Schema: Grundrechte
Für Deine Grundrechtsprüfung - insbesondere in der Klausur - ist ein ordentlicher Aufbau unerlässlich. Wie baust du die Prüfung eines Freiheitsgrundrechts auf?
Schutzbereich
Hier ist die Frage zu beantworten, ob der Gewährleistungsgehalt des einschlägigen Grundrechts - der Schutzbereich - in sachlicher und persönlicher Hinsicht eröffnet ist, also ob das Grundrecht das streitgegenständliche Verhalten der Grundrechtsträgerin schützt.
Eingriff
Hier ist die Frage zu beantworten, ob eine Maßnahme der öffentlichen Gewalt - Legislative, Exekutive oder Judikative - die Freiheitsausübung verkürzt, die durch den Schutzbereich des einschlägigen Grundrechts geschützt wird.
Rechtfertigung
Hier ist die Frage zu beantworten, ob der hoheitliche Eingriff in den Schutzbereich des einschlägigen Grundrechts verfassungsrechtlich gerechtfertigt ist oder nicht. Zentral sind hierbei die verfassungsrechtlichen Anforderungen des Vorbehalts des Gesetzes, des Gesetzesvorbehalts des einschlägigen Grundrechts sowie des Grundsatzes der Verhältnismäßigkeit.
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Fragen und Anmerkungen aus der Jurafuchs-Community
Olaf Müller-Michaels
31.10.2022, 08:31:09
Bei der Rechtfertigung muss es Vorrang statt Vorbehalt des Gesetzes heißen.
Nora Mommsen
3.11.2022, 14:27:24
Hallo Olaf Müller-Michaelis, danke für deine Anmerkung. Tatsächlich ist an dieser Stelle auch zu klären, ob ein formelles Gesetz gegeben ist, dass den Eingriff rechtfertigt. Dies ist eine Frage des Vorbehalts des Gesetzes also dem Grundsatz "kein Handeln ohne Gesetz". Bekanntermaßen gibt es davon Ausnahmen, z.B. in der
Leistungsverwaltung. Der Prüfungspunkt ist daher richtig und wichtig. Viele Grüße, Nora - für das Jurafuchs-Team
Olaf Müller-Michaels
3.11.2022, 15:28:43
Alles klar, das hatte ich nicht genau genug gelesen. Es ist nur etwas verwirrend, dass zweimal hintereinander vom Vorbehalt des Gesetzes und vom Gesetzesvorbehalt die Rede ist.
Dominic
17.8.2023, 15:50:20
Liebes Jurafuchs-Team, könntet Ihr einmal näher erläutern, was der Unterschied zwischen Vorbehalt des Gesetzes und Gesetzesvorbehalt (des einschlägigen Grundgesetzes) ist? Gibt es da wirklich einen Unterschied?
Lukas_Mengestu
20.12.2023, 11:21:17
Hallo Dominic, vielen Dank für Deine Frage. Sehr gerne! Die beiden Begriffe sind sehr eng miteinander verwandt, aber nicht deckungsgleich. Der Begriff Gesetzesvorbehalt bezeichnet in erster Linie eine Technik zur materiellen Einschränkung von Grundrechten durch eine gesetzliche Klausel, die zugleich die
Ermächtigungsgrundlagefür den einfachen Gesetzgeber ist, Eingriffstatbestände selbst zu regeln, ohne dass etwa eine Verfassungsänderung notwendig ist. Es gibt hier sowohl den einfachen Gesetzesvorbehalt, d.h. das Grundrecht ist ohne weiter konkretisierte Einschränkungen (unmittelbar) durch ein Gesetz bzw. (mittelbar) aufgrund eines Gesetzes einschränkbar (zB Art. 2 Abs. 2 S. 3 GG, Art. 14 Abs. 1 S. 2 GG). Daneben gibt es den qualifizierten Gesetzesvorbehalt, wo eine Einschränkung nur in bestimmten Fällen erfolgen darf (zB Art. 11 Abs. 2, Art. 14 Abs. 3 GG) und schließliche die vorbehaltlosen Grundrechte (Kunstfreiheit, Religionsfreiheit), die nur durch kollidierendes Verfassungsrecht eingeschränkt werden. Gerade bei letzteren zeigt sich nun schön der Unterschied zwischen dem Gesetzesvorbehalt und dem Vorbehalt des Gesetzes. Der Vorbehalt des Gesetzes ist ein aus dem Rechtsstaatsprinzip (Art. 20 Abs. 3 GG) abgeleiteter Grundsatz, wonach jedenfalls belastende Maßnahmen stets einer gesetzlichen Grundlage bedürfen. Obwohl es in den Fällen der vorbehaltlosen Grundrechte an einem Gesetzesvorbehalt fehlt, entspricht es der herrschenden Meinung, dass auch hier ein Eingriff einer gesetzlichen Grundlage bedarf. Gestützt wird dies dann auf das allgemein geltende Prinzip des Vorbehalts des Gesetzes, denn ein konkreter Gesetzesvorbehalt fehlt ja gerade. Gemeinsam ist beiden Begriffen aber, dass sie beide Konstellationen behandeln, in denen das exekutive Handeln eine parlamentsgesetzliche Grundlage erfordert (vgl. auch Dürig/Herzog/Scholz/Grzeszick, 101. EL Mai 2023, GG Art. 20 Rn. 76). Dies ist letztlich wohl der Grund dafür, dass sie häufig einfach gleichgesetzt werden. Ich hoffe, jetzt ist es noch einmal klarer geworden. Beste Grüße, Lukas - für das Jurafuchs-Team
Artimes
20.12.2023, 10:30:47
Wann reicht ein
materielles Gesetzals Schranke (nur bei der Formulierung „aufgrund eines Gesetzes“?)? Wann brauche ich ein formelles Gesetz?
Lukas_Mengestu
20.12.2023, 11:55:26
Hallo Art., mittelbar bedarf es immer eines formellen Gesetzes. Denn auch das materielle Gesetz (zB Rechtsverordnung) muss letzlich auf einem formellen Gesetz beruhen. Die zentrale Frage ist dann nur, welche Bereiche bereits in dem formellen Gesetz geregelt sein müssen und inwieweit der Verwaltung ein Handlungsspielraum verbleibt, der in dem materiellen Gesetz ausgeformt werden kann. Das BVerfG hat hierzu den "Wesentlichkeitsgrundsatz" geprägt. Das Demokratieprinzip verlangt, dass der demokratisch legitimierte Gesetzgeber alle für das Gemeinwesen wesentlichen Entscheidungen selbst trifft und sie nicht auf andere Normgeber – im Wege der Verordnungs- oder Satzungsermächtigung – delegiert. Hieraus ergeben sich gleichfalls Anforderungen an die inhaltliche Bestimmtheit der gesetzlichen Regelung: Je wesentlicher eine Angelegenheit ist, desto detaillierter muss die Regelung durch den förmlichen Gesetzgeber sein, sog. Gleitformel (vgl. BVerfGE 47, 46 - Sexualkundeunterricht RdNr. 117 = https://www.servat.unibe.ch/dfr/bv047046.html). Beste Grüße, Lukas - für das Jurafuchs-Team
line.pline
17.7.2024, 15:33:47
Könntet ihr die Schemata etwas ausbauen und die konkreten unterpunkte bei schutzbereich, eingriff und rechtfertigung hinzufügen?
Foxxy
22.7.2024, 17:27:58
Hallo, vielen Dank für Deinen Vorschlag! Wir haben ihn notiert und werden in einer der nächsten Redaktionssitzungen prüfen, inwiefern wir hierzu noch weitere Aufgaben mit aufnehmen können. Beste Grüße, Foxxy, für das Jurafuchs-Team
Lizza
8.10.2024, 21:33:23
Fände ich auch eine gute Ergänzung.