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Eheliches Güterrecht und Verfügungsbeschränkungen
Subjektive Einzeltheorie (§§ 1365, 1369 BGB)
Definition: Subjektive Einzeltheorie (§§ 1365, 1369 BGB)
30. Mai 2025
8 Kommentare
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Nach der herrschenden Einzeltheorie sind nicht nur Verfügungen über das Vermögen im Ganzen von § 1365 BGB erfasst, sondern auch über Einzelgegenstände, die (nahezu) das gesamte Vermögen ausmachen. Die h.M. vertritt eine subjektive Variante der Einzeltheorie. Was besagt diese?
Sofern es um Geschäfte über Einzelgegenstände geht, die objektiv (nahezu) das gesamte Vermögen eines Ehegatten ausmachen, greift § 1365 BGB nur ein, wenn der Vertragspartner hiervon subjektiv positiv weiß oder wenn er zumindest die Umstände kennt, aus denen sich dies ergibt.
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Fragen und Anmerkungen aus der Jurafuchs-Community
Lisa
16.12.2024, 09:03:34
Wird, wenn nicht nur über einen Einzelgegenstand verfügt wird, der 85 - 90% des Vermögens ausmacht, sondern über das gesamte Vermögen (100%) verfügt wird auch Kenntnis des Erwerbers gefordert?
Annika
19.2.2025, 18:23:11
Ja, ich denke schon

BGB OK
20.2.2025, 10:23:48
@[Lisa](241227) die Frage interessiert mich auch! Die Ausbildung der subjektiven Theorie beruht, so wie ich es verstanden habe, auf der Ausdehnung auf Vermögensgegenstände die eben nicht offensichtlich das Ganze (bzw. den Großteil des Vermögens) ausmachen. Die objektive Ansicht nimmt insofern ja auch bei Einzelgegenständen an, dass diese Kenntnis nach dem Wortlaut des Gesetzes nicht
erforderlichsei. Ich würde es in der Klausur wohl auch ansprechen, denke aber, dass man den Streit in der Regel wird dahinstehen lassen, weil die Kenntnis sich bei Verfügungen über 100% meist aus den Umständen ergeben wird. Würde mich aber auch über einen qualifizierten Beitrag hierzu freuen :D
oniii
5.4.2025, 20:32:51
Wenn es ein Einzelgegenstand ist, ja. Wenn man sein gesamtes Vermögen als solches überträgt (was sachenrechtlich so nicht möglich ist), dann liegt eine Kenntnis bereits dadurch vor.

Sebastian Schmitt
28.4.2025, 08:21:05
Hallo @Lisa, Du hast hier schon einige gute Wortmeldungen bekommen, die alle in die richtige Richtung gehen. Die heutzutage recht herrschende subjektive Theorie verlangt mehrheitlich auf der subjektiven Seite die Kenntnis des Erwerbers immer dann, wenn wir es nicht mit einer Verpflichtung zur Übertragung des "Vermögens im Ganzen", sondern mit einem Einzelgegenstand zu tun haben. Ob dieser Einzelgegenstand nur knapp oberhalb der maßgeblichen Grenze liegt oder vielmehr 100 % des Vermögens ausmacht, ist dafür nicht entscheidend. Die Vermutung von @Annika stimmt also. Zweck dieses subjektiven Kriteriums ist nämlich der Verkehrsschutz: Der Erwerber kann bei einem Einzelgegenstand ja meist gar nicht erkennen, welchen Teil des Vermögens dieser Gegenstand ausmacht. Dementsprechend könnten Geschäfte über sehr werthaltige Einzelgegenstände mit Verweis auf die fehlende Zustimmung in der Praxis häufig rückgängig gemacht werden, was die hM zu verhindern versucht (vertiefend zum Ganzen Staudinger/Thiele, BGB, Neubearb 2017, § 1365 Rn 19 ff). Haben wir es wirklich ausnahmsweise mal mit einer expliziten Verpflichtung zur Verfügung über das "Vermögen im Ganzen" iSd § 1365 I 1 BGB zu tun (in der Praxis wird das selten vorkommen), hat @[oniii](283324) völlig Recht: Dann ist das ja schon in unseren Willenserklärungen enthalten und der Vertragspartner hat die Kenntnis automatisch. Falls das in einer Klausur mal relevant wird, @[BGB OK](284560), werdet Ihr es häufig mit einem Einzelgegenstand zu tun bekommen, damit es auf diese Diskussion eben ankommt. Man kann das zB gut mit Grundstücksgeschäften verbinden und bei dieser Gelegenheit neben § 311b I BGB auch noch sachenrechtliche Probleme auf der Verfügungsebene der § 873 ff BGB abfragen. Viele Grüße, Sebastian - für das Jurafuchs-Team