Referendariat

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Einführung

Zwangsvollstreckung: Einführungsfall

Zwangsvollstreckung: Einführungsfall

leichtmittelschwer

+++ Sachverhalt (reduziert auf das Wesentliche)

Jurafuchs

Handwerkerin H versucht seit Monaten vergeblich eine offene Forderung gegen ihren Kunden K einzutreiben. Da sie alleine nicht weiterkommt, überlegt H sich, was sie tun muss, damit ihr der Staat dabei hilft. ‌

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Einordnung des Falls

Zwangsvollstreckung: Einführungsfall

Die Jurafuchs-Methode schichtet ab: Das sind die 4 wichtigsten Rechtsfragen, die es zu diesem Fall zu verstehen gilt

1. Es gibt ein Verfahren, bei dem zivilrechtliche Ansprüche zwangsweise durch staatliche Gewalt durchgesetzt werden.

Ja, in der Tat!

Die Zwangsvollstreckung ist ein Verfahren, bei dem die staatliche Gewalt einen (titulierten) zivilrechtlichen Anspruch zwangsweise durchsetzt. ‌
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2. Bevor H den Staat um Zwangsvollstreckung bitten kann, braucht H zunächst einen Titel.

Ja!

Der Staat bzw. ein ihm angehörendes Vollstreckungsorgan darf erst mit der Zwangsvollstreckung beginnen, wenn die allgemeinen Voraussetzungen der Zwangsvollstreckung vorliegen. Das sind: (1) der Titel (§ 750 Abs. 1 ZPO) (2) die Klausel (§ 724, 725 ZPO) (3) die Zustellung (§ 750 Abs. 1 ZPO) und (4) der Antrag (§§ 753, 754 ZPO). Ein Titel (Vollstreckungstitel) ist eine öffentliche Urkunde, aus der sich ergibt, dass ein bestimmter materiell-rechtlicher Anspruch besteht. Als Grundvoraussetzung jeder Zwangsvollstreckung muss er zuerst geschaffen werden. Denn ohne einen entsprechenden Titel, kann keine Klausel beantragt werden und auch kein Vollstreckungsantrag gestellt werden. Und auch die Zustellung des Titels kann logischerweise nicht vor dessen Existenz erfolgen. H muss die allgemeinen Voraussetzungen der Zwangsvollstreckung schaffen. Hierfür braucht sie zuallererst einen Titel.

3. Wenn H Klage gegen K auf Zahlung der offenen Forderung erhebt und diese Erfolg hat, erlangt H einen Titel.

Genau, so ist das!

Eine Klage hat Erfolg, wenn sie zulässig und begründet ist. Dann ergeht ein der Klage stattgebendes Urteil. Nach § 704 ZPO kann aus einem Urteil die Zwangsvollstreckung betrieben werden. Ein Urteil ist folglich ein Titel. Wenn H Klage gegen K erhebt und diese Erfolg hat, wird ein der Klage stattgebendes Urteil ergehen. Ein solches ist ein Titel. Durch eine Klage wird das sog. Erkenntnisverfahren eingeleitet. Das Erkenntnisverfahren dient dazu, einen Titel zu schaffen.

4. H muss auf jeden Fall Klage erheben, um an einen Titel zu kommen.

Nein, das trifft nicht zu!

Aus einem Urteil kann die Zwangsvollstreckung betrieben werden (§ 704 ZPO). Daneben gibt es jedoch noch andere Titel. So findet nach § 794 Abs. 1 ZPO die Zwangsvollstreckung ferner auch aus zahlreichen anderen öffentlichen Urkunden statt, beispielsweise aus Vergleichen (Nr. 1), Vollstreckungsbescheiden (Nr. 4) und notariellen Unterwerfungserklärungen (Nr. 5). Ein Vollstreckungsbescheid ist das Ergebnis eines Mahnverfahrens (§§ 688ff. ZPO), welches auf Antrag des Gläubigers einer Geldforderung stattfindet (§ 688 Abs. 1 ZPO). H ist Gläubigerin einer Geldforderung und kann daher das Mahnverfahren einleiten. Im Erfolgsfall geht daraus ein Vollstreckungsbescheid und damit ein Titel hervor. H kann also nicht nur durch eine Klage (Urteil, Vergleich), sondern auch durch ein Mahnverfahren einen Titel erlangen.
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Fragen und Anmerkungen aus der Jurafuchs-Community

MARCE

Marcel13

25.8.2024, 11:29:22

Eine Frage lautete (sinngemäß), dass H einen Vollstreckungstitel erlangt, wenn sie Klage erhebt und vor Gericht erfolg hat. Aber muss das Urteil nicht auch noch rechtskräftig sein, damit es vollstreckt werden kann?

TI

Timurso

25.8.2024, 19:45:41

Das ist zwar soweit korrekt, ändert allerdings nichts daran, dass das Urteil ein Vollstreckungstitel ist, auch wenn daraus noch nicht vollstreckt werden kann, §§ 704, 794 ZPO. Zudem werden Urteile in aller Regel für vorläufig vollstreckbar erklärt.

MARCE

Marcel13

27.8.2024, 13:51:11

Super! Vielen Dank Dir :-)


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