Zivilrechtliche Nebengebiete
Familienrecht
Zugewinnausgleich und andere Vermögensausgleichsansprüche
Zugewinnausgleich (§ 1378 Abs. 1 BGB)
Schema: Zugewinnausgleich (§ 1378 Abs. 1 BGB)
4. Juli 2025
2 Kommentare
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Der Zugewinnausgleich ist eine der wichtigsten Scheidungsfolgen. Wie könnte man die Prüfung des Anspruchs auf Zugewinnausgleich aus § 1378 Abs. 1 BGB aufbauen?
Ermittlung des Zugewinns jedes Ehegatten
Ermittlung des Anfangsvermögens jedes Ehegatten, § 1374 BGB
Zunächst ist das Anfangsvermögen jedes Ehegatten zu ermitteln. Was dazu gehört, ergibt sich aus § 1374 BGB. Die Höhe kann sich ggf. aus einem vorher erstellten Verzeichnis ergeben, vgl. § 1377 BGB. Maßgeblicher Zeitpunkt („Stichtag“) ist der des Eintritts in den Güterstand der Zugewinngemeinschaft, also die Begründung der Ehe (§ 1374 Abs. 1 BGB).
Ermittlung des Endvermögens jedes Ehegatten, § 1375 BGB
Sodann ist das Endvermögen zu ermitteln. Die Zusammenstellung ergibt sich aus § 1375 BGB. Maßgeblicher Zeitpunkt ist grds. die Beendigung des Güterstands, § 1376 Abs. 2 BGB. Für den relevantesten Fall der Scheidung wird dies aber vorverlegt auf den Zeitpunkt der Rechtshängigkeit des Scheidungsantrags, § 1384 BGB.
Saldierung von Anfangs- und Endvermögen beider Partner, § 1373 BGB
Hier ist insbesondere zu berücksichtigen, dass der Zugewinn nicht kleiner als Null sein kann. Jedoch kann ein Zugewinn auch bei negativem Vermögen vorliegen. Bsp.: A hat ein Anfangsvermögen von €-60.000. A hat ein Endvermögen von €-20.000. As Zugewinn liegt bei €+40.000.
Ermittlung des Ausgleichsanspruchs, § 1378 BGB
Saldierung der beiderseitigen Zugewinne
Im Rahmen der Ermittlung der Höhe des Ausgleichsanspruchs ist folgende Formel zu verwenden:(Höherer Zugewinn - niedrigerer Zugewinn) : 2 = Höhe des Zugewinnausgleichsanspruchs.
Begrenzung des Anspruchs, § 1378 Abs. 2 BGB
Der Zugewinn wird dadurch begrenzt, dass der pflichtige Ehegatte nur insoweit zu Zahlung verpflichtet ist, als dass er die Höhe der Ausgleichsforderung auch tatsächlich in seinem Vermögen hat, § 1378 Abs. 2 BGB. Der pflichtige Ehegatte soll sich nicht für die Erfüllung der Ausgleichsforderung verschulden müssen.
Abzug eines Vorausempfangs, § 1380 BGB
Hat ein Ehegatte Zahlungen an den anderen Ehegatten mit der Bestimmung geleistet, dass diese auf einen Ausgleichsanspruch angerechnet werden sollen, müssen diese bei der Berechnung der Höhe des Ausgleichsanspruchs berücksichtigt werden. Eine solche Bestimmung ist im Zweifel dann anzunehmen, wenn Zuwendungen getätigt wurden, die den Wert von Gelegenheitsgeschenken übersteigen und eine Anrechnung nicht ausdrücklich ausgeschlossen wurde, § 1380 Abs. 1 S. 2 BGB.
Ausschluss oder Reduzierung in Härtefällen, § 1381 BGB
Dem pflichtigen Ehegatten steht ein Leistungsverweigerungsrecht zu (Einrede), wenn der Zugewinnausgleich grob unbillig wäre, § 1381 BGB. Wann der Ausgleich insbesondere grob unbillig wäre, bestimmt § 1381 Abs. 2 BGB. Ein anderer Fall ist auch persönliches Fehlverhalten.
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Fragen und Anmerkungen aus der Jurafuchs-Community
okalinkk
6.4.2025, 15:38:58
gibt es einen Grund, dass es bei der Scheidung auf den Zeitpunkt der Rechtshängigkeit des Scheidungsantrags ankommt?
P K
7.4.2025, 13:54:22
Was würde sonst gelten? Zeitpunkt der Scheidung, d.h. Rechtskraft des Scheidungsbeschlusses. Sind sich die Ehegatten nicht einig, gilt für das Scheitern der Ehe im Grundsatz, d.h. außerhalb der Härtefallscheidung, die Vermutung des § 1566 Abs. 2 BGB. Das bedeutet 3 Jahre Trennung. Hinzukommen weitere Verzögerungen durch das gerichtliche Verfahren und ggf. Rechtsmittel. Das bedeutet, dass auch solche Zugewinne ausgleichspflichtig wären, die nicht nur nach Trennung, sondern auch während des Scheidungsverfahrens erzielt werden, was einige Jahre in Anspruch nehmen kann. Warum kann das nicht sein? Der Zugewinnausgleichs beruht nach seiner Idee darauf, dass die Ehegatten jeweils durch die eheliche Gemeinschaft zum Zugewinn des anderen beigetragen haben (so insbes. bei der Einverdienerehe, denn irgendwer muss sich ja um Haushalt und Kinder kümmern). Damit hätte ein Zugewinnausgleich, der auch die Zeiträume während des Scheidungsverfahrens, zumal bei "streitiger" Scheidung, in den Blick nimmt, rein gar nichts mehr zu tun. Es entspricht nicht der Idee des Zugewinnausgleichs, dass in diesem Zeitraum weiter ausgeglichen werden muss. Auch prozessual wäre das schwierig. Denn der Zugewinnausgleich wird häufig im Scheidungsverbund geltend gemacht. Scheidungsverbund bedeutet, dass neben der Scheidung auch die Folgesachen gemeinsam verhandelt und entschieden werden. Es soll eine Paketlösung her und der schwächere Ehegatte soll nicht durch die Scheidung der Ehe belastet werden, wenn die Folgesachen noch ungeklärt sind. Wenn es für die Berechnung des Zugewinnausgleichs aber auf den Zeitpunkt der Rechtskraft jener Entscheidung ankommt, beißt sich die Katze in den Schwanz, weil dann kann ja gerade nicht einheitlich über Scheidung und die Folgesachen, hier der Zugewinnausgleich, entschieden werden. Hinzukommt, dass die Stichtagsregelung eine eindeutige und rechtssichere Beurteilung des Anfangs- und Endvermögens ermöglicht. Die (rechtskräftige) Scheidung der Ehe ist ja eher ein dynamischer Termin, der von dem Verlauf des Verfahrens abhängt. Soll der Antragsgegner hier immer erneut Auskunft (§ 1379 Abs. 1 Nr. 2 BGB) erteilen müssen?