+++ Sachverhalt (reduziert auf das Wesentliche)
K wurde zur Zahlung von €1.500 an B verurteilt. K behauptet, die €1.500 kurz nach Zustellung des Urteils an B bezahlt zu haben, was B bestreitet. Als B die Zwangsvollstreckung einleitet, erhebt K Vollstreckungsabwehrklage. Das Gericht hält die Klage für zulässig und begründet.
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Einordnung des Falls
Vollstreckungsabwehrklage - Tenor
Die Jurafuchs-Methode schichtet ab: Das sind die 8 wichtigsten Rechtsfragen, die es zu diesem Fall zu verstehen gilt
1. Der Hauptsachetenor muss lauten: Die Vollstreckbarkeit des Urteils des … (Gericht) vom … (Datum), Az.: … wird beseitigt.
Nein!
Ist eine Vollstreckungsabwehrklage zulässig und begründet, beseitigt das Gericht die Vollstreckbarkeit des titulierten Anspruchs durch richterlichen Gestaltungsakt. Aus dem Tenor des der Klage stattgebenden Urteils geht dies jedoch nicht wortwörtlich hervor. Die Vollstreckbarkeit des titulierten Anspruchs wird vielmehr dadurch beseitigt, dass die Zwangsvollstreckung aus dem Titel generell für unzulässig erklärt wird.
Die Klage ist zulässig und begründet. Der Hauptsachetenor muss daher lauten: „Die Zwangsvollstreckung aus dem Urteil des … (Gericht) vom … (Datum), Az.: … wird für unzulässig erklärt.“
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2. Die Kostenentscheidung muss lauten: „Der Beklagte trägt die Kosten des Rechtsstreits“.
Genau, so ist das!
Auch im Rahmen einer Vollstreckungsabwehrklage richtet sich die Kostenentscheidung nach den §§ 91ff. ZPO. Nach § 91 Abs. 1 S. 1 ZPO hat die unterliegende Partei die Kosten des Rechtsstreits zu tragen.
Der Klage des K ist stattzugeben, da sie zulässig und begründet ist. Die Kosten des Rechtsstreits sind daher B als unterliegender Partei vollständig aufzuerlegen.
3. Der Streitwert des Zwangsvollstreckungsrechtsbehelfs beträgt bei Geldforderungen stets 2/3 der zu vollstreckenden Forderung, somit €1.000.
Nein, das trifft nicht zu!
Nach § 3 S. 1 ZPO wird der Streitwert vom Gericht nach freiem Ermessen festgesetzt. Bei einer Vollstreckungsabwehrklage richtet sich der Streitwert nach dem Interesse des Klägers an der Abwendung der Zwangsvollstreckung, welches regelmäßig mit dem Wert des titulierten Anspruchs gleichzusetzen ist.
Der Wert des titulierten Anspruchs beträgt €1.500. Dies entspricht auch dem Wert des Interesses des Klägers an der Abwendung der Zwangsvollstreckung.
4. K kann nur die Kosten des Rechtsstreits gegen B vollstrecken.
Ja!
Ist eine Vollstreckungsabwehrklage zulässig und begründet, beseitigt das Gericht die Vollstreckbarkeit des titulierten Anspruchs durch richterlichen Gestaltungsakt in Form eines Gestaltungsurteils. Der Kläger erreicht folglich sein Rechtsschutzziel bereits durch das Urteil selbst. Eine zusätzliche Zwangsvollstreckung ist nicht nötig und mangels vollstreckungsfähigem Inhalt des Titels auch nicht möglich. Der Kläger kann daher allenfalls die Kosten des Rechtsstreits gegen den Beklagten vollstrecken.
Die Vollstreckungsabwehrklage des K ist zulässig und begründet. Er kann jedoch allenfalls die Kosten des Rechtsstreits gegen B vollstrecken.
5. Obwohl nur die Kosten des Rechtsstreits vollstreckbar sind, muss die vorläufige Vollstreckbarkeit des Urteils auch hinsichtlich der Hauptsache tenoriert werden.
Genau, so ist das!
Der Hauptsachetenor eines einer Vollstreckungsabwehrklage stattgebenden Urteils beseitigt die Vollstreckbarkeit des titulierten Anspruchs unmittelbar durch richterlichen Gestaltungsakt und braucht keines weiteren Umsetzungsaktes.
Die vom Beklagten betriebene Zwangsvollstreckung wird nach § 775 Nr. 1 ZPO jedoch nur dann vor der formellen Rechtskraft der Entscheidung eingestellt, wenn der Kläger dem zuständigen Vollstreckungsorgan eine vollstreckbare Ausfertigung des Urteils vorlegt, welches die Zwangsvollstreckung für unzulässig erklärt. Dementsprechend muss sich der Ausspruch zur vorläufigen Vollstreckbarkeit auch auf die Hauptsache beziehen.
Obwohl K nur noch die Kosten des Rechtsstreits vollstrecken kann, muss sich der Ausspruch zur vorläufigen Vollstreckbarkeit auch auf die Hauptsache beziehen.
6. Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar ohne Sicherheitsleistung (§ 708 Nr. 11 ZPO).
Nein, das trifft nicht zu!
Nach § 708 Nr. 11 ZPO ist ein Urteil, bei dem der Gegenstand der Verurteilung in der Hauptsache €1.250 nicht übersteigt oder bei dem nur die Kostenentscheidung vollstreckbar ist und diese eine Vollstreckung von nicht mehr als €1.500 ermöglicht, vorläufig vollstreckbar ohne Sicherheitsleistung. Bei einem einer Vollstreckungsabwehrklage stattgebenden Urteil besteht jedoch eine wichtige Besonderheit: Obwohl der Kläger nur die Kostenentscheidung gegen den Beklagten vollstrecken kann, muss sich die vorläufige Vollstreckbarkeit auch auf die Hauptsache beziehen. Dementsprechend wird die Wertgrenze des § 708 Nr. 11 Alt. 1 ZPO unter Berücksichtigung des Werts der Hauptsache für maßgeblich erachtet.
Bereits der Wert der Hauptsache beträgt €1.500. Dadurch wird die hier maßgebliche Wertgrenze des § 708 Nr. 11 Alt. 1 ZPO (€1.250) überschritten. Das Urteil ist damit nach § 709 ZPO nur gegen Sicherheitsleistung vorläufig vollstreckbar.
7. Genügt es bei einer erfolgreichen Vollstreckungsabwehrklage, wenn die Höhe der Sicherheitsleistung in einem bestimmten Verhältnis zur Höhe des Hauptsachetenors angegeben wird (vgl. § 709 S. 2 ZPO)?
Nein!
§ 709 S. 2 ZPO regelt die vorläufige Vollstreckbarkeit von titulierten Geldforderungen. Bei einem einer Vollstreckungsabwehrklage stattgebenden Urteil kann der Kläger zwar nur die Kostenentscheidung und damit eine Geldforderung gegen den Beklagten vollstrecken, jedoch muss sich der Ausspruch zur vorläufigen Vollstreckbarkeit auch auf die Hauptsache beziehen. Da es in der Hauptsache nicht um eine Geldforderung, sondern um die Beseitigung der Vollstreckbarkeit des titulierten Anspruchs geht, ist § 709 S. 2 ZPO daher nicht anwendbar.
Bereits der Wert der Hauptsache beträgt €1.500. Dadurch wird die hier maßgebliche Wertgrenze des § 708 Nr. 11 Alt. 1 ZPO überschritten. Da § 709 S. 2 ZPO nicht anwendbar ist, muss die Höhe der Sicherheit beziffert werden (§ 709 S. 1 ZPO).
8. Der Ausspruch zur vorläufigen Vollstreckbarkeit muss lauten: „Das Urteil ist gegen Sicherheitsleistung in Höhe von (Wert der Hauptsache + Kosten) vorläufig vollstreckbar.“
Genau, so ist das!
Nach §§ 708 Nr. 11 Alt. 1, 709 S. 1 ZPO sind Urteile, deren Gegenstand der Verurteilung in der Hauptsache €1.250 übersteigt, gegen eine der Höhe nach zu bestimmende Sicherheit für vorläufig vollstreckbar zu erklären. Auch bei der Sicherheitsleistung müssen sowohl der Wert der Kostenentscheidung, als auch der Wert der Hauptsache berücksichtigt werden.
Der Wert der Hauptsache beträgt €1.500. Die Kosten des Rechtsstreits belaufen sich auf €635,63 (Gerichtskosten: 3 Gebühren à €78; Anwaltskosten: 2,5 Gebühren à €127 + €20 Auslagenpauschale + 19% Umsatzsteuer). Die Sicherheitsleistung beträgt daher €2135,63.In der Klausur wird der Wert der Hauptsache in der Regel entweder unter €1.250 liegen oder die Entscheidung über die Kosten und vorläufige Vollstreckbarkeit sind erlassen, sodass Dir die Berechnung regelmäßig erspart bleibt.