709, 714 BGB. Die im Grundbuch genannten Personen sind Gesellschafter (Vermutung/Gutglaubensschutz) und damit vertretungsberechtigt, § 899a BGB. Daher handelt es sich um eine Frage der Vertretungsbefugnis im Rahmen der Einigung und nicht um eine Frage der Berechtigung. Viele Grüße - Carl für das Jurafuchs-Team


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