Baue das Prüfungsschema zum ordentlichen Testament auf (§§ 2231, 2247 BGB) und ordne die klassischen Probleme zu:

  1. Testierfähigkeit, § 2229 BGB

    (1) Alterserfordernis: (a) Mit Volljährigkeit (§ 2 BGB) kann von allen Testamentsformen Gebrauch gemacht werden. (b) Der Minderjährige über 16 Jahren ist testierfähig, § 2229 Abs. 1 BGB. Zu seinem Schutz gelten aber Formvorschriften: 2247 Abs. 4 BGB, § 2233 Abs. 1 BGB, § 2232 S. 2 BGB. (c) Der Minderjährige unter 16 Jahren ist testierunfähig, § 2229 Abs. 1 BGB. Auch seine Eltern können nicht für ihn testieren, vergleiche § 2064 BGB. (2) Testierunfähigkeit wegen geistiger Gebrechen bei Errichtung des Testaments, § 2229 Abs. 4 BGB. Hier trifft die Beweislast denjenigen, der sich auf die Nichtigkeit des Testaments beruft.

  2. Höchstpersönliche Errichtung, §§ 2064, 2065 BGB

    Wegen seiner Bedeutung und des persönlichen Charakters muss der Erblasser das Testament persönlich errichten, § 2064 BGB. Denn die Verfügung von Todes wegen soll vom wirklichen Willen des Erblassers getragen sein. Die Bestimmung über die Gültigkeit seiner letztwilligen Verfügung kann der Erblasser keinem Dritten überlassen, § 2065 Abs. 1 BGB. Zudem kann er die Bestimmung der Person des Bedachten und des Gegenstands einer Zuwendung grundsätzlich nicht auf andere Personen übertragen, § 2065 Abs. 2 BGB.<vertiefung>Problem: Mitwirkung eines Dritten Wenn es um die Nachfolge in Unternehmen landwirtschaftliche Güter oder ähnliches geht, so vermag der Erblasser bei Testamentserrichtung oft noch nicht abzusehen, wer beim Erbfall für die Übernahme geeignet sein wird. In BGHZ 15, 199, 203 interpretierte der BGH § 2065 Abs. 2 BGB daher einschränkend: Der Erblasser kann einem Dritten die Anwendung jener Kriterien zuweisen, nach denen er den Erben auswählen möchte. Allerdings muss der Erblasser den Personenkreis so eng begrenzen und die Gesichtspunkte für die Auswahl so genau festlegen, dass die Bezeichnung des Bedachten für jede sachkundige Person objektiv bestimmt sei.</vertiefung>

  3. Testierwille, § 133 BGB

    Das Testament ist eine einseitige, nicht empfangsbedürftige Willenserklärung. Bei seiner Auslegung kommt es auf den wirklichen (erklärten) Willen des Erblassers an, nicht den objektiven Empfängerhorizont, § 133 BGB. Ausgangspunkt der Auslegung ist der Wortlaut des Testaments. Haben außerhalb des Testaments liegende Umstände einen Anhaltspunkt im Testament selbst, so können sie berücksichtigt werden (Andeutungstheorie). Lässt ein Testament verschiedene Auslegungen zu, so ist diejenige vorzuziehen, bei der die Verfügung Erfolg haben kann (wohlwollende Auslegung). Wichtige gesetzliche Auslegungsregeln sind § 2087 BGB sowie die §§ 2066ff. BGB.

  4. Form, § 2247 BGB

    Beim eigenhändigen Testament gelten die Formerfordernisse des § 2247 Abs. 1 BGB: (1) Der Erblasser muss die gesamte Niederschrift des Testaments eigenhändig vornehmen. Dies geht über die Schriftform gemäß § 126 BGB hinaus. Denn aufgrund der individuellen Handschrift jedes Menschen lässt sich durch Schriftvergleich die Echtheit des Testaments überprüfen. (2) Der Erblasser muss sein Testament räumlich am Ende unterschreiben. Die Unterschrift gibt Aufschluss über die Urheberschaft (Identitätsfrage) und stellt klar, dass es sich um eine abgeschlossene Erklärung handelt (Abschlussfrage). § 2247 Abs. 2 und 3 enthalten Soll-Formvorschriften. <vertiefung>Problem: Postskripta nach der Unterschrift Der Erblasser muss sein Testament unterschreiben, § 2247 Abs. 1 BGB. Dies stellt klar, dass es sich um eine abgeschlossene Erklärung handelt (Abschlussfrage). Entscheidend ist, dass die Unterschrift die letztwillige Verfügung (1) der äußeren Erscheinung nach deckt, (2) räumlich abschließt und (3) gegen spätere Zusätze schützt. Ohne erneute Unterschrift ist ein unterhalb der Unterschrift später angefügter Zusatz formunwirksam. Formunwirksam ist auch eine Einsetzung von Erben allein mit der Formulierung „s. Liste“, wenn diese im räumlichen Anschluss an das Testament ohne weitere Unterschrift angehängt wird.</vertiefung>

  5. Kein Widerruf, keine Anfechtung, keine sonstigen rechtshindernden Einwendungen

    (1) Der Erblasser kann sowohl das ganze Testament als auch jede einzelne letztwillige Verfügung darin jederzeit und ohne besonderen Grund widerrufen, § 2253 BGB. Dies folgt aus der Testierfreiheit. (2) Wird eine (einzelne) letztwillige Verfügung angefochten, so ist sie mit rückwirkender Kraft (ex tunc) nichtig, § 142 Abs. 1 BGB. Die Gründe, die zur Anfechtung einer letztwilligen Verfügung berechtigen, sind in den § 2078f. BGB abschließend geregelt. Die Anfechtungsberechtigung bestimmt sich nach § 2080 Abs. 1 BGB und die Durchführung der Anfechtung nach § 2081 BGB (Erklärung) sowie 2082f. BGB (Frist).

Jurafuchs kostenlos testen

© Jurafuchs 2024