Landesrecht (im Aufbau)

Kommunalrecht NRW

Grundlagen

Verletzung der kommunalen Selbstverwaltungsgarantie (Art. 28 Abs. 2 S. 1 GG)

Schema: Verletzung der kommunalen Selbstverwaltungsgarantie (Art. 28 Abs. 2 S. 1 GG)


Wie baust Du die Prüfung einer Verletzung der kommunalen Selbstverwaltungsgarantie (Art. 28 Abs. 2 S. 1 GG) auf? Ordne zu:

  1. Gewährleistungsgehalt

    Beim Aufbau der Prüfung von Art. 28 Abs. 2 S. 1 GG solltest Du Dich an der Prüfung von Freiheitsgrundrechten orientieren. Erster Schritt ist die Definition des Gewährleistungsgehalts der kommunalen Selbstverwaltungsgarantie (Art. 28 Abs. 2 S. 1 GG). Einige Prüferinnen sehen es aber gar nicht gerne, wenn Du bei subjektiven Rechten, die keine Grundrechte sind, die Wörter „Sachbereich“ oder „Eingriff“ verwendest. Wenn Du auf Nummer sicher gehen willst, solltest Du diese Begriffe durch „Gewährleistungsgehalt“ und „Beeinträchtigung“ ersetzen.

    1. Persönlicher Gewährleistungsgehalt

      Von Art. 28 Abs. 2 S. 1 GG sind „Gemeinden“ umfasst. Gemäß Art. 28 Abs. 2 S. 2 GG ist auch „Gemeindeverbänden“ (insbesondere den Kreisen) eine abgeschwächte Form der kommunalen Selbstverwaltung garantiert.

    2. Sachlicher Gewährleistungsgehalt

      In sachlicher Hinsicht gewährleistet Art. 28 Abs. 2 S. 1 GG (1) die Existenz der Institution „Gemeinde“ im Staatsaufbau, (2) den Kompetenzbereich der „Angelegenheiten der örtlichen Gemeinschaft“ (insbesondere beim Entzug vorhandener oder der Zuweisung neuer Aufgaben), (3) die eigenverantwortliche Aufgabenerledigung (insbesondere bei Betroffenheit der Gemeindehoheiten), sowie (4) die Regelkompetenz der Gemeinde für örtliche Angelegenheiten.

  2. Beeinträchtigung

    Als nächstes ist zu prüfen, (1) ob und (2) wodurch die kommunale Selbstverwaltungsgarantie (Art. 28 Abs. 2 S. 1 GG) beeinträchtigt wird. Der Begriff der Beeinträchtigung entspricht dem klassischen/modernen Eingriffsbegriff bei der Grundrechtsprüfung. Eine Beeinträchtigung kann durch jeden Akt öffentlicher Gewalt erfolgen. Erfasst sind demnach jedenfalls Gesetze, administrative Einzelentscheidungen oder gerichtliche Entscheidungen. Achte darauf, dass Du den Akt hoheitlicher Gewalt, der Art. 28 Abs. 2 S. 1 GG beeinträchtigt, konkret benennst! Unkonkrete Formulierungen wie „Eine Beeinträchtigung liegt vor.“ erhöhen die Fehleranfälligkeit Deiner Lösung, weil Du nicht bestimmt hast, was Du genau prüfst.

  3. Rechtfertigung

    Für die verfassungsrechtliche Rechtfertigung der Beeinträchtigung der kommunalen Selbstverwaltungsgarantie (Art. 28 Abs. 2 S. 1 GG) bedarf es (1) einer gesetzlichen Ermächtigungsgrundlage, die selbst verfassungsgemäß ist. Zudem muss die Beeinträchtigung (2) selbst verhältnismäßig sein und darf (3) den Wesensgehalt („Kernbereich“) des kommunalen Selbstverwaltungsrechts (Art. 28 Abs. 2 S. 1 GG) durch die Beeinträchtigung nicht antasten. Ob Du zunächst die Verhältnismäßigkeit der Beeinträchtigung oder die Einhaltung der Wesensgehaltsgarantie prüfst, steht Dir frei. Es kann je nach Klausur zweckmäßig sein, zuerst das eine oder das andere zu prüfen.

    1. Ermächtigungsgrundlage

      Art. 28 Abs. 2 S. 1 GG gewährleistet die kommunale Selbstverwaltung nur „im Rahmen der Gesetze“. Das bedeutet, dass Beeinträchtigungen auf ein wirksames Gesetz gestützt werden müssen (Vorbehalt des Gesetzes, vgl. auch § 3 Abs. 3 S. 1 GO). Dieses muss formell und materiell verfassungsgemäß sein.

    2. Verhältnismäßigkeit

      Die Beeinträchtigung und die Ermächtigungsgrundlage müssen verhältnismäßig sein. Das erfordert (1) einen legitimen Zweck, (2) die Geeignetheit und (3) Erforderlichkeit des Mittels sowie (4) die Angemessenheit der Beeinträchtigung.

    3. Wesensgehaltsgarantie

      Wenn der Wesensgehalt von Art. 28 Abs. 2 S. 1 GG angetastet ist, ist eine Rechtfertigung stets ausgeschlossen. Der Wesensgehalt von Art. 28 Abs. 2 S. 1 GG ist jedenfalls angetastet, wenn den Gemeinden die Gelegenheit „zu kraftvoller Betätigung“ genommen wird mit der Folge, dass sie nur noch ein „Scheindasein“ führen könnten. Das ist jedenfalls bei einer Umkehrung des Grundsatzes der kommunalen Allzuständigkeit der Fall. Der Wesensgehalt wird nur in absoluten Ausnahmefällen angetastet. Hier ist eine gewisse Zurückhaltung bei der Prüfung angesagt.

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