Zivilrecht
Geschäftsführung ohne Auftrag (GoA)
Die echte GoA – Sonderfälle
Öffentlich-rechtliche Verpflichtung des Geschäftsführers/Verwaltungsträger als Geschäftsführer – Tatbestand des § 677 BGB erfüllt?
Öffentlich-rechtliche Verpflichtung des Geschäftsführers/Verwaltungsträger als Geschäftsführer – Tatbestand des § 677 BGB erfüllt?
31. Mai 2025
11 Kommentare
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+++ Sachverhalt (reduziert auf das Wesentliche)
Durch Funkenflug verursacht eine Bahn auf der Strecke zwischen Kassel und Frankfurt einen Waldbrand. Die Gemeinde G lässt den Brand durch ihre Freiwillige Feuerwehr löschen. G verlangt von der Deutschen Bahn B Ersatz der Löschkosten.
Diesen Fall lösen 83,0 % der 15.000 Nutzer:innen unseres digitalen Tutors "Jurafuchs" richtig.
Einordnung des Falls
Öffentlich-rechtliche Verpflichtung des Geschäftsführers/Verwaltungsträger als Geschäftsführer – Tatbestand des § 677 BGB erfüllt?
Die Jurafuchs-Methode schichtet ab: Das sind die 6 wichtigsten Rechtsfragen, die es zu diesem Fall zu verstehen gilt
1. Indem G den Brand gelöscht hat, hat sie „ein Geschäft besorgt“ (§ 677 BGB).
Ja!
Jurastudium und Referendariat.
2. Hat G also durch die Brandlöschung ein subjektiv fremdes Geschäft besorgt, mit der Folge, dass der Fremdgeschäftsführungswille positiv festgestellt werden muss?
Nein, das ist nicht der Fall!
3. Vielmehr hat G durch die Brandlöschung ein „auch-fremdes Geschäft“ besorgt, sodass der Fremdgeschäftsführungswille nach dem BGH vermutet wird.
Ja, in der Tat!
4. Da zwischen G und B keinerlei rechtliche Beziehung besteht, handelte G auch „ohne Auftrag oder sonstige Berechtigung“ (§ 677 BGB). Liegen daher die tatbestandlichen Voraussetzungen der GoA (§ 677 BGB) vor?
Ja!
5. Ob G das Geschäft „für einen anderen“ vorgenommen hat, hängt davon ab, wem die Brandbekämpfung zuzuordnen ist. Hat G als Gemeinde eine öffentlich-rechtliche Pflicht zur Gefahrenabwehr?
Genau, so ist das!
6. Hat G, indem sie den Brand gelöscht hat, ein objektiv fremdes Geschäft besorgt, sodass der Fremdgeschäftsführungswille vermutet wird?
Nein, das trifft nicht zu!
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Fragen und Anmerkungen aus der Jurafuchs-Community
Geasoph
23.10.2021, 21:40:53

Lukas_Mengestu
25.10.2021, 11:32:47
Hallo Geasoph, ich vermute mal, du meintest, ob man in der Klausur den Streit darstellen muss oder einfach sagen kann, dass auch beim "auch-
fremden" Geschäft, der
Fremdgeschäftsführungswillen vermutet wird. Grundsätzlich würde ich eine Darstellung zumindest in den "pathologischen Fällen" den Streit erwähnen, zB 1)
Erfüllungin öffentlicher Dienstpflicht (der Fall hier), 2) Aufwendungen im Hinblick auf zukünftigen Vertragsschluss (
Erbensucherfall), 3) eigene Verpflichtung des Auftragnehmers ggü. einem Dritten; 4) der nichtige Vertrag; 5)
Selbstaufopferung im Straßenverkehr(im Einzelnen zB: Looschelders, 15.A.2020,
Schuldrecht BT, § 43 RdNr. 11 ff). Aber natürlich kannst Du dich dann für die Rechtsprechung entscheiden und die Vermutungswirkung bejahen. Beste Grüße, Lukas - für das Jurafuchs-Team
Saufen_Fetzt
8.2.2023, 17:00:27
Wenn die GoA in diesen Fallgruppen immer erst auf Rechtsfolgenseite ausgeschlossen wird; gibt es dann überhaupt einen sinnvollen Anwendungsbereich für die Widerlegung der Vermutung des FGW?

Nora Mommsen
9.2.2023, 13:08:43
Hallo Saufen_Fetzt, man darf natürlich nicht vergessen, dass im ersten Examen der Sachverhalt immer feststeht. Im zweiten Examen kommen dann Beweisfragen dazu darunter möglichweise auch die Frage, inwieweit ein
Fremdgeschäftsführungswillenicht vorlag. Viele Grüße, Nora - für das Jurafuchs-Team
streicheldiepelzigewandxd26@gmail.com
19.4.2024, 22:39:27
Liebes Jura-Fuchs Team, eine Frage zur der Pflicht der DB zur Brandlöschung: Es leuchtet mir nicht unmittelbar ein, dass die DB als Private zum Brandlöschen verpflichtet wird, gänzlich ohne dafür ausgebildet oder ausgestattet zu sein. Ohne jetzt die genauen Regelungen zu kennen hätte ich aus dem Bauch heraus gesagt, dass die Bahn zwar Sorgfaltswidrig bei dem Betreiben ihres Zuges gehandelt hat und somit der Stadt (oder geschädigten Dritten) ihren Schaden ersetzen müssen, oder eine Ersatzpflichtigkeit aus dem BHKG NRW reüssiert. So wäre sie ja quasi immer auf die Vornahme ihrer Pflicht durch die Feuerwehr angewiesen. Ich fände es läge näher hier keine Pflicht der Bahn zur Brandlöschung, sondern eine Pflicht der Bahn zum Ersatz der Löschkosten gesetzgeberisch vorzusehen, sodass die Gemeinde nicht auf den Kosten sitzen bleibt. Im Ergebnis laufen die beiden Lösungen natürlich auf das Gleiche hinaus (die Bahn muss zahlen). Wisst ihr, ob das in einigen Bundesländern (NRW insbesondere :)) so geregelt wird? Beste Grüße

K.Attalla
19.8.2024, 18:00:04
Hey @streicheldiepelzigewandxd26@gmail.com, ich zitiere mal Medicus: "Im Fall(1) ist das Löschen von Bränden sicher Sache der Feuerwehr. Der BGH meint jedoch, es handele sich um ein Geschäft der Bundesbahn, die (nach § 1 HPflG) zum Ersatz des Brandschadens verpflichtet gewesen sei." Hoffe das hilft. LG!
miamiu
27.5.2024, 20:04:49
Müsste man in diesem Fall nicht auch auf den Arbeitsvertrag des G eingehen? Also dass er das Geschäft auch im Rahmen seines Arbeitsvertrages und somit auch seinem eigenen Interessenkreis ausführte?

Sarinodino
18.7.2024, 20:58:29
G ist eine Gemeinde und hat demnach keinen Arbeitsvertrag.
Magnum
15.1.2025, 11:06:59
Gibt es einen Grund, warum hier auch lt. BGH keine Korrektur auf Rechtsfolgenseite vorgenommen wird? Liegt es daran, dass keine abschließende öff-rechtliche Kostenregelung gegeben ist?

Linne_Karlotta_
13.2.2025, 14:37:14
Hey @[Magnum](172647), danke für Deine Frage. Genau das ist das richtige Differenzierungsmerkmal. In einer Klausur würdest Du auf eine entsprechende öffentlich-rechtliche Norm gestoßen werden. In jedem Fall solltest Du diese Fallgruppe thematisieren. Viele Grüße Linne, für das Jurafuchs-Team