Nimmst Du an, dass Du die internationale Zuständigkeit prüfen musst, sind einige Aspekte zu bedenken. In welcher Reihenfolge könntest Du diese prüfen? Ordne zu:

  1. Anwendungsbereich der EuGVVO

    1. Sachlicher Anwendungsbereich

      Die EuGVVO ist auf Zivil- und Handelssachen anzuwenden. Abs. 1 S. 2 konkretisiert diesen Begriff negativ. In Abs. 2 finden sich Bereichsausnahmen.

    2. Räumlich-persönlicher Anwendungsbereich

      Der räumlich-persönliche Anwendungsbereich ist aus Art. 4 - 6 EuGVVO ableitbar. Er ist grundsätzlich gegeben, wenn der Beklagte einen Wohnsitz in einem Mitgliedsstaat hat (Art. 62f. EuGVVO). Bei diesem Punkt findet eine Diskussion über die Anwendbarkeit der EuGVVO bei reinen Drittstaatenfällen oder reinen Inlandsfällen statt. Ist ein Wohnsitz in einem Mitgliedsstaat nicht gegeben, sind speziellere Zuständigkeitsregelungen zu prüfen (Art. 6 Abs. 1 i.V.m. Art. 18 Abs. 1, 21 Abs. 2, 24, 25 EuGVVO).

    3. Zeitlicher Anwendungsbereich

      Die EuGVVO ist zeitlich auf Verfahren anzuwenden, die am 10.01.2015 oder danach eingeleitet wurden.

  2. (Ausschließliche) Zuständigkeit nach Art. 24 EuGVVO

    Art. 24 EuGVVO enthält eine Liste von ausschließlichen Gerichtsständen. Diese gehen als lex specialis den anderen, also dem allgemeinen und den besonderen Gerichtsständen vor. Sie sind gekennzeichnet durch eine besonders enge Verbindung der Materie mit dem zuständigen Gerichtsstaat.

  3. Gerichtsstandsvereinbarung gem. Art. 25 EuGVVO

    Genau wie bei den Rom-VOs über das anwendbare Recht, sind auch individualvertragliche Vereinbarungen über das zuständige Gericht (sog. Gerichtsstandsvereinbarungen) möglich. Dass das Vorliegen einer Gerichtsstandsvereinbarung nach der ausschließlichen Zuständigkeit geprüft werden sollte, ergibt sich aus Art. 25 Abs. 4 EuGVVO. Hiernach hat die Gerichtsstandsvereinbarung keine Wirkung, wenn sie einer ausschließlichen Zuständigkeit zuwiderläuft.

  4. Zuständigkeit aufgrund spezieller Regelungen (Versicherungssachen (Art. 10ff. EuGVVO), Verbrauchersachen (Art. 17ff. EuGVVO) oder Individualarbeitssachen (Art. 20ff. EuGVVO))

    Diese Gerichtsstände sind als lex specialis vor dem allgemeinen und den besonderen Gerichtsständen zu prüfen. Sie verdrängen also ebenfalls den allgemeinen und den besonderen Gerichtsstand.

  5. Allgemeine Zuständigkeit (Art. 4 EuGVVO)

    Ist kein ausschließlicher Gerichtsstand einschlägig und liegt auch keine Gerichtsstandsvereinbarung vor, greift die Grundregel des allgemeinen Gerichtsstands. Hiernach kann der Kläger den Beklagten immer in dem Staat verklagen, in dem der Beklagte seinen Wohnsitz hat.

  6. Besondere Zuständigkeiten (Art. 7 - 9 EuGVVO)

    Die besondere Zuständigkeit ist nicht vor der allgemeinen zu prüfen, da sie keine lex specialis darstellt, sondern zusätzliche, konkurrierende Gerichtsstände begründen.

  7. Rügelose Einlassung (Art. 26 EuGVVO)

    Ist eine Zuständigkeit nach möglichen Anknüpfungspunkten nicht gegeben, ist immer noch zu prüfen, ob eventuell eine rügelose Einlassung vorliegt.

Dein digitaler Tutor für Jura

7 Tage kostenlos* ausprobieren

* Nach dem Probeabo ab 7,99€ /Monat (weitere Infos). Ich akzeptiere die AGB und habe die Datenschutzerklärung zur Kenntnis genommen.

Jurafuchs kostenlos testen


Fragen und Anmerkungen aus der Jurafuchs-Community

Jurafuchs 7 Tage kostenlos testen und mit 15.000+ Nutzer austauschen.
Kläre Deine Fragen zu dieser und 15.000+ anderen Aufgaben mit den 15.000+ Nutzern der Jurafuchs-Community
Dein digitaler Tutor für Jura

7 Tage kostenlos* ausprobieren

* Nach dem Probeabo ab 7,99€ /Monat (weitere Infos). Ich akzeptiere die AGB und habe die Datenschutzerklärung zur Kenntnis genommen.