Zivilrechtliche Nebengebiete

Internationales Privatrecht

Einführung IPR

IPR Überblick - Ermittlung des anwendbaren Rechts

Schema: IPR Überblick - Ermittlung des anwendbaren Rechts

4. Juli 2025

4 Kommentare

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Wir haben nun unterschiedliche Grundbegriffe im IPR kennengelernt. Diese müssen nun zu einem Prüfungsschema zusammengeführt werden. Wie baut man die Prüfung der Ermittlung des anwendbaren Rechts am besten auf?

  1. Ermittlung des anwendbaren Rechts

    1. Qualifikation

      Hier wird der Sachverhalt unter ein Tatbestandsmerkmal (Anknüpfungsgegenstand) einer Kollisionsnorm subsumiert. Regelmäßig wird eine EU-VO einschlägig sein. Hier musst Du dann den Anwendungsbereich dieser VO zuallererst prüfen, bevor Du dann nach einer einschlägigen Kollisionsnorm im Regelungswerk suchst.

    2. Anknüpfung

      Der vorliegende Sachverhalt muss an die Elemente der Kollisionsnorm „anknüpfen“. Hierbei gibt es zwei Möglichkeiten: die Anknüpfung an eine subjektive Rechtswahl der Parteien oder eine objektive Anknüpfung unter eine allgemeine Kollisionsnorm (z.B. Art. 4 Rom I-VO). Die Kollisionsnorm ist anzuwenden.

    3. Art der Verweisung

      Ist ein anderes Recht anzuwenden, gibt es auch hier wiederum mehrere Möglichkeiten. Die Kollisionsnorm kann auf das materielle Recht des Staates (Sachnormverweisung) oder auf das gesamte Recht des Staates samt IPR (Gesamtverweisung) verweisen. Bei der Gesamtverweisung ist dann wiederum zuerst das IPR des Staates zu prüfen und zu ermitteln, auf welches Recht dieses verweist.

  2. Anwendung des anwendbaren Rechts

  3. Ordre-public-Kontrolle

    Die Anwendung von ausländischem Recht kann natürlich zu anderen Ergebnissen führen, als die Anwendung deutschen Rechts ergeben hätte. Verstößt das andere Ergebnis aber erheblich gegen die Wertvorstellungen des angerufenen Gerichts, kann dies in Ausnahmefällen mit dem ordre public-Vorbehalt korrigiert werden. Dies gilt insbesondere bei erheblichen Widersprüchen mit den Wertungen unseres Grundgesetzes.

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Fragen und Anmerkungen aus der Jurafuchs-Community

WAL

Waltrop

1.5.2025, 14:50:59

In Examensklausuren wird man doch immer (?) entweder deutsches Recht anwenden oder nach Sachverhaltshinweis so tun als ob das ausländische Recht dem Deutschen entsprechen würde. Kann man Ordre Public dann immer weglassen?

Paulah

Paulah

8.5.2025, 12:40:49

Ganz weglassen würde ich die Prüfung nicht. Der Ordre Public Vorbehalt korrigiert nicht das anzuwendende Recht, sondern das Anwendungs e r g e b n i s. Nach BGHZ 123, 268 liegt ein Verstoß gegen den deutschen ordre public vor, wenn das Anwendungsergebnis der ausländischen Norm "zu Grundgedanken der deutschen Regelung und der in ihnen liegenden Gerechtigkeitsvorstellungen in so starkem Widerspruch steht, dass es von uns für untragbar gehalten wird." Wenn das Anwendungsergebnis offensichtlich wesentlichen Grundsätzen des deutschen Rechts, insbesondere der Grundrechte (aber auch der Sittenwidrigkeit), widerspricht und ein hinreichender Inlandsbezug besteht, ist das Ergebnis zu korrigieren. Die Korrektur kann entweder durch N i c h t a n w e n d u n g des betroffenen Rechtssatzes erfolgen, im Übrigen verbleibt es aber bei der Anwendung der berufenen Rechtsordnung. Eine Korrektur kann auch durch L ü c k e n f ü l l u n g erfolgen. Die Methode der Lückenfüllung ist strittig und kann entweder durch modifizierte Anwendung der lex causae erfolgen. Dann besteht aber das Problem, das fremdes Recht geändert wird. Die Lückenfüllung kann auch durch Anwendung der lex fori vorgenommen werden. Wie die Korrektur vorzunehmen ist, ist im Einzelfall zu entscheiden.

WAL

Waltrop

9.5.2025, 21:16:55

@[Paulah](135148) Aber das Anwendungsergebnis kann doch nicht deutschem Recht widersprechen, wenn ich deutsches Recht anwenden muss.

Paulah

Paulah

10.5.2025, 08:58:47

@[Waltrop ](122946)Das nicht, es kann aber sein, dass fremdes Recht angewendet werden muss. Dann wäre im Sachverhalt eine Anmerkung "im Staat XY ist die Regelung so und so". Dann könnte das Ergebnis vom deutschen Recht abweichen.


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