Öffentliches Recht

VwGO

Feststellungsklage

Statthaftigkeit Feststellungsklage: Die Nichtigkeit eines VA als Gegenstand der Feststellungsklage

Statthaftigkeit Feststellungsklage: Die Nichtigkeit eines VA als Gegenstand der Feststellungsklage

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+++ Sachverhalt (reduziert auf das Wesentliche)

Jurafuchs

Die Baubehörde B erlässt gegenüber Frau Frühling (F) eine Rückbauverfügung für ihr Ferienhaus. Sachbearbeiterin S vergisst, die B als ausstellende Behörde auf dem Bescheid anzugeben. Als B die Vollstreckung des Rückbaus androht, meint F, dass die Rückbauverfügung nichtig ist.

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Einordnung des Falls

Statthaftigkeit Feststellungsklage: Die Nichtigkeit eines VA als Gegenstand der Feststellungsklage

Die Jurafuchs-Methode schichtet ab: Das sind die 5 wichtigsten Rechtsfragen, die es zu diesem Fall zu verstehen gilt

1. Nach erfolglosem Antrag bei der Behörde klagt F. Als statthafte Klageart kommt die allgemeine Feststellungsklage (§ 43 VwGO) in Betracht.

Ja, in der Tat!

Die statthafte Klageart richtet sich nach dem Klagebegehren (vgl. § 88 VwGO). Die allgemeine Feststellungsklage ist statthaft, wenn das Klagebegehren auf die Feststellung des Bestehens (positive Feststellungsklage) oder Nichtbestehens (negative Feststellungsklage) eines Rechtsverhältnisses gerichtet ist (§ 43 Abs. 1 Var. 1 VwGO) oder die Nichtigkeit eines Verwaltungsakts festgestellt werden soll (Nichtigkeitsfeststellungklage, § 43 Abs. 1 Var. 2 VwGO) F möchte gerichtlich festgestellt haben, dass die Rückbauverfügung (= Verwaltungsakt) nichtig ist. In Betracht kommt daher eine Nichtigkeitsfeststellungsklage.
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2. Auch bei der Nichtigkeitsfeststellungsklage geht es letztendlich um das Bestehen oder Nichtbestehen eines Rechtsverhältnisses.

Nein!

In Abgrenzung zur Feststellungsklage nach § 43 Abs. 1 Var. 1 und 2 VwGO geht es bei der Nichtigkeitsfestellungsklage gerade nicht darum, ein Rechtsverhältnis zu überprüfen. Ein Rechtsverhältnis kann sich nur aus einem Verwaltungsakt ergeben, der Verwaltungsakt selbst ist dagegen kein Rechtsverhältnis (sondern eben ein Verwaltungsakt). Deswegen ist für die Statthaftigkeit der Nichtigkeitsfeststellungsklage nur entscheidend, dass sich das Klägerbegehren auf die Feststellung der Nichtigkeit eines erlassenen Verwaltungsakts richtet.

3. Erhebt der Kläger gegen einen nichtigen Verwaltungsakt (versehentlich) die Anfechtungsklage, so ist diese nach h.M. ebenfalls statthaft.

Genau, so ist das!

Richtigerweise kann und muss ein nichtiger Verwaltungsakt nicht angefochten werden, da er keine rechtliche Wirkung entfaltet. Allerdings ist für den juristischen Laien nicht ohne weiteres erkennbar, ob es sich um einen nichtigen oder lediglich um einen rechtswidrigen Verwaltungsakt handelt. Aus Gründen des effektiven Rechtsschutzes (Art. 19 Abs. 4 GG) ist es für den Kläger sicherer, die Anfechtungsklage zu erheben. Denn diese entfaltet, anders als die Feststellungsklage, aufschiebende Wirkung (§ 80 Abs. 1 VwGO). Nach h.M. bleibt die Anfechtungsklage auch statthaft, wenn sich während des Prozesses herausstellt, dass der Verwaltungsakt doch nichtig war. Nichtigkeitsfeststellungsklage sind in der Klausurpraxis sehr selten. Du dürftest vom Sachverhalt geradezu dahin gedrängt werden zu erkennen, dass der Verwaltungsakt nichtig - und nicht bloß rechtswidrig - ist.

4. Um auf der sicheren Seite zu sein, kann F die Anfechtungsklage und die Nichtigkeitsfeststellungsklage gleichzeitig erheben.

Nein, das trifft nicht zu!

Der Kläger kann Anfechtungs- und Feststellungsklage wegen der Gleichartigkeit des Streitgegenstands niemals gleichzeitig erheben. In Betracht kommt allerdings ein Eventualklageverhältnis nach § 44 VwGO. Der Kläger kann danach eine Haupt- und eine Hilfsklage erheben. So bietet es sich z.B. an, die Feststellungsklage gerichtet auf die Nichtigkeit des Verwaltungsakts als Hauptklage zu erheben. Die Anfechtungsklage kann dann als Hilfsklage für den Fall erhoben werden, dass die Feststellungsklage erfolglos bleibt, weil der Verwaltungsakt "nur" rechtswidrig ist. F könnte beide Klagen nur in einem Eventualverhältnis erheben.

5. Materiell-rechtlich betrachtet ist hier die Nichtigkeitsfeststellungklage nach § 43 Abs. 1 Var. 3 VwGO die statthafte Klageart.

Ja!

Begehrt der Kläger die Feststellung der Nichtigkeit eines Verwaltungsakts, ist die Nichtigkeitsfeststellungklage statthaft. F meint, dass der ausstellerlose Bescheid nichtig ist. Dies ist wegen § 44 Abs. 2 Nr. 1 (L)VwVfG zutreffend. Weil B bereits die Vollstreckung des Bescheids in Aussicht stellt, will F die Nichtigkeit gerichtlich bestätigt bekommen. Liegt - wie hier - offensichtlich ein nichtiger Verwaltungsakt vor, muss du keine Ausführungen zur alternativen Anfechtungsklage machen. Führe diese Überlegungen nur aus, wenn der Sachverhalt darauf ausgerichtet ist (z.B. wenn der Kläger sich unsicher ist).
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