Aufgrund des erhöhten Interesses an der Fragestellung habe ich mich mit dem
Urteil des BVerfG und der Definition des Ehebegriffs beschäftigt und bin zu folgender Schlussfolgerung gekommen:
Das BVerfG hat in seiner Entscheidung vom 1. Februar 2023 den Ehebegriff in Art. 6 Abs. 1 GG etwas weiter präzisiert. In diesem Beschluss ging es primär um die Verfassungsmäßigkeit des Gesetzes zur Bekämpfung von Kinderehen. Die konkrete Definition im
Urteil lautet:
"Ehe im Sinne von Art. 6 Abs. 1 GG ist eine rechtlich verbindliche, im Grundsatz auf Dauer angelegte, auf freiem Entschluss beruhende, in besonderer Weise mit gegenseitigen Einstandspflichten einhergehende, gleichberechtigte und autonom ausgestaltete Lebensgemeinschaft, die durch einen formalisierten, nach außen erkennbaren Akt begründet wird."
Ich nehme an, in Anknüpfung an den Begriff “autonom ausgestaltete Lebensgemeinschaft” ist man hellhörig geworden, da dieser sich als eine etwas weitere Öffnung der Ehegestaltung interpretieren lässt. Die Definition entspricht aber grundsätzlich immer noch der selben verfassungsrechtlichen Definition wie eh und je. Sie schließt zwar gleichgeschlechtliche Ehen nicht explizit aus, was wiederum impliziert, dass auch sie unter den Schutz von Art. 6 GG fallen könnten.
Jedoch kann diesem Umstand meiner Auffassung nach nicht entnommen werden, dass das BVerfG nach diesem
Urteil ausdrücklich ab jetzt die gleichgeschlechtliche Ehe unter den Schutz des Art. 6 Abs. 1 GG stellen möchte.
In Anbetracht der Historie des Ehebegriffs im verfassungsrechtlichen Sinne würde das BVerfG sich viel deutlicher ausdrücken, wenn es sich dazu entscheiden würde, von seiner Definition abzulassen und sie zu erweitern.
Diese revolutionäre Änderung wird es sicherlich nicht durch eine vage Interpretationsmöglichkeit verkünden, sondern ein für alle Mal klarstellen wollen. Wir werden es mit Sicherheit in aller Deutlichkeit mitbekommen, sollte das BVerfG zu einer Modernisierung des Begriffs kommen. :)
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