Definition: Notwehrexzess, Putativ (§ 33 StGB)
6. Juli 2025
7 Kommentare
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Was versteht man unter einem „Putativnotwehrexzess“?
Ein Putativnotwehrexzess liegt vor, wenn der Täter sich lediglich subjektiv eine Notwehrlage vorgestellt hat, die aber objektiv zu keinem Zeitpunkt tatsächlich bestand (sog. Erlaubnistatbestandsirrtum) und er zudem eine Verteidigung wählt, die selbst in der vorgestellten Notwehrlage das Maß der erforderlichen Verteidigung überschritten hätte.
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Fragen und Anmerkungen aus der Jurafuchs-Community

G0d0fMischief
20.12.2024, 09:52:23
ehemalige:r Nutzer:in
26.12.2024, 02:14:43
Konrad1522
19.2.2025, 17:29:20
Nein, der Notwehrexzess stellt mE keinen Irrtum dar. Die Voraussetzungen des
ETBIliegen schon nicht vor, da vorgestellte Notwehrhandlung nicht erforderlich ist. Ich würde nach der Ablehnung des
ETBIauf Rechtfertigungsebene eine analoge Anwendung des § 33 auf
Schuldebene diskutieren und ablehnen. Im Ergebnis ist der Täter weder gerechtfertigt noch ent
schuldigt, § 17 passt hier nicht, auf eine
Vermeidbarkeitkommt es nicht an
ehemalige:r Nutzer:in
20.2.2025, 01:57:53
@[Konrad1522](153272) nächstes Mal informieren… „Nach herrschender Meinung kommen hier die allgemeinen Irrtumsregeln zur Anwendung (
Doppelirrtum): § 17 sei anzuwenden (Wessels/Beulke/Satzger
Strafrecht AT, 49. Aufl. 2019, § 13 Rn. 706; BGH NStZ 2016, 333, 334)“ 🤷🏼♂️
Moritz
10.6.2025, 13:52:47
Die Frage ist aber, ob ein
Putativnotwehrexzesszwingend auch immer auch einen sog. "
Doppelirrtum" gem.
§ 17 StGBdarstellt. Meines Wissens kommt ein "
Doppelirrtum" i.S.v.
§ 17 StGBnur in Betracht, wenn der Täter neben der Verkennung der tatsächlichen Umstände auch einer fehlerhaften rechtlichen Bewertung unterliegt, also irrtümlicherweise annimmt, sein Verhalten - welches z.B. die Grenzen der Notwehr überschreitet - sei zulässig. Wenn der Täter also in einem
Putativnotwehrexzesshandelt, aber sich zugleich bewusst ist, dass sein exzessives Verhalten (selbst bei Vorliegen einer Notwehrlage)
rechtswidrigist oder sich dazu schlicht keine Gedanken macht, so dürfte ein
Doppelirrtumgem. § 17 S. 1 StGB mE nicht vorliegen. Mein Fazit wäre damit, dass bei einem
Putativnotwehrexzessein "
Doppelirrtum" gem.
§ 17 StGBnur geprüft werden muss, sofern der Täter auch einer fehlerhaften rechtlichen Bewertung unterliegt, also glaubt, dass sein exzessives Verhalten (bei unterstellter Richtigkeit seiner
Tatsachenvorstellung) rechtmäßig ist. Dem Täter muss also auch das
Unrechtsbewusstseingefehlt haben. Sofern sich der Täter über die Rechtmäßigkeit seines Verhaltens keine Gedanken macht, oder sogar weiß, dass sein Verhalten
rechtswidrigist, kommt ein "
Doppelirrtum" gem. § 17 S. 1 StGB beim
Putativnotwehrexzessohnehin nicht in Betracht. Insofern ist der Verweis, dass der
Putativnotwehrexzesszur Anwendung des
§ 17 StGBführe, meiner Ansicht nach ungenau. Denn zur Anwendbarkeit des § 17 S. 1 StGB gelangt man nur, wenn der im Notwehrexzess handelnde Täter auch subjektiv glaubt, dass er rechtmäßig handele, ihm also das (von § 17 S. 1 StGB vorausgesetzte)
Unrechtsbewusstseinfehlt. Nur dann stellt sich überhaupt die Frage, nach der
Vermeidbarkeitdes Irrtums.
Putativnotwehrexzessund
Doppelirrtumsind also nicht identisch und fallen auch nicht zwangsläufig zusammen. Nicht jeder
Putativnotwehrexzessist daher auch ein
Doppelirrtumim Sinne des § 17 S. 1 StGB. Ist diese Einschätzung so zutreffend?
Moritz
10.6.2025, 14:59:25
Ein paar mehr Aufgaben zum
Putativnotwehrexzesswären sehr wünschenswert. Die Behandlung des
Putativnotwehrexzesses ist ja durchaus sehr umstritten und wirft viele Fragen auf (§ 33 StGB, § 33 StGB analog, § 35 Abs. 2 StGB, § 35 Abs. 2 StGB analog oder
§ 17 StGB)

Linne Hempel
16.6.2025, 17:48:55
Hallo Moritz, vielen Dank für Deinen Vorschlag! Wir haben ihn notiert und werden in einer der nächsten Redaktionssitzungen prüfen, inwiefern wir hierzu unsere Lerninhalte entsprechend anpassen bzw. noch weitere Aufgaben mit aufnehmen können. Beste Grüße, Linne Hempel, für das Jurafuchs-Team