Definition: Leben (§ 823 Abs. 1 BGB)

1. Juni 2025

13 Kommentare

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Definiere den Begriff „Leben“ (§ 823 Abs. 1 BGB):

Zivilrechtlich wird das Leben von der embryonalen Phase (vor der Geburt) bis zum Tod geschützt. Eine Verletzung liegt bei Verursachung des Todes vor. Dies entspricht dem herrschenden Verständnis des Rechtsguts Leben im Sinne des Art. 2 Abs. 2 S. 1 GG. Das Leben beginnt danach mit der Einnistung der Eizelle in der Gebärmutter (sogenannte Nidation) und endet mit dem Hirntod.

Ein normativer Anknüpfungspunkt für den Todeszeitpunkt findet sich im Transplantationsgesetz (§ 3 Abs. 1 Nr. 2 TPG): Die Organentnahme setzt voraus, dass der Tod des Organ- oder Gewebespenders nach Regeln festgestellt ist, die dem Stand der Erkenntnisse der medizinischen Wissenschaft entsprechen.
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Fragen und Anmerkungen aus der Jurafuchs-Community

Isabell

Isabell

25.9.2021, 11:53:28

Ich meine im Transplantationsgesetz gibt es für den Tod eine normative Anknüpfung. Könntet ihr die noch ergänzen?

Lukas_Mengestu

Lukas_Mengestu

8.10.2021, 19:20:48

Hallo Isabell, du meinst vermutlich § 3 Abs. 1 Nr. 2 TPG, wo auf die

Feststellung

des Todes nach Regeln, die dem Stand der Erkenntnisse der medizinischen Wissenschaft entsprechen, abgestellt wird, oder? Wir arbeiten gerade daran, das Definitionsmodul auch um die Funktion zu ergänzen Erklärungen anzuzeigen. Dann nehmen wir das gerne noch mit auf. Beste Grüße, Lukas - für das Jurafuchs-Team

Isabell

Isabell

8.10.2021, 20:01:36

Ja genau. Hat mich noch nie einer nachgefragt. Gehört also mehr in die Kategorie juristisches Nerdwissen. Aber ich finde solche Abstecher zu normativen Anbindungen außerhalb der bekannte Pfade mega spannend 🤓

Charles "Chuck" McGill

Charles "Chuck" McGill

5.5.2025, 17:23:42

Ich dachte, im Zivilrecht beginnt das Leben mit der Vollendung der Geburt? Der strafrechtliche Lebensschutz sei insofern weiter, da er bei einsetzten der Eröffnungswehen beginnt. Das wurde mir mit der erhöhten strafrechtlichen Schutzbedürftigkeit erklärt. Ich bin etwas verwirrt.

Juraddicted

Juraddicted

6.5.2025, 21:59:48

Ganz genau kann ich das auch nicht sagen, aber es gibt zB eine Ausnahme § 1923 Absatz 2 BGB Erbfähigkeit: (2) Wer zur Zeit des Erbfalls noch nicht lebte, aber bereits gezeugt war, gilt als vor dem Erbfall geboren Vllt leitet sich das daher ab? LG

Charles "Chuck" McGill

Charles "Chuck" McGill

6.5.2025, 22:06:13

§ 1923 kannte ich eben als die eine ausdrückliche Ausnahme.

Juraddicted

Juraddicted

22.5.2025, 14:42:13

Ich habe nachgeschaut: es scheint um einen vollständigen, pränatalen Schutz zu gehen (der ansonsten nur lückenhaft wäre). Es soll keinen Unterschied machen, ob die deliktische Handlung Vorbilder nach Geburt erfolgt: https://www.jura.uni-wuerzburg.de/fileadmin/02120030/Examenkurs_GS_WS_2012/Fall_19.pdf

Charles "Chuck" McGill

Charles "Chuck" McGill

22.5.2025, 14:53:44

@[Juraddicted](96780) Dann bleibt die Frage, wieso es in anderen Aufgaben heißt, im Zivilrecht beginne das Leben mit der Geburt.

Juraddicted

Juraddicted

22.5.2025, 14:57:17

Gab’s jetzt dafür jetzt den Daumen runter bei mir? So oder so: ich wollte nur helfen, damit wir hier beide fachlich weiterkommen.

Charles "Chuck" McGill

Charles "Chuck" McGill

22.5.2025, 15:14:56

@[Juraddicted](96780) Der kommt nicht von mir.

PAUHE

Paul Hendewerk

16.5.2025, 09:48:37

§ 823 I BGB setzt voraus, dass die geschützten Rechte/Rechtsgüter eines anderen verletzt werden. Anderer iSd § 823 I BGB ist aber nur, wer Rechtsfähigkeit nach § 1 BGB erlangt hat. Zwar kann der "andere" iSd § 823 I BGB auch geltend machen, der Anspruchsgegner habe ihn z.B. an seiner Gesundheit geschädigt, als er noch nur als

Leibesfrucht

existierte. Kommt es jedoch zu einer Totgeburt, hat der nasciturus schon aus denklogischen Gründen keinen SE-Anspruch gegen den Schädiger. Insofern hat er auch nicht am Lebensschutz des § 823 I BGB teil!

Juraddicted

Juraddicted

22.5.2025, 14:39:34

Gut, dass Du auf das Problem aufmerksam machst! Bei der

Leibesfrucht

käme grdsl auch ein Anspruch aus §§ 280 I, 241 II i.V.m. §

311 III BGB

(

Vertrag mit Schutzwirkung zugunsten Dritter

) in Betracht, wenn eine wirksame Einbeziehung und Schaden vorliegt (Behandlungsverträge). Zu Deiner Kritik: Rechtsfähigkeit der Erstklägerin? Zum Zeitpunkt des haftungsbegründenden Verhaltens des B war die Klägerin noch nicht rechtsfähig, § 1 BGB, und konnte somit noch nicht Träger von Rechten und Pflichten sein. Trotzdem konnte die Erstklägerin grundsätzlich bereits in den Schutzbereich eines Vertrages miteinbezogen werden. Im Deliktsrecht ist es nämlich anerkannt, dass eine haftungsbegründende Handlung bereits vor der Geburt des Geschädigten liegen kann, da andernfalls der deliktische Schutz lückenhaft wäre („pränatale Schädigung“, s. unten in der Quelle - ich kann es warum auch immer, nicht hier rein kopieren) Hinsichtlich eines Schadensersatzanspruchs, der sich auf eine Vertragspflicht stützt, die für das Ungeborene günstig ist, kann nichts anderes gelten. https://www.jura.uni-wuerzburg.de/fileadmin/02120030/Examenkurs_GS_WS_2012/Fall_19.pdf Hast Du etwas gefunden, wieso das abzulehnen ist? LG

PAUHE

Paul Hendewerk

26.5.2025, 10:44:28

@[Juraddicted](96780) Vgl. https://www.servat.unibe.ch/dfr/bz058048.html, Rn. 11: Insoweit ist zugunsten des Schädigers lediglich zu beachten, daß dieser Ersatzanspruch (gemeint ist § 823 I BGB) nicht entsteht, wenn es nicht zu einer Lebendgeburt gekommen ist (vgl. Heldrich, JZ 1965, 596) oder wenn die Verletzung der

Leibesfrucht

sich bis zur Geburt des Kindes behoben hat, daher ohne Auswirkungen auf die Gesundheit des Neugeborenen geblieben war.


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