Zivilrecht

BGB Allgemeiner Teil

Anfechtung der Willenserklärung

Verkehrswesentliche Eigenschaften (§ 119 Abs. 2 BGB)

Definition: Verkehrswesentliche Eigenschaften (§ 119 Abs. 2 BGB)

29. April 2025

10 Kommentare

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Wann ist eine Eigenschaft „verkehrswesentlich“ (§ 119 Abs. 2 BGB)?

„Verkehrswesentlich“ ist eine Eigenschaft immer dann, wenn sie nicht bloß nach der Auffassung des Erklärenden, sondern auch nach der Verkehrsanschauung für das konkrete Rechtsgeschäft wesentlich, also ausschlaggebend für seinen Abschluss ist.

Der Eigenschaftsirrtum (§ 119 Abs. 2 BGB) berechtigt zur Anfechtung, wenn der Erklärende über verkehrswesentliche Eigenschaften der Sache oder der Person des Vertragspartners irrt. Eigenschaften einer Sache sind alle tatsächlichen und rechtlichen Verhältnisse, die infolge ihrer Beschaffenheit auf Dauer für die Brauchbarkeit und den Wert der Sache von Einfluss sind. Dazu gehören alle sog. „wertbildenden Faktoren“, die der Sache nicht nur vorübergehend unmittelbar anhaften. Der Wert einer Sache als solcher ist demgegenüber keine Eigenschaft. Eigenschaften einer Person sind Merkmale, die ihr für eine gewisse Dauer anhaften oder sie charakterisieren.
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Fragen und Anmerkungen aus der Jurafuchs-Community

AN

Antonia

7.9.2024, 14:56:12

Muss die Eigenschaft tatsächlich sowohl von der Verkehrsauffassung als auch der Parteiabrede als wesentlich angesehen werden? Ich habe gelesen, dass es primär auf die Parteiabrede abkommt und nur wenn eine solche nicht vorliegt es auf die Verkehrsauffassung ankommt.

TI

Timurso

8.9.2024, 09:51:04

Das kann ich mir so nicht vorstellen. Der Wortlaut stellt ja auf die "

verkehrswesentliche Eigenschaft

" ab. Wenn die Wesentlichkeit für den Verkehr nur subsidiär erforderlich wäre, würde es in meinen Augen lediglich "wesentliche Eigenschaft" heißen. Dadurch, dass sie aber verkehrswesentlich sein muss, kommt in meinen Augen wie auch in der Lösung angesprochen gerade zum Ausdruck, dass die Wesentlichkeit für die Parteien allein nicht ausreicht, sondern die Eigenschaft auch immer für den Rechtsverkehr wesentlich sein muss.

BEN

benjaminmeister

14.12.2024, 22:07:42

@[Timurso](197555) Ich würde hier mit Bitter, BGB AT, § 7 Rn. 107 widersprechen: "Wichtig zu erwähnen ist ferner, dass es den Parteien auf jeden Fall unbenommen bleibt, durch eine ausdrückliche oder konkludente Vereinbarung festzulegen, ob die Eigenschaft verkehrswesentlich sein soll. Eine Anfechtung ist hier auch dann möglich, wenn der Rechtsverkehr die Eigenschaft als unwesentlich ansehen würde." Das ergibt insoweit Sinn, da man argumentieren kann, dass wenn der Rechtsverkehr von der Vereinbarung der Parteien wüsste, der Rechtsverkehr für das konkrete Geschäft eben die Verkehrswesentlichkeit aufgrund der Vereinbarung ebenfalls bejahen würde.

Laura

Laura

27.2.2025, 15:48:26

Hier wird eher davon ausgegangen, dass es nur auf die Verkehrsauffassung ankommt oder? Hatte das aber auch anders im Kopf, nämlich dass es entweder auf Parteiabrede oder Verkehrsauffassung ankommt?

BECCA

Becca_la

11.4.2025, 08:59:07

@[benjaminmeister](216712) vereinbaren kann man ja im ZR immer alles. Ist eine Eigenschaft explizit als wesentlich vereinbart zählt natürlich die Auffassung der Parteien. Der Grundfall geht aber davon aus, dass nichts individuell vereinbart wird und dann kommt es für die Beurteilung darauf an, ob eben auch nach der verkehrsanschauung davon ausgegangen werden kann, dass die Eigenschaft wesentlich ist. Das sind meiner Meinung nach zwei Paar Schuhe. Also im Grundsatz ohne individuelle Abrede gehe ich @[Timurso](197555) recht. Bei abweichender Abrede der Parteien gilt dann was Bitter sagt.

BEN

benjaminmeister

11.4.2025, 17:09:28

@[Becca_la](209771) ich verstehe @[Timurso](197555) aber so, dass die Parteienabrede völlig

unerheblich

ist. Dem habe ich widersprochen und dem stimmst du ja meinem Verständnis nach ja eig auch zu.

TI

Timurso

11.4.2025, 19:28:08

@[benjaminmeister](216712) ich hatte nicht gemeint, dass es gar nicht auf die Parteiabrede abkommt, sondern dass sie eine unwesentliche Eigenschaft nicht zur Wesentlichkeit führen kann. Dabei habe ich mich am Gesetzeswortlaut orientiert. Das scheint aber in der Tat falsch zu sein, so auch Grüneberg § 119 Rn. 25. Daher schließe ich mich dir an. Die Antwort ist also: Primär kommt es auf eine Vereinbarung an, nur, wenn eine solche nicht vorliegt, auf die Verkehrsanschauung.


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