Zivilrecht
Schuldrecht Allgemeiner Teil
Verzögerung der Leistung, §§ 280 Abs. 1, 2, 286 BGB (Leistungsstörungsrecht)
Verzug bei Bestehen eines Zurückbehaltungsrechts
Verzug bei Bestehen eines Zurückbehaltungsrechts
10. Juni 2025
36 Kommentare
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+++ Sachverhalt (reduziert auf das Wesentliche)
Stammkundin J kauft bei V einen Habersack. V liefert nicht. J mahnt V am 15.3. V erwidert am Folgetag, J solle erstmal ihre übrigen offenen Rechnungen bezahlen. J zahlt und V liefert am 31.3. Da J bereits am 20.3 einen Habersack mieten musste, verlangt sie Ersatz der Mietkosten.
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Einordnung des Falls
Verzug bei Bestehen eines Zurückbehaltungsrechts
Die Jurafuchs-Methode schichtet ab: Das sind die 10 wichtigsten Rechtsfragen, die es zu diesem Fall zu verstehen gilt
1. J könnte gegen V einen Anspruch auf Schadensersatz wegen Verzögerung der Leistung haben (§§ 280 Abs. 1, 2, 286 BGB).
Jurastudium und Referendariat.
2. Zwischen J und V besteht ein rechtsgeschäftliches Schuldverhältnis in Form eines Kaufvertrages (§ 433 BGB).
Ja, in der Tat!
3. V müsste sich im Schuldnerverzug befinden.
Ja!
4. Js Forderung war fällig und wirksam
Genau, so ist das!
5. Der Schuldnerverzug ist grundsätzlich ausgeschlossen, solange die Forderung des Gläubigers mit einer Einrede behaftet ist.
Ja, in der Tat!
6. V stand wegen Js unbezahlten Rechnungen eine Einrede in Form eines Zurückbehaltungsrechtes (§ 273 Abs. 1 BGB) zu.
Ja!
7. Da V ein Zurückbehaltungsrecht (§ 273 Abs. 1 BGB) zustand, konnte er nicht in Schuldnerverzug geraten.
Nein, das ist nicht der Fall!
8. Zum Zeitpunkt als J sich einen Gesetzessammlung mietete (20.3), befand sich V im Schuldnerverzug.
Ja, in der Tat!
9. V hat den Verzug auch zu vertreten gehabt (§ 286 Abs. 4 BGB).
Ja!
10. J kann für die entstandenen Mietkosten Schadensersatz wegen Verzögerung der Leistung fordern (§§ 280 Abs. 1, 2, 286).
Genau, so ist das!
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Fragen und Anmerkungen aus der Jurafuchs-Community

Antonia
5.1.2022, 13:45:40
Also hätte V ihr ZBR bereits am 15.3 geltend machen müssen um den
Schuldnerverzug zu verhindern? Oder schon davor, also ab Fälligkeit?

Lukas_Mengestu
6.1.2022, 18:12:54
Hallo Antonia, das Zurückbehaltungsrecht nach §
273 BGBkann den Verzug nur ausschließen, wenn es bei oder vor Eintritt der Verzugsvoraussetzungen geltend geamcht wird (Lorenz, in: BeckOK-BGB, 60.Ed. 1.11.2021, § 286 RdNr. 15). Spätestens bei Eingang der Mahnung am 15.3. (eine Verzugsvoraussetzung) hätte V das Zurückbehaltungsrecht also geltend machen müssen. Beste Grüße, Lukas - für das Jurafuchs-Team
QuiGonTim
25.7.2022, 23:44:16
Wenn der
Schuldner sein Zurückbehaltungsrecht aus
§ 273 Abs. 1 BGBnicht nur bis, sondern auch noch bei Eintritt der Vollzugsvoraussetzung geltend machen kann, müsste ihm dann nicht nach Eingang der Mahnung noch eine
angemessene Fristzur Geltendmachung eingeräumt werden?
QuiGonTim
25.7.2022, 23:45:46
Wieso wurde hier nicht auch die Einrede des nicht erfüllten Vertrages aus § 320 Abs. 1 S. 1 BGB geprüft?

Lukas_Mengestu
27.7.2022, 16:02:01
Hallo QuiGonTim, die Einrede des nicht erfüllten Vertrages greift hier nicht, da es die übrigen Kaufpreisforderungen nicht im Gegenseitigkeitsverhältnis zur Übergabe und
Übereignungdes Habersacks stehen. In der Klausur solltest Du aber trotzdem kurz die Einrede aus §
320 BGBprüfen und ablehnen, um sodann §
273 BGBzu bejahen. Beste Grüße, Lukas - für das Jurafuchs-Team

Sambadi
10.12.2022, 18:40:03
Also meint „rechtliches Verhältnis“ iRd § 273 alle rechtlichen Beziehungen zwischen den Parteien? Wie weitreichend soll das dann gehen können? Ich hätte jetzt nämlich argumentiert, dass die von V geltend gemachten Forderungen aus anderen
Schuldverhältnissen stammen. Ein abgeschlossenen Vertrag nicht zu erfüllen und ein Zurückbehaltungsrecht (auf Basis eines anderen Vertrages) geltend zu machen um so nicht in Verzug zu geraten klingt ziemlich rechtsmissbräuchlich (242!). Wenn sich S als so unvertrauenswürdig erweist und ihre Rechnungen nicht zahlt, dann muss V ja auch kein neuen Vertrag mit ihr abschließen, den sie dann aber garnicht erfüllt, so von wegen - „wie du mir, so ich dir ätsch“.

Sambadi
10.12.2022, 18:42:54
Weil hier handelt es sich zumindest um den selben Vertragstyp (433) und S ist Stammkundin. Aber wie wird „rechtliches Verhältnis“ genau definiert? Kann auch ein Vermieter seinem Mieter ein Rasenmäher verkaufen und dann nicht liefern, weil der Mieter noch Miet
schulden hat und das auf §273 stützen?

Lukas_Mengestu
12.12.2022, 10:27:51
Hallo Sambadi, vielen Dank für die gute Nachfrage! Der Prüfungspunkt "aus demselben rechtlichen Verhältnis", auch Konnexität genannt, ist in der Tat nicht ganz leicht fassbar. Entgegen des Wortlautes des §
273 BGBversteht die hM die Norm deutlich weiter als zB §
320 BGB. Nach der hM soll es hier also nicht um das
Schuldverhältnis im weiteren Sinneund die Beschränkung auf
synallagmatische Pflichten gehen. Du hattest insoweit aber auch schon das richtige Gespür, dass das nicht uferlos sein kann. Vielmehr folgt aus dem Gebot von Treu und Glauben, dass der
Schuldner die Leistung nicht wegen eines jeden beliebigen Gegenanspruchs zurückhalten darf. Die hM grenzt die Konnexität insoweit wie folgt ein: die gegenseitigen Ansprüche müssen einem innerlich zusammenhängenden einheitlichen Lebensverhältnis entspringen,sie müssen also in einem natürlichen und wirtschaftlichen Zusammenhang stehen, so dass es gegen Treu und Glauben verstieße, wenn der eine Anspruch ohne Rücksicht auf den anderen geltend gemacht und verwirklicht werden könnte (MüKoBGB/Krüger, 9. Aufl. 2022, BGB § 273 Rn. 13). Der damit drohenden Konturlosigkeit hat die Rechtsprechung durch die Herausbildung entsprechender Fallgruppen entgegengewirkt (Übersicht bei MüKoBGB/Krüger, 9. Aufl. 2022, BGB § 273 Rn. 14 ff.). Hier ergibt sich die Konnexität aus der dauernden Geschäftsbeziehung. Die allein genügt zwar nicht, vielmehr müssen hier noch weitere Umstände dazu treten. Vorliegend ist dies dadurch der Fall, dass Stammkundin S schon mehrfach geleichartige Waren (Bücher) bestellt hat und ein gewisser zeitlicher und sachlicher Zusammenhang zu den übrigen Bestellungen besteht (vgl. MüKoBGB/Krüger, 9. Aufl. 2022, BGB § 273 Rn. 16). Der von Dir gebildete Verkauf des Rasenmähers weist dagegen keinerlei Bezug zu der Beziehung Mieter-Vermieter auf, weswegen es hier naheliegt, die Konnexität abzulehnen. Beste Grüße, Lukas - für das Jurafucxhs-Team

Sambadi
12.12.2022, 11:55:10
Ok! Dankeschön für die schnelle Antwort!

Denislav Tersiski
3.10.2023, 14:09:31
Tritt
Schuldnerverzug nicht erst einen Tag nach Zugang der Mahnung analog 187 I BGB ein, mithin am 16.3?
Leo Lee
7.10.2023, 15:35:00
Hallo Denislav Tersiski, dass der „Verzug“ analog § 187 I BGB erst am nächsten Tag nach Mahnungszugang eintritt, ist völlig richtig. Beachte allerdings, dass dies nur für die ZINSPFLICHT gem. § 288 BGB gilt. Für den Verzug an sich gem. §
286 BGBtritt der Verzug sofort ein, sobald die Voraussetzungen der Norm vorliegen. Hierzu kann ich die Lektüre von MüKo-BGB 9. Auflage, Ernst § 286 Rn. 117 und § 288 Rn. 19 empfehlen :). Liebe Grüße – für das Jurafuchsteam – Leo
okalinkk
4.3.2025, 00:29:08
@[Leo Lee](213375) gibt es für diese Unterscheidung eine Begründung?
Vanilla Latte
17.10.2023, 23:09:03
Flohm
11.1.2024, 17:20:27
Woran erkenne ich, dass bei § 273 der Verzugseintritt nur ausgeschlossen ist, wenn das Zurückbehaltungsrecht vor oder bei Eintritt der Verzugsvoraussetzungen ausgeübt wird?
Petrus
19.2.2024, 14:32:52
Wegen der
Abwendungsbefugnisaus § 273 III. Würde alleine der §
273 BGBschon ausreichen, um nicht in Verzug zu geraten, dann würde diese Möglichkeit unterlaufen werden.
QuiGonTim
20.2.2024, 14:07:55
Das verstehe ich nicht ganz. Inwiefern würde denn das Ausbleiben des
Schuldnerverzuges den Gläubiger daran hindern, die Ausübung des Zurückbehaltungsrechts durch Sicherleistung abzuwenden?
Leonie
4.4.2024, 11:32:13
Prof. Lorenz schreibt hierzu eine ein wenig ausführlichere Erklärung, vielleicht hilft das nochmal zum Verständnis :) „Im Gegensatz zur Einrede des nichterfüllten Vertrages (§ 320), die
synallagmatischen Verträgen von Anfang an innewohnt, verhindert beim allgemeinen Zurückbehaltungsrecht (§ 273) erst die Erhebung der Einrede den Verzugseintritt (allg. M., vgl. Medicus, SAT Rn. 397; Palandt/Heinrichs § 284 Rn. 12 m.w.N.). Dies liegt zum einen daran, daß die rechtliche Verknüpfung der konnexen Forderungen bei § 273 erst mit der Erhebung der Einrede eintritt. Zudem hat der Gläubiger nach § 273 III die Möglichkeit, die Einrede des
Schuldners durch Sicherheitsleistung abzuwenden. Dieses Recht soll ihm nicht rückwirkend genommen werden dürfen. Daher darf die Einrede des
Schuldners auch keine Rückwirkung entfalten; andernfalls könnte sich der
Schuldner durch Einrede im Prozeß rückwirkend von Verzugszinsen befreien, ohne daß der Gläubiger rückwirkend Sicherheit leisten könnte, um die Folgen der Einrede abzuwenden. Daher wirkt die Erhebung der Einrede des § 273 immer nur ex nunc, d.h. der
Schuldner muß Verzugszinsen und Verzugsschäden für die Zeit zwischen der Mahnung und der Berufung auf das Zurückbehaltungsrecht zahlen.“ (https://lorenz.userweb.mwn.de/skripten/verzug.htm)
QuiGonTim
27.2.2024, 08:52:08
Sehe ich es richtig, dass es für den
Schuldnerverzug darauf ankommt, dass der
Schuldner seine verspätete Leistung AB dem Verzug zu vertreten hat. Während es für den SE nach
§ 281 BGBausreicht, dass der
Schuldner die nicht ordnungsgemäße Leistung bei Fälligkeit ODER nach
Fristsetzungzu vertreten hat?
Leonie
4.4.2024, 10:39:09
Ich würde sagen ja :) (Also wenn man iRv § 281 der hM folgt bei der Benennung des Bezugspunktes für das VM)
Max
25.5.2024, 11:45:51
Ist es nicht so, dass sobald der
Schuldner die Einrede des 273 Abs.1 erhebt und eine Konnexität der Ansprüche auf Grund eines einheitlichen Lebenssachverhalts besteht, ab dem Zeitpunkt der Erhebung nicht mehr in Verzug kommen kann? Sprich in diesem Fall müsste die Gläubigerin nur die Kosten der Miete übernehmen ( so fern sie per Tag abgerechnet werden) bis sie die Einrede erhebt, da ab dem Zeitpunkt der Einrede ja kein durchsetzbarer Anspruch vorliegt, auf Grund dessen die Gläubigerin hier in Verzug kommen könnte? Oder sehe ich das ganz falsch oder habe etwas falsch verstanden ?
David S.
27.8.2024, 12:23:58
Das Ergebnis ist für mich auch nicht zufriedenstellend. Ich verstehe nicht ganz, wieso der
Schuldner sich hier anscheinend überhaupt nicht mehr auf sein Zurückbehaltungsrecht aus
§ 273 Abs. 1 BGBberufen kann, da er auch die Miete ab dem 20.03 als Verzugsschaden zu zahlen hat. Sollte die Berufung auf das Zurückbehaltungsrecht am 16.03 nicht dazu führen, dass er zwar den Verzugsschaden bis zu diesem Zeitpunkt zu ersetzen hat, aber Verzugsschäden, welche erst danach entstehen nicht mehr, da ab diesem Zeitpunkt kein durchsetzbarer Anspruch besteht? Gerne eine Aufklärung hierzu :)
buttiful
14.10.2024, 09:26:09
Eine Antwort auf die vorherigen Fragen, fände ich auch sehr interessant. Denn auch nach Lorenz in der „Übersicht
Schuldnerverzug“ heißt es: „…Daher wirkt die Erhebung der Einrede des § 273 immer nur ex nunc, d.h. der
Schuldner muß Verzugszinsen und Verzugsschäden für die Zeit zwischen der Mahnung und der Berufung auf das Zurückbehaltungsrecht zahlen.“ Danach müssten hier doch nur Verzugszinsen von der Mahnung bis zur Erhebung der Einrede und nicht bis zur Lieferung zu zahlen sein. Oder was verstehe ich hierbei falsch ?
benjaminmeister
13.12.2024, 07:45:46
@[buttiful](200680) sehe das genauso wie du. Auch Looschelders,
SchuldR AT, § 22 Rn. 6 schreibt, dass § 273 zwar nicht rückwirkend gilt, zumindest aber für die Zukunft die Pflichtwidrigkeit ausschließt. Außerdem habe ich bei einer Recherche gesehen, dass viele Autoren in der Literatur den
Schuldnerverzug nach Geltendmachung von § 273 beenden, wenn der
Schuldner seine Leistung zumindest Zug-um-Zug anbietet. Das Verhalten von V würde ich so interpretieren, dass er Bereit zur Leistung ist (Zug-um-Zug) gegen Begleichung der ausstehenden Kaufpreiszahlungen. Dementsprechend tritt der Verzug am 15.03. ein und endet am 16.03. auch wieder, da K trotz Anbieten der Leistung von V nicht geleistet hat. Anders könnte man dies nur sehen, wenn K in der Zeit zwischen dem 16.03. und dem 20.03. (Mietzeitpunkt) die Forderungen beglichen hat, weil dann das Zurückbehaltungsrecht schon wieder entfallen wäre. Das geht aber aus dem Sachverhalt nicht hervor. Der Sachverhalt liest sich eher so, dass K nach dem 20.03. zahlt und deshalb V erst am 31.03. liefert. Schlauer wäre es die Aufgabe folgendermaßen aufzubauen: Kauf am 01.03. Mahnung am 15.03. Miete ab dem 16.03. Geltendmachung von § 273 durch V erst am 22.03. unter eindeutigen Anbieten der Leistung Zug-um-Zug Zahlung und gleichzeitige Lieferung am 31.03. Für den ersten Mietzeitraum vom 16.03. bis zum 21.03. könnte der
Verzögerungsschadenbejaht werden, weil keine Rückwirkung von § 273. Für den zweiten Mietzeitraum vom 22.03. bis zum 31.03. müsste der
Verzögerungsschadenhingegen verneint werden, weil das Anbieten der Leistung Zug-um-Zug den Verzug am 22.03. beendet hat.
cornelius.spans
8.1.2025, 18:27:52
*push* Bitte noch beantworten! In Ergänzung des Fall-Aufbaus von @[benjaminmeister](216712) nach der Geltendmachung des Zurückbehaltungsrechts durch V gerne noch eine Sicherheitsleistung von S einfügen mit der Wirkung, dass V hierdurch wieder in Verzug kommt. MfG

hardymary
9.4.2025, 17:56:01
Danke, dass ihr das alles aufklärt, auch wenn Jurafuchs es nicht tut. Schreibe in zwei Wochen Examen und es wäre tödlich, wenn ich mir jetzt sowas in mein Kurzeitgedächnis reinknalle, was wohl nicht richtig ist. (Aber ohnehin frage ich mich, warum sie auf § 273 und nicht § 320 abgestellt haben?)
Jasper.vp
28.4.2025, 17:58:10
naja, weil §
320 BGBsich nur auf Forderungen aus demselben Vertragsverhältnis bezieht: hier der spezifische Kaufvertrag.
Shark
6.5.2025, 13:04:07
kann das bitte überprüft und entsprechend in der Aufgabe angepasst werden?
Julian Ost
22.5.2025, 17:11:33
Push!
Dini2010
29.5.2025, 14:10:34
Ich habe mich auch mal auf Recherche begeben: MüKo § 273 Rn. 93: "Allein das Bestehen des ZBR hindert den Verzugseintritt (anders als bei § 320) nicht. Erhebt der
Schuldner aber die Einrede, kann ihn der Gläubiger nur in Verzug setzen, wenn er zugleich seine Leistung in einer den Annahmeverzug begründenden Weise anbietet oder wenn er die Einrede durch Sicherheitsleistung abwendet. Befindet sich der
Schuldner bereits in Verzug und macht er sein ZBR erst nach essen Eintritt geltend, so wir damit der Verzug noch nicht beseitigt. Der
Schuldner muss jetzt vielmehr seine eigene Leistung in Annahmeverzug begründender Weise Zug um Zug gegen die Bewirkung der Leistung des Gläubigers anbieten. Zweifelhaft ist, ob dann die Verzugswirkungen ex nunc oder rückwirkend entfallen." Staudinger, § 273 Rn. 121: "...Ist der
Schuldner bereits in Verzug geraten und erhebt die Einrede nachträglich, beseitigt er den Verzug damit nicht vollständig: Zum einen muss der
Schuldner mit der Einrede die eigene Leistung zumindest Zug um Zug anbieten, zum anderen entfällt der Verzug nur für die Zukunft. Dass das ZBR bereits vor Verzugseintritt bestand und ausgübt hätte werden können, ändert daran nichts." BeckOK BGB/Lorenz § 286 Rn. 15: "Bei dem ZBR nach § 273 ist der Verzugseintritt dagegen nur ausgeschlossen, wenn es vor oder bei Eintritt der Verzugsvoraussetzungen ausgeübt wird, weil der Gläubiger Gelegenheit haben muss, von der
Abwendungsbefugnisdes § 273 III
Gebrauch machenzu können (h.M., vgl. BGH WM 1971, 1020; NJW 2001, 3114). Wendet der Gläubiger die Ausübung des ZBR durch Sicherheitsleistung ab, kommt der
Schuldner in Verzug. Beruft er sich auf das ihm zustehende ZBR erst nach Eintritt des Verzugs, wied der bereits eingetretene Verzug nicht beseitigt. Der
Schuldner muss vielmehr seine eigene Leistung Zug-um-Zug anbieten, um den Verzug zu beenden." Staudinger, § 273 Rn. 18: "Die Ausübung des ZBR schließt den Eintritt des
Schuldnerverzuges aus. Bereits eingetretener Verzug wird nur geheilt, wenn der
Schuldner die von ihm zu erbringende Leistung Zug-um-Zug gegen
Erfüllungdes Gegenanspruchs anbietet." Ich würde das momentan so interpretieren: Ein Ausschluss des
Schuldnerverzugs NUR durch Erhebung der Einrede ist nur möglich, wenn die Einrede vor oder bei Eintritt der Verzugsvoraussetzungen erhoben wird. So, wie es im Fall geschildert ist. Die Verzugsvoraussetzungen sind am 15.3. mit der Mahnung eingetreten, die Einrede des ZBR wurde aber bis dahin nicht erhoben. Damit gelangte die Verköuferin (weiß den Buchstaben grad nicht) in Verzug. NACH Eintritt des Verzuges ist eine Beendigung des Verzuges aber NUR möglich, wenn nicht nur die Einrede erhoben, sondern die eigene Leistung auch in annahmebegründender Weise Zug-um-Zug ange
botenwird. Diese Info fehlt in unseren Erklärungstexten. Da die Verkäuferin NUR die Einrede erhoben, das Buch aber nicht entsprechend ange
botenhat, kommt es auch zu keiner Beendigung des Verzugs. Sprich, sie befindet sich am 20.3. noch im Verzug und muss die Mietkosten erstatten. Wenn wir die Daten aus dem SV nehmen (Vorliegen der Verzugs-Vss am 15.3.), dann wäre mE nur in folgenden zwei Varianten ein Vermeiden/Beenden des
Schuldnerverzugs möglich: 1. Erheben der Einrede des ZBR VOR oder AM 15.03. 2. Erheben der Einrede NACH dem 16.03. PLUS Angebot der Übergabe/
Übereignungdes Habersacks Zug-um-Zug gegen Zahlung (in entsprechend annahmeverzugsbegründender Weise). Die Lösung ist damit mE nicht falsch, die Erklärungen sind nur unvollständig. Kann aber auch sein, ass ich gerade total auf dem Schlauch stehe, dann wöre ich über Aufklärung dankbar : )
Joana
1.7.2024, 18:19:53
Muss man hier nicht differenzieren, ob es sich um die offenen Rechnungen aus vorherigen Verträgen oder um die offene Kaufpreisforderung aus dem aktuellen Kaufvertrag handelt? Hinsichtlich der offenen Rechnungen aus der Vergangenheit ist ja zweifelsfrei nur § 273 anwendbar, aber hinsichtlicher der Kaufpreisforderung bzgl. des Habersacks doch § 320, oder nicht? In meinen Augen steht der V also durchaus die Einrede des § 320 zu, sodass die Forderung der S nicht durchsetzbar und § 286 abzulehnen ist.