Beschwerdefähigkeit von juristischen Personen des Privatrechts (Art. 19 Abs. 3 GG)
+++ Sachverhalt (reduziert auf das Wesentliche)
Die in Deutschland ansässige und vollständig in Privateigentum befindliche B-AG produziert Atemschutzmasken und vertreibt diese vorwiegend in China. Im Rahmen der Corona Pandemie beschließt der Bundestag durch Gesetz alle Masken der B-AG entschädigungslos zu beschlagnahmen. Dadurch soll ein effektiver Schutz der Bürger vor einer Infektion gewährleistet werden. Die B-AG sieht sich in ihrer Eigentumsfreiheit verletzt und erhebt Verfassungsbeschwerde.
Einordnung des Falls
Beschwerdefähigkeit von juristischen Personen des Privatrechts (Art. 19 Abs. 3 GG)
Die Jurafuchs-Methode schichtet ab: Das sind die 2 wichtigsten Rechtsfragen, die es zu diesem Fall zu verstehen gilt
1. Die Zulässigkeit der Verfassungsbeschwerde setzt die Beschwerdefähigkeit (Art. 93 Abs. 1 Nr. 4a GG, § 90 Abs. 1 BVerfGG) der B-AG voraus.
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Genau, so ist das!
2. Die B-AG ist beschwerdefähig, Verfassungsbeschwerde gegen die Enteignung zu erheben.
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Ja, in der Tat!
Fundstellen
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jomolino
17.12.2021, 18:20:30
In all den Fragen weiß ich nicht ob ihr auf die Beschwerdefähigkeit (jedermann) oder die beschwerdebefugnis abzielt, wenn ihr schon spezifische Grundrechte ansprecht. Wie ist sas gemeint? Zumal es keine weiteren Kapitel gibt…

Lukas_Mengestu
17.12.2021, 20:30:12
Vielen Dank für Deine Frage, nomamo! In dieser Einheit geht es zunächst um die Beschwerdefähigkeit. Wie Du richtig sagst, ist dabei "jedermann" beschwerdefähig. Handelt es sich in der Klausur um eine natürliche Person, so kannst Du das (und auch die Prozessfähigkeit) kurz feststellen und zu den nächsten Punkten weitergehen (tauglicher Beschwerdegegenstand und dann Beschwerdebefugnis). Anders ist dies, wenn - wie hier - eine juristische Person auf den Plan tritt. Hier liegt Beschwerdefähigkeit nur vor, wenn die Grundrechte nach Art. 19 Abs. 3 GG auf diese wesensmäßig anwendbar sind. Insofern ist hier der Begründungsaufwand wesentlich höher als bei natürlichen Personen und bereits auf der Ebene der Beschwerdefähigkeit sind die in Frage kommenden Grundrechte anzusprechen (vgl. BVerfG NVwZ 2008, 670; Grünewald, in: BeckOK-BVerfGG, 11.Ed, 01.07.2021, § 90 RdNr. 24). Die Beschwerdebefugnis wird übrigens einige Sessions später behandelt: https://applink.jurafuchs.de/qiAIkdTk4lb Beste Grüße, Lukas - für das Jurafuchs-Team

KingintheNorth
8.1.2022, 18:22:01
Sollte dann bereits im Rahmen der Beschwerdefähigkeit bzgl. der Frage ob eben Art. 14 GG auf eine juristische Person anwendbar ist zwischen den Ansichten des personellen Substrats und der Grundrechtstypischen Gefährdungslage entschieden werden?
QuiGonTim
27.3.2022, 17:46:25
Die Begründung der Beschwerdefähigkeit ähnelt hier sehr stark der Begründung der Eröffnung des persönlichen Schutzbereichs. Inwieweit unterscheiden sich beide im Falle von juristischen Personen?

Lukas_Mengestu
30.3.2022, 11:18:19
Hallo QuiGonTim, vielen Dank für die Nachfrage. In der Tat besteht hier ein Gleichlauf. Sofern also in der Klausur sowohl nach der Zulässigkeit als auch der Begründetheit der Verfassungsbeschwerde gefragt wird, kannst Du bei der Eröffnung des persönlichen Schutzbereiches auf vorangegangene Ausführungen verweisen. Beste Grüße, Lukas - für das Jurafuchs-Team

Sambadi
19.4.2022, 20:32:13
Generell hab ich bei Ö-Rechtklausuren gemerkt, dass je mehr man schon in der Zulässigkeit anspricht und zum Teil abarbeitet, desto einfacher und übersichtlicher wird dann die Begründetheit. Insbesondere hinsichtlich subjektiver Rechtverletzungen in der Klagebefugnis innerhalb von Verwaltungsrechtlichen Klausuren, aber auch wie man schön sehen kann hier!