Drohung (§ 240 Abs. 1 Var. 2 StGB)
Definiere den Begriff „Drohung“ (§ 240 Abs. 1 Var. 2 StGB):
Eine Drohung ist das (auch konkludente) Inaussichtstellen eines Übels, auf das der Drohende Einfluss hat oder zu haben vorgibt.
Definiere den Begriff „Drohung“ (§ 240 Abs. 1 Var. 2 StGB):
Eine Drohung ist das (auch konkludente) Inaussichtstellen eines Übels, auf das der Drohende Einfluss hat oder zu haben vorgibt.
Edward Hopper
21.5.2023, 22:15:04
Die Endung "...hat oder vorgibt zu haben." ist doch maximal sinnlos da sie beide Varianten einschließt? Insoweit ist es doch mit der Tathandlung "in aussichtstellen eines Übels" schon getan?
Dogu
17.9.2023, 15:10:24
Die Definition gehört zur Nötigung und nicht zur Bedrohung.
se.si.sc
22.5.2023, 09:31:59
Die Einflusskomponente gehört schon dazu, sonst wird der Drohungsbegriff uferlos. Die (tatsächliche oder angebliche) Realisierbarkeit des Übels durch den Täter muss gegeben sein, sonst haben wir keine Drohung, sondern eine bloße Warnung (s zB Fischer, StGB, § 240 Rn 36). Das betrifft insbesondere Fälle, in denen der "Täter" vor negativen Folgen durch das Handeln Dritter warnt. Gleichzeitig ist aber klar und wird vom Täter auch gar nicht vorgetäuscht, dass er auf dieses Handeln Dritter überhaupt keinen Einfluss hat (zB "wenn du nicht lernst, lässt dich der Prüfer später durchfallen"). Das ist immer noch das Inaussichtstellen eines Übels, der Täter hat auf dessen Eintritt aber keinen Einfluss und gibt auch nicht vor, darauf Einfluss zu haben. Und weil es diese Möglichkeit gibt, brauchen wir die Einschränkung durch "hat oder vorgibt zu haben".
Edward Hopper
25.5.2023, 14:10:05
Dann würde aber reichen wenn man sagt "Wenn der Täter vorgibt darauf Einfluss zu haben". Das er tatsächlich dies haben muss ist dann ja eingeschlossen?
se.si.sc
26.5.2023, 08:32:52
Das kann man definitiv so sehen, in der einschlägigen Literatur liest man die Definition auch teilweise in der verkürzten Form. Der BGH hat allerdings schon in frühen Entscheidungen tendenziell die längere Version benutzt: "Zum Begriff der Drohung gehört es, daß der Drohende das in Aussicht gestellte Übel - wirklich oder angeblich - selbst herbeiführen will [...]." (BGH NJW 1962, 596), wobei das Wort "wirklich" hier erkennbar mit dem "tatsächlich haben" korrespondiert. Auch viele Literaturquellen nutzen die längere Version. Woran das liegt, kann ich dir nicht sagen, dazu müsste man mal rechtshistorisch in den älteren Entscheidungen und Beiträgen genauer hinschauen. Was ich mir vorstellen kann: Man wollte Missvertändnisse möglichst vermeiden. Rein technisch könnte man ja bei "Einfluss zu haben vorgibt" die Ansicht vertreten, dass derjenige Täter, der diesen Einfluss tatsächlich HAT einen solchen eben nicht nur vorgibt. So verstanden wäre die Einflusskomponente also kein "Mindeskriterium", sondern ein "Ausschlusskriterium". Folglich würde der Beschuldigte hier nicht unter die Definition fallen und deswegen nicht iSd § 240 StGB drohen. Ist aber wie gesagt nur eine spontane Vermutung ohne nähere Recherche.
Edward Hopper
1.6.2023, 19:24:45
Stabil. Du hast mich uberzeugt. Danke
Nora Mommsen
17.9.2023, 15:21:36
Hallo Dogu, danke für deine Anmerkung. Tatsächlich ist die abgefragte Definition auch die Drohung aus dem Nötigungstatbestand (§ 240 Abs. 1 Var. 2 StGB). Die Bedrohung wiederum ist in § 241 StGB geregelt. Zur Tatbestandsverwirklichung muss der Täter gesteigert Drohen. Die Drohung muss die Begehung einer rechtswidrigen Tat (§ 11 Abs. 1 Nr. 5), die einer der in Abs. 1 genannten Straftatengruppen zugeordnet werden kann oder ein Verbrechen, zum Gegenstand haben. Es ist also auch das Inaussichtstellen eines Übels, aber eben nicht jeden Übels sondern nur eines solchen wie in Abs. 1 und 2 aufgezählt. Beste Grüße, Nora - für das Jurafuchs-Team