+++ Sachverhalt (reduziert auf das Wesentliche)

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Der antike Syllogismus und die Rechtsanwendung haben Parallelen. Welche Aussagen treffen auf die Rechtsanwendung zu?

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Die Jurafuchs-Methode schichtet ab: Das sind die 2 wichtigsten Rechtsfragen, die es zu diesem Fall zu verstehen gilt

1. Wie beim Syllogismus muss der Richter bei der Rechtsanwendung primär logische Schlussfolgerungen ziehen.

Nein!

Der juristische Syllogismus bildet die Rechtsanwendung nur in ihrer einfachsten Grundstruktur ab. Er ist jedoch kein verlässliches Modell einer logischen Entscheidungsfindung. Die Rechtsanwendung erfordert logische Schlüsse (insb. Widerspruchsfreiheit). Und der Rechtsanwender muss seine Anwendung auch argumentativ begründen, insbesondere warum die gebildeten Ober- und Untersätze den aufgestellten Schlußsatz rechtfertigen. In unserem Beispiel: Wer eine andere Person körperlich mißhandelt... (Obersatz) / T spuckt dem O vor die Füße (Untersatz) / T hat den O nicht körperlich misshandelt (Schlußsatz). Die Hauptaufgabe des Rechtsanwenders liegt dabei aber nicht auf dem Gebiet der Logik, sondern der wertenden Beurteilung zur Zweckverwirklichung (Teleologie) des Gesetzes.
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2. Die Hauptarbeit der Rechtsanwendung liegt darin, auf der Grundlage genereller, gesetzlich normierter Wertmaßstäbe einen konkreten Sachverhalt wertend zu beurteilen.

Genau, so ist das!

Der juristische Syllogismus ist kein verlässliches Modell einer berechenbaren Entscheidungsfindung. Dafür dass die Subsumtion keine rein logische Übung ist, gibt es mehrere Gründe, insbesondere: (1) Normen enthalten unbestimmte Rechtsbegriffe, (2) Normen können ungenau, mehrdeutig oder sogar fehlerhaft formuliert sein, (3) zwischen Erlasszeitpunkt und Anwendungszeitpunkt eines Gesetzes können sich Fakten geändert haben und/oder ein Wertewandel in der Gesellschaft eingetreten sein.
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Fragen und Anmerkungen aus der Jurafuchs-Community

PSR

PSR

25.11.2020, 14:11:07

Meiner Ansicht wird hier ein falscher Gegensatz konstruiert. Ein Argument muss logisch gültig sein (dh Prämissen müssen richtig verknüpft werden) und plausible Prämissen haben. Hier wäre juristisch der Anknüpfungspunkt für die Ermittlung des Tatsachenstoffes sowie für Wertungen. Aristoteles hat seine philosophische Argumentation auch nicht auf rein formallogische Übungeb gestützt, sondern seine Prämissen begründet. Fazit: ein gutes Argument muss logisch gültig UND plausibel sein.

Lukas_Mengestu

Lukas_Mengestu

15.12.2021, 10:26:19

Hallo PSR, vielen Dank für deine Anmerkung. Durch die Aufgabe sollte letztlich kein Gegensatz zwischen dem juristischen Syllogismus und der Rechtsanwendung konstruiert werden. Vielmehr soll lediglich verdeutlicht werden, dass die Rechtsanwendung letztlich komplexer ist, als die Aneinanderreihung von logischen Schlussfolgerungen. Denn bei der Subsumtion eines Sachverhaltes muss der Richter eine Beziehung zwischen dem abstrakten Rechtssatz und dem konkreten Sachverhalt herstellen, was insbesondere bei unbestimmten Rechtsbegriffen, Veränderungen der Faktenlage oder ungenauen/mehrdeutigen Tatbeständen eine Mehrleistung gegenüber dem reinen Syllogismus darstellt. Aus diesem Grund wird es mit dem "elektronischen Richter" wohl noch eine ganze Weile dauern. Beste Grüße Lukas - für das Jurafuchs-Team

CLA

Constantin Lammert

13.9.2024, 13:04:39

Interessante Diskussion. Den juristischen Syllogismus kann man mit symbolischer KI leicht lösen (da gibt es bereits seit Jahrzehnten fertige Programme und Programmbibliotheken). Der elektronische Richter kann allerdings kein Expertensystem (wie z.B. MYCIN) sein, da er werten muss. Solange das Alignment-Problem nicht gelöst ist, wird es keinen elektronischen Richter geben.


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