Schema: § 823 Abs. 1 BGB
12. Juli 2025
9 Kommentare
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Wie prüft man die deliktische Verschuldenshaftung nach § 823 Abs. 1 BGB?
Rechts(guts)verletzung
Zu den geschützten Rechten bzw. Rechtsgütern gehören Leben, Körper, Gesundheit, Freiheit, Eigentum und sonstige absolute Rechte.
Eine Verletzungshandlung kann jedes Tun oder (pflichtwidrige) Unterlassen sein, das durch beherrschbares menschliches Verhalten gesteuert werden kann.
Haftungsbegründende Kausalität (Äquivalenztheorie, Adäquanztheorie, Schutzzweck der Norm)
Die Kausalität zwischen Rechtsgutsverletzung und Verletzungshandlung ergibt sich im Grundsatz nach der Äquivalenztheorie. Kausal ist danach jede Bedingung, ohne die der Erfolg in seiner konkreten Gestalt nicht eingetreten wäre. Diese weite Zurechnung wird indes durch zwei wertende Kriterien eingeschränkt: (1) Adäquanz (=völlig ungewöhnliche Kausalverläufe bleiben unberücksichtigt), (2) Schutzzweck (=nur Verletzungen, die vom Schutzbereich der (ungeschriebenen) Verhaltensgebote umfasst sind, sind zurechenbar)
Kommt Dir das nicht bekannt vor? Auch im Strafrecht wird nach der herrschenden Lehre die weite Kausalität auf Ebene der objektiven Zurechnung durch wertende Elemente beschränkt. Die Rechtsprechung löst es dort über den Vorsatz. Rechtswidrigkeit
Nach h.M. indiziert der Verletzungserfolg bereits die Rechtswidrigkeit (Lehre vom Erfolgsunrecht) und entfällt nur beim Eingreifen von Rechtfertigungsgründen. Eine Ausnahme wird hier bei Verletzung von offenen Tatbeständen (Allgemeines Persönlichkeitsrecht, Recht am eingerichteten und ausgeübten Gewerbebetrieb) vorgenommen, bei denen die Rechtswidrigkeit gesondert festgestellt werden muss.
Verschulden
Rechtsfolge: Schadensersatz
Die Ermittlung des Schadens erfolgt wie auch bei vertraglichen Schadensersatzansprüchen nach den §§ 249ff. BGB. Der Schaden muss in einem kausalen Zusammenhang zur Rechts(guts)verletzung stehen (haftungsausfüllende Kausalität). Sofern ein Mitverschulden des Anspruchstellers (§ 254 BGB) vorliegt, ist dieses ebenfalls zu berücksichtigen.
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Fragen und Anmerkungen aus der Jurafuchs-Community
_Andor_
13.6.2024, 12:44:25
Der erste Prüfungspunkt sollte besser heißen "Rechts- oder Rechtsgutsverletzung". Das Eigentum ist kein Rechtsgut, sondern ein Recht.

FalkTG
23.12.2024, 12:00:34
Zustimmung
Kind als Schaden
20.4.2025, 17:16:07
Was ist der Sinn dieser Forderung? In den geläufigen Kommentaren wird ohne mit der Wimper zu zucken Eigentum unter "Rechtsgüter" aufgelistet. Außer jungen Semestern im Studium das Leben noch schwerer zu machen, sehe ich keinen Sinn in einer derart "feinen" Unterscheidung.

§ 962 BGB
3.6.2025, 14:43:20
Genauer gesagt heißt es Rechtsgutverlertzung und nicht Rechtsgutsverlertzung
Kind als Schaden
3.6.2025, 16:00:52
@[§ 962 BGB](213709) Auch das ist falsch. Beide Begriffe werden synonym verwendet, beides ist richtig. Wer daran zweifelt, möge Juris öffnen und innerhalb weniger Sekunden feststellen, dass er/sie sich irrt.
Kind als Schaden
3.6.2025, 16:13:58
Generell mal ein paar Worte an alle, die hier kommentiert haben: Die Juirsterei ist oft genug eine sehr detailverliebte, feinsinnige Angelegenheit. Es hat daher aus meiner Sicht keinerlei Sinn, sich über die
Verwendungsolcher Begriffe zu streiten oder andere Juristen (vermeintlich) belehren zu wollen, wenn UNSTRITTIG in Literatur und Rechtssprechung beide Begrifflichkeiten verwendet werden. Die Liste solcher sinnloser Streitpunkte ist nämlich erfahrungsgemäß endlos: Jeder kennt im Strafrecht die Diskussion zum Ergebnissatz... Hat sich der Täter nun Strafbar oder
schuldig gemacht? Ich habe Korrekturen gesehen in denen "strafbar gemacht" angestrichen wurde. Umgekehrt aber auch etliche Musterlösungen in denen diese Formulierung auftaucht. Das Ergebnis, was all diesen Diskussionen entspringt, ist, man ahnt es -> noch mehr Willkür in der Bewertung juristischer Arbeiten.

prefi
27.5.2025, 17:43:48
Vielen Dank für die Möglichkeit, nun auch Schemata mittels KI abfragen zu lassen. Es wäre toll, wenn diese Funktion nach und nach auf die anderen Kapitel ausgeweitet wird! Eine kurze Anmerkung: Ich habe in meiner Lösung erst die
Rechtswidrigkeit und dann das Ver
schulden geprüft, daraufhin wurde mir die Lösung als falsch markiert. Bei nicht relevanten Abweichungen in der Prüfungsreihenfolge sollte die Lösung trotzdem als korrekt markiert werden.

Juraddicted
17.6.2025, 15:32:25
hier steht „Die Ermittlung des
Schadens erfolgt wie auch bei vertraglichen
Schadensersatzansprüchen nach den §§ 249ff. BGB. Der
Schadenmuss in einem kausalen Zusammenhang zur
Verletzungshandlungstehen (
haftungsausfüllende Kausalität). Sofern ein Mitver
schulden des Anspruchstellers (§ 254 BGB) vorliegt, ist dieses ebenfalls zu berücksichtigen.“ ich habe gerade in meiner EXAMENSKLAUSUR geschrieben, dass die
haftungsausfüllende Kausalitätsich auf die
Verletzungshandlungbezieht. jetzt habe ich gehört, dass das falsch sei?? kann mir bitte jemand schnell antworten, meine Nerven liegen blank und es sind noch einige Klausuren vor mir. Danke!

Wendelin Neubert
17.6.2025, 20:14:45
Hey @[Juraddicted](96780), ich verstehe total, wie du dich fühlst – in der Examensphase hängt an jeder Formulierung gefühlt das ganze Leben. Ich kann dich aber beruhigen: Es stimmt zwar, dass unsere Erklärung an der von dir genannten Stelle einen Formulierungsfehler enthält. Juristisch präzise wäre die Formulierung gewesen, dass der
Schadenin einem adäquat-kausalen Zusammenhang zur Rechtsgutsverletzung stehen muss – nicht zur Handlung als solcher. Siehe dazu auch unsere Definition: https://applink.jurafuchs.de/375S0DwghUb ABER: Das heißt nicht, dass das jetzt ein grober inhaltlicher Fehler war. Wenn du in der Klausur erkennbar gemacht hast, dass du den
Schadenkausal mit dem Geschehen in Verbindung gebracht hast, und dein Gedankengang grundsätzlich stimmte, dann ist das bestenfalls unpräzise. Wenn Du zuvor die
haftungsbegründende Kausalität– also den Zusammenhang zwischen
Verletzungshandlungund Rechtsgutsverletzung – sauber geprüft hast, führt es zu keinem „falschen“ Ergebnis, wenn Du danach die Kausalität zwischen Handlung und
Schadengeprüft hast. Denn hast in der „Kausalitätskette“ (Handlung -> Verletzung ->
Schaden) lediglich einen Schritt übersprungen und die Korrektor*innen dürften diese fehlende Präzision milde betrachten. In der Bewertung zählt der Gesamteindruck, also wie sauber du den Anspruch aufgebaut, geprüft und verargumentiert hast. Eine einzelne Ungenauigkeit reißt Dich nicht hinab. Also: Tief durchatmen! Versuche, an vergangene Klausuren einen Haken zu machen und konzentriere dich auf das, was kommt. Ich bin mir sicher, Du wirst die Herausforderung meistern! Viel Erfolg weiterhin! Wendelin, für das Jurafuchs-Team