Öffentliches Recht

VwGO

Fortsetzungsfeststellungsklage

Fortsetzungsfeststellungsklage (§ 113 Abs. 1 S. 4 VwGO) - Zulässigkeit

Fortsetzungsfeststellungsklage (§ 113 Abs. 1 S. 4 VwGO) - Zulässigkeit


Mit einer gelungenen Prüfung der Zulässigkeit kannst Du von Anfang an zeigen, was Du kannst. Wie könntest Du die Zulässigkeitsprüfung der Fortsetzungsfeststellungsklage (§ 113 Abs. 1 S. 4 VwGO) aufbauen?

  1. Eröffnung des Verwaltungsrechtswegs

    Wie bei allen verwaltungsrechtlichen Klage muss zunächst der Verwaltungsrechtsweg eröffnet sein. Liegt keine aufdrängende Sonderzuweisung zu, so ist der Verwaltungsrechtsweg nach § 40 Abs. 1 S. 1 VwGO eröffnet, wenn es sich (1) um eine öffentlich-rechtliche Streitigkeit, (2) nichtverfassungsrechtlicher Art handelt und (3) keine abdrängende Sonderzuweisung gegeben ist. Die Eröffnung des Verwaltungswegs solltest Du – wenn Du sie prüfst – an erster Stelle nennen. In einigen Schemata wird diese sogar vor der Zulässigkeit geprüft, da es sich streng genommen nicht um eine Zulässigkeitsvoraussetzung handelt. Beide Varianten sind aber vertretbar.

  2. Statthaftigkeit der Fortsetzungsfeststellungsklage (§ 113 Abs. 1 S. 4 VwGO)

    Die statthafte Klageart richtet sich nach dem Klagebegehren (vgl. § 88 VwGO). Die stattfhafte Klageart solltest Du immer an dieser Stelle prüfen, denn sie legt Dein Prüfprogramm fest. Im Rahmen der statthaften Klageart solltest Du ganz sauber unterscheiden, welche Konstellation der Fortsetzungsfeststellungsklage vorliegt.

    1. Anfechtungsfortsetzungsfeststellungsklage

      Die Anfechtungsfortsetzungsfeststellungsklage kommt immer dann in Betracht, wenn sich das Klagebegehren gegen einen (zunächst wirksamen) Verwaltungsakt richtet, also zunächst die Anfechtungsklage (§ 42 Abs. 1 Var. 1 VwGO) statthaft war. Erledigt (vgl. § 43 Abs. 2 VwVfG) sich der Verwaltungsakt, kommt die Fortsetzungsfeststellungsklage als „Verlängerung“ der Anfechtungsklage in Betracht. Dabei muss man unterscheiden, ob die Erledigung vor oder nach Klageerhebung eingetreten ist. Hier prüfst Du also zunächst, ob es ursprünglich einen wirksamen Verwaltungsakt gegeben hat und dann, ob und wann sich dieser erledigt hat (vgl. § 43 Abs. 2 VwVfG).

      1. Erledigung des Verwaltungsakts nach Klageerhebung (§ 113 Abs. 1 S. 4 VwGO)

        Formulierungsvorschlag: „Die statthafte Klageart richtet sich nach dem Klagebegehren (vgl. § 88 VwGO). Begehrt der Kläger die Aufhebung eines (wirksamen) Verwaltungsakts, so ist zunächst die Anfechtungsklage statthaft (§ 42 Abs. 1 Var. 1 VwGO). Hat sich ein angefochtener Verwaltungsakt nach Klageerhebung und vor Schluss der mündlichen Verhandlung erledigt, kann der Kläger die Klage auf eine Fortsetzungsfeststellungsklage (§ 113 Abs. 1 S. 4 VwGO), gerichtet auf die Feststellung der Rechtswidrigkeit des ursprünglichen wirksamen Verwaltungsakts, umstellen. Vorliegend…”

      2. Erledigung des Verwaltungsakts vor Klageeherbung (§ 113 Abs. 1 S. 4 VwGO analog)

        Formulierungsvorschlag: „Die statthafte Klageart richtet sich nach dem Klagebegehren (vgl. § 88 VwGO). Begehrt der Kläger die Aufhebung eines (wirksamen) Verwaltungsakts, so ist zunächst die Anfechtungsklage statthaft (§ 42 Abs. 1 Var. 1 VwGO). Hat sich ein Verwaltungsakts bereits vor Klageerhebung erledigt, kann der Kläger die Fortsetzungsfeststellungsklage (§ 113 Abs. 1 S. 4 VwGO analog) – gerichtet auf die Feststellung der Rechtswidrigkeit des ursprünglich wirksamen Verwaltungsakts – erheben. Vorliegend…”

    2. Verpflichtungsfortsetzungsfeststellungsklage

      Die Verpflichtungsfortsetzungsfeststellungsklage kommt immer dann in Betracht, wenn sich das Klagebegehren zunächst auf den Erlass eines Verwaltungsakt richtet, also zunächst die Verpflichtungsklage (§ 42 Abs. 1 Var. 2 VwGO) statthaft war. Treten später Umstände ein, die dafür sorgen, dass sich der Verwaltungsakt, wenn er erlassen worden wäre, inzwischen erledigt hätte, kann der Kläger analog § 113 Abs. 1 S. 4 VwGO feststellen lassen, dass er einen Anspruch auf den ursprünglich begehrten Verwaltungsakt hatte. Hier prüfst Du also zunächst, ob zunächst der Erlass eines Verwaltungsakts begehrt wurde und dann, ob und wann sich dieser erledigt (vgl. § 43 Abs. 2 VwVfG) hätte, wenn er erlassen worden wäre.

      1. Hypothetische Erledigung des begehrten Verwaltungsakts nach Klageerhebung (§ 113 Abs. 1 S. 4 VwGO analog)

        Formulierungsvorschlag: „Die statthafte Klageart richtet sich nach dem Klagebegehren (vgl. § 88 VwGO). Begehrt der Kläger den Erlass eines Verwaltungsakts, so ist zunächst die Verplfichtungsklage statthaft (§ 42 Abs. 1 Var. 2 VwGO). Dagegen ist die Fortsezungsfeststellungsklage – gerichtet auf die Feststellung des Anspruchs auf Erlass des ursprünglich begehrten Verwaltungsakts – statthaft, wenn sich der ursprünglich begehrte Verwaltungsakt nach Klageerhebung aber vor Urteilsverkündung bereits erledigt hätte, wenn er erlassen worden wäre (§ 113 Abs. 1 S. 4 VwGO analog). Vorliegend…”

      2. Hypothetische Erledigung des begehrten Verwaltungsakts vor Klageerhebung (§ 113 Abs. 1 S. 4 VwGO „doppelt“ analog)

        Formulierungsvorschlag: „Die statthafte Klageart richtet sich nach dem Klagebegehren (vgl. § 88 VwGO). Begehrt der Kläger den Erlass eines Verwaltungsakts, so ist zunächst die Verplfichtungsklage statthaft (§ 42 Abs. 1 Var. 2 VwGO). Dagegen ist die Fortsezungsfeststellungsklage – gerichtet auf die Feststellung des Anspruchs auf Erlass des ursprünglich begehrten Verwaltungsakts – statthaft, wenn sich der ursprünglich begehrte Verwaltungsakt zum Zeitpunkt der Klageerhebung bereits erledigt hätte, wenn er erlassen worden wäre (§ 113 Abs. 1 S. 4 VwGO analog). Vorliegend…” Der Begriff „doppelte Analogie“ wird in diesem Zusammenhang nur verwendet, um die verschiedenen Konstellationen der Fortsetzungsfeststellungsklage besser unterscheiden zu können. Eine Norm kann aber streng genommen nicht doppelt analog angewandt werden. Richtig ist, § 113 Abs. 1 S. 4 VwVGo analog zu zitieren.

  3. Klagebefugnis (§ 42 Abs. 2 VwGO analog)

    Die Fortsetzungsfeststellungsklage ist als „Verlängerung“ der Anfechtungs- bzw. Verpflichtungsklage einzuordnen. Daher müssen grundsätzlich auch dieselben Sachurteilsvoraussetzungen vorliegen. Die Klagebefugnis richtet sich daher nach § 42 Abs. 2 VwGO. Es muss also die Möglichkeit bestehen, dass der ursprünglich wirksame Verwaltungsakt den Klägern in seinen Rechten verletzt hat (Anfechtungskonstellation). In der Verpflichtungssituation kommt es darauf an, dass es nicht von vornherein ausgeschlossen ist, dass der Kläger einen Anspruch auf den ursprünglich begehrten Verwaltungsakt hat.

  4. Fortsetzungsfeststellungsinteresse

    Als besondere Sachurteilsvoraussetzung solltest Du auf das Feststellungsinteresse zu sprechen kommen, bevor Du die allgemeinen Zulässigkeitsvoraussetzungen prüfst. § 113 Abs. 1 S. 4 VwGO verlangt ein „berechtigtes Interesse“ an der Feststellung. Es setzt ein Bestehen eines berechtigten Interesses ideeler, rechtlicher sowie wirtschaftlicher Art. In der verwaltungsrechtlichen Praxis haben sich im Wesentlichen die folgenden Fallgruppen herausgebildet: (1) Wiederholungsgefahr, (2) Rehabilitationsinteresse, (3) Präjudizinteresse.. Außerdem besteht immer dann ein Interesse an der Feststellung der Rechtswidrigkeit eines ursprünglich wirksamen Verwaltungsakts, wenn dieser sich typischerweise schnell erledigt und einen nicht unerheblichen Grundrechtseingriff bedeutet. Dies ist vor allem bei den polizeirechtlichen Standardmaßnahmen der Regelfall.

  5. Vorverfahren?

    In Bezug auf alle Zulässigkeitsfragen kannst Du Dir immer wieder vor Augen führen: Wenn die zunächst erhobene Anfechtungs- oder Verpflichtungsklage unzulässig war, kann sie nicht durch Umstellung auf eine Fortsetzungsfeststellungsklage wieder zulässig werden. Aufbautechnisch ist es egal, an welcher Stelle Du dies prüfst. Wir empfehlen Dir aber, Dich für eine Reihenfolge zu entscheiden. So kannst Du routiniert prüfen und verringerst das Risiko, dass Du einen Punkt vergisst. Ob ein Vorverfahren notwendig ist, richtet sich danach, wann Erledigung eingetreten ist. Ist Erledigung erst nach Erhebung der Anfechtungs- oder Verpflichtungsklage eingetreten, so muss ein erfolgloses Vorverfahren vorliegen. Die §§ 68 ff. VwGO gelten hier in Bezug auf die ursprünglich erhobene Klage uneingeschränkt. Etwas anderes gilt, wenn sich der (begehrte oder angegriffene) Verwaltungsakt bereits vor Klageerhebung (hypothetisch) erledigt. In diesen Fällen besteht nach einem Teil der Lit. und der Rspr. keine Notwendigkeit für ein Vorverfahren.

  6. Klagefrist?

    Auch im Rahmen der Klagefrist (§ 74 VwGO) gilt: Wenn die zunächst erhobene Anfechtungs- oder Verpflichtungsklage unzulässig war, kann sie nicht durch Umstellung auf eine Fortsetzungsfeststellungsklage wieder zulässig werden. Aufbautechnisch ist es egal, an welcher Stelle Du dies prüfst. Eine zunächst erhobene Anfechtungs- oder Verpflichtungsklage durfte daher nicht verfristet gewesen sein. Lässt der Kläger die Klagefrist verstreichen und tritt erst danach Erledigung ein, so ist die Fortsetzungsfeststellungsklage ebenfalls verfristet.

  7. Klagegegner (§ 78 VwGO)

    Hier ergeben sich keine Besonderheiten im Vergleich zur Anfechtungs- und Verpflichtungsklage. Der richtige Klagegegner ergibt sich aus § 78 VwGO. Aufbautechnisch ist es egal, an welcher Stelle Du diesen Punkt prüfst.

  8. Beteiligten- und Prozessfähigkeit (§§ 61, 62 VwGO)

    Es gelten die allgemeinen Vorschriften zur Beteiligten- und Prozessfähigkeit (§§ 61, 62 VwGO). Aufbautechnisch ist es egal, an welcher Stelle Du diesen Punkt prüfst. Es ist jedoch sinnvoll, diesen Punkt anzusprechen, nachdem Du den richtigen Klagegegner bestimmt hast.

  9. Zuständigkeit des Verwaltungsgerichts (§§ 45, 52 VwGO)

    Eventuell musst Du kurz die Zuständigkeit des Verwaltungsgerichts feststellen. In der Regel sollten hier – gerade im ersten Examen – keine Probleme liegen und der Punkt wird häufig auch einfach weggelassen. Aufbautechnisch ist es egal, an welcher Stelle Du diesen Punkt prüfst. Die Zuständigkeit des Verwaltungsgerichts richtet sich sachlich nach § 45 VwGO und örtlich nach § 52 VwGO.

  10. Ordnungsgemäße Klageerhebung (§§ 81, 82 VwGO)

    Dieser Punkt ist im ersten Examen selten bis gar nicht von Bedeutung und kann i.d.R. weggelassen werden. Für die mündliche Prüfung und spätestens für das zweite Examen ist es aber gut, wenn Du diesen Prüfungspunkt auf dem Schirm hast. Aufbautechnisch ist es egal, an welcher Stelle Du diesen Punkt prüfst. Für die Klageerhebung gelten die allgemeinen Vorschriften (§§ 81, 82 VwGO).

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