Entstehung III: Ähnliche geschäftliche Kontakte, ohne Vertrag
+++ Sachverhalt (reduziert auf das Wesentliche)
Unternehmer U soll für A ein Projekt durchführen. U fragt die Bank B, ob das Projekt finanziell abgesichert ist, was B bestätigt. Die Verhandlungen waren aber noch nicht abgeschlossen. Nach Aufnahme der Arbeiten verweigert B dem A dennoch den Kredit. U erleidet einen hohen Vermögensschaden.
Einordnung des Falls
Entstehung III: Ähnliche geschäftliche Kontakte, ohne Vertrag
Die Jurafuchs-Methode schichtet ab: Das sind die 4 wichtigsten Rechtsfragen, die es zu diesem Fall zu verstehen gilt
1. U steht gegen B ein vertraglicher Schadenersatzanspruch aus einem Auskunftsvertrag zu (§§ 631, 280 Abs. 1 BGB).
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Nein, das trifft nicht zu!
2. Aufgrund der Falschauskunft hat U gegen B einen vorvertraglichen Schadenersatzanspruch (§§ 280 Abs. 1, 311 Abs. 2 Nr. 3, 241 Abs. 2 BGB).
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Ja!
3. U steht gegen B ein deliktischer Schadenersatzanspruch zu (§ 823 Abs. 1 BGB).
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Nein, das ist nicht der Fall!
4. Zwischen U und B besteht ein vorvertragliches Schuldverhältnis (§ 311 Abs. 2 Nr. 3 BGB).
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Ja, in der Tat!
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the_david__b
13.6.2020, 15:29:48
Ein Hinweis auf das ais Art. 14 I GG entwickelte Rahmenrecht des Rechts am eingerichteten und ausgeübten Gewerbebetrieb wäre beim Anspruch aus 823 I nett
Juranus
17.12.2020, 13:51:01
Kann man natürlich erwähnen, es spielt aber meiner Meinung nach hier absolut keine Rolle.

Lukas_Mengestu
20.7.2021, 17:11:32
Hallo the_david_b, vielen Dank zunächst für Deinen Hinweis. In der Tat kommen bei § 823 Abs. 1 BGB nicht nur die explizit aufgelisteten Rechtsgüter in Betracht, sondern grundsätzlich auch das allgemeine Persönlichkeitsrecht sowie der eingerichtete und ausgeübte Gewerbebetrieb. Da in der vorliegenden Konstellation indes tatsächlich der notwendige betriebsbezogene Eingriff im Hinblick auf die von der Rechtsprechung geprägten Fallgruppen eher fernliegt und um Missverständnisse zu vermeiden, haben wir hier auf einen entsprechenden Hinweis in der Aufgabe verzichtet. Beste Grüße, Lukas - für das Jurafuchs-Team
the_david__b
20.7.2021, 17:38:35
Da ist er wieder, der schmale Grad zwischen gut gesehn und abwegig. Ich verstehe deinen Standpunkt. :)

Feri
15.9.2020, 00:33:55
naja die Hohe Hürde des „betriebsbezogenen Eingriffs“ ist hier aufgrund einer bloß falschen Auskunft bei Weitem unterschritten.
Zavviny
19.9.2020, 14:56:16
Hier würde 311 III BGB besser passen!

Lukas_Mengestu
20.7.2021, 17:20:23
Hi Zavviny, das Verhältnis zwischen § 311 Abs. 2 Nr. 3 BGB und § 311 Abs. 3 BGB ist in der Tat nicht immer ganz einfach. Und tatsächlich wird die Gutachterhaftung häufig auf § 311 Abs. 3 S. 2 BGB gestützt. Im Zuge der Kodifizierung der entsprechenden Norm wurde der Fall einer Bankauskunft indes explizit als Beispiel für einen ähnlichen geschäftlichen Kontakt iSd § 311 Abs. 2 Nr. 3 BGB angeführt (vgl. Canaris, JZ 2001, 499, 520). Beste Grüße, Lukas - für das Jurafuchs-Team
QuiGonTim
24.7.2022, 20:44:56
Wie ist der Begriff “Vermögen als solches zu verstehen”? Wie wird er vom Eigentum und anderen durch § 823 BGB geschützten Rechten abgegrenzt?

Lukas_Mengestu
11.8.2022, 17:23:53
Hallo QuiGonTim, § 823 BGB schützt konkrete Rechtsgüter (zB Leben, Körper, Gesundheit, Freiheit) oder bestimmte Rechte (zB Eigentum, Besitz). Das Eigentum bzw. der Besitz stellen als absolute Rechte dabei nur ein Teil des geschützten Vermögens dar. Das Vermögen umfasst dagegen alle geldwerten Vorteile, wie zB Gewinnerwartungen. Das Vermögen ist insofern aber nicht als sonstiges Recht iSv § 823 Abs. 1 BGB zu verstehen und untersteht grds. nicht dem Schutz des Deliktsrechts (MüKoBGB/Wagner, 8. Aufl. 2020, BGB § 823 Rn. 423). Deliktischen Schutz erfährt es nur nach § 823 Abs. 2 BGB oder nach § 826 BGB. Beste Grüße, Lukas - für das Jurafuchs-Team