Schema: Echte GoA (§ 677 BGB)
2. April 2025
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Wie prüfst Du, ob eine echte Geschäftsführung ohne Auftrag vorliegt (§ 677 BGB)?
Geschäftsbesorgung
Der Begriff der Geschäftsbesorgung ist wie im Auftragsrecht (§ 662 BGB) weit zu verstehen und umfasst jede tatsächliche oder rechtsgeschäftliche Tätigkeit, auch von kurzer Dauer, soweit es über reines Dulden oder Unterlassen hinausgeht. Eine Geschäftsbesorgung kann also beispielsweise in dem Abschluss eines Vertrages, dem Löschen des brennenden Nachbarhauses oder auch in dem Abschleppen eines Pkw liegen.
Fremdheit des Geschäfts
Der Geschäftsführer muss das Geschäft „für einen anderen“ besorgen (§ 677 BGB). Aus dieser Wendung „für einen anderen“ und dem Sinn und Zweck der Geschäftsführung folgert die h.M. über den Gesetzeswortlaut hinaus das Erfordernis der Fremdheit des Geschäfts. In der Klausur ist es wichtig, zwischen den verschiedenen Arten fremder Geschäfte (objektiv fremd, auch-fremden, subjektiv fremd) zu unterscheiden. Denn dies hat eine wesentliche Bedeutung für die Feststellung des Fremdgeschäftsführungswillens. Fremdgeschäftsführungswille
Der Fremdgeschäftsführungswille ist der Wille des Geschäftsführers, ein Geschäft nicht als eigenes, sondern als fremdes zu führen. Erforderlich ist, dass er in dem Bewusstsein und mit dem Willen handelt, in fremdem Interesse tätig zu werden.
Bei der Prüfung des Bestehens eines Fremdgeschäftsführungswillens musst Du zwischen objektiv fremden, auch-fremden und subjektiv fremden Geschäften unterscheiden. Denn hieraus ergibt sich der richtige Prüfungsmaßstab! Objektiv fremdes Geschäft
Bei objektiv fremden Geschäften, bei denen der Geschäftsführer wusste, dass das Geschäft objektiv zu einem fremden Interessenkreis gehört, ist davon auszugehen, dass er auch mit dem Willen handelte, das Geschäft für den anderen zu tätigen. Der Fremdgeschäftsführungswille wird widerlegbar vermutet. Diese Vermutung kann nur widerlegt werden, wenn gewisse Anhaltspunkte dafür vorliegen, dass der Geschäftsführer mit der Geschäftsbesorgung eigene Interessen verfolgt hat.
Anders als beim subjektiv fremden Geschäft muss der Fremdgeschäftsführungswille daher – sofern die vorstehende Vermutung nicht widerlegt wurde – nicht zwingend nach außen erkennbar geworden sein. Subjektiv fremdes Geschäft
Bei einem subjektiv fremden Geschäft, welches nach außen hin neutral ist, muss man den Wille des Geschäftsführers, für den anderen zu handeln, positiv feststellen. Dies erfordert, dass der Fremdgeschäftsführungswille in irgendeiner Art und Weise nach außen erkennbar geworden ist.
Wenn es sich offensichtlich um ein subjektiv fremdes Geschäft handelt, kannst du deine Prüfung direkt damit beginnen. I.d.R. bietet es sich aber an, dass du zunächst prüfst, ob (1) ein objektiv fremdes Geschäft oder (2) ein auch-fremdes Geschäft vorliegt. Auch-fremdes Geschäft
Wenn das Geschäft nach außen erkennbar sowohl in den Rechts- und Interessenkreis eines anderen, als auch in denjenigen des Geschäftsführers selbst fällt (= „auch-fremdes“ Geschäft), so ist es sehr streitig, ob der Fremdgeschäftsführungswille bereits aufgrund der Umstände widerlegbar vermutet werden kann. Nach Ansicht des BGH wird der Fremdgeschäftsführungswille nicht nur beim objektiv fremden, sondern auch beim auch-fremden Geschäft widerlegbar vermutet. Nach der Literatur hingegen müsse der Fremdgeschäftsführungswille erkennbar nach außen hervortreten, da es beim auch-fremden Geschäft wahrscheinlicher erscheine, dass der Geschäftsführer lediglich im eigenen Interesse handele. Der BGH behandelt das auch fremde Geschäft hier wie ein objektiv fremdes Geschäft, die Literatur hingegen legt denselben Maßstab wie bei subjektiv fremden Geschäften an.
Ohne Auftrag oder sonstige Berechtigung
Nach § 677 BGB muss der Geschäftsführer ein Geschäft für einen anderen besorgen (fremdes Geschäft + Fremdgeschäftsführungswille), ohne von ihm beauftragt oder ihm gegenüber sonst dazu berechtigt zu sein. Auch wenn es im BGB „Geschäftsführung ohne Auftrag“ heißt, so ist nicht das Fehlen eines Auftragsvertrages, sondern generell das Fehlen eines Rechtsverhältnisses zwischen den Beteiligten kennzeichnend für die GoA. Die fehlende „sonstige Berechtigung“ im Sinne des § 677 BGB hat nichts mit der Frage zu tun, ob es sich um eine berechtigte oder um eine unberechtigte GoA handelt.
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