Öffentliches Recht

VwGO

Allgemeine Leistungsklage

Allgemeine Leistungsklage - Zulässigkeit

Allgemeine Leistungsklage - Zulässigkeit


Welches Schema bietet sich für die Prüfung der Zulässigkeit der Allgemeinen Leistungsklage an?

  1. Eröffnung des Verwaltungsrechtswegs

    Wie bei allen verwaltungsrechtlichen Klage muss zunächst der Verwaltungsrechtsweg eröffnet sein. Liegt keine aufdrängende Sonderzuweisung zu, so ist der Verwaltungsrechtsweg nach § 40 Abs. 1 S. 1 VwGO eröffnet, wenn es sich (1) um eine öffentlich-rechtliche Streitigkeit, (2) nichtverfassungsrechtlicher Art handelt und (3) keine abdrängende Sonderzuweisung gegeben handelt. Die Eröffnung des Verwaltungswegs solltest Du – wenn Du sie prüfst – an erster Stelle nennen. In einigen Schemata wird diese sogar vor der Zulässigkeit geprüft, da es sich streng genommen nicht um eine Zulässigkeitsvoraussetzung handelt. Beide Varianten sind aber vertretbar. Weil bei der allgemeinen Leistungsklage in einer Vielzahl der Fälle (jedenfalls auch) privatrechtliche Normen in Betracht kommen, musst Du im Zweifel darlegen, dass das streitige Verhalten in einem (engen) Funktions- beziehungsweise Sachzusammenhang mit der Wahnehmung öffentlicher Aufgaben steht (= Akzessorietätstheorie).

  2. Statthaftigkeit der allgemeinen Leistungsklage

    Die statthafte Klageart richtet sich nach dem Klagebegehren (vgl. § 88 VwGO). Die stattfhafte Klageart solltest Du immer an dieser Stelle prüfen, denn sie legt Dein Prüfprogramm fest. Im Rahmen der statthaften Klageart stellst Du zunächst fest, dass der Kläger die Vornahme / Duldung / Unterlassung einer tatsächlichen Leistung begehrt und daher eine allgemeine Leistungsklage in Betracht kommt. Dann solltest Du (kurz) feststellen, dass diese nicht ausdrücklich normiert, aber von der VwGO vorausgesetzt wird (§§ 43 Abs. 2, 111, 113 Abs. 4 VwGO) und ihre Notwendigkeit sich zudem aus der Rechtsschutzgarantie (Art. 19 Abs. 4 GG) ergibt. Abschließend solltest Du unterscheiden, um welche Form der Leistungsklage es sich handelt, da z.B. die eine vorbeugende Unterlassungsklage nur ausnahmsweise zulässig ist. Dazu später mehr!

  3. Klagebefugnis (§ 42 Abs. 2 VwGO analog)

    Auch für die allgemeine Leistungsklage gilt der Grundsatz des subjektiven Rechtsschutzes, also die Vermeidung von Popularklagen. Der in § 42 Abs. 2 VwGO normierte allgemeine Rechtsgedanke muss also analoge Anwendung finden. Klagebefugt ist, wer die Möglichkeit geltend machen kann, in eigenen Rechten verletzt zu sein (§ 42 Abs. 2 VwGO analog). Begehrt der Kläger eine Leistung der Behörde, muss er geltend machen, einen Anspruch auf die begehrte konkrete Leistung zu haben. Es reicht dabei aus, dass dieser Anspruch nicht von vornherein ausgeschlossen ist. Der verwaltungsrechtliche Rechtsschutz zeichnet sich dadurch aus, dass es grundsätzlich nur subjektiven Rechtsschutz gibt. Die Klagebefugnis ist daher eine besonders wichtige Voraussetzung. Wir empfehlen Dir daher, diese immer direkt nach der statthaften Klageart zu prüfen.

  4. Vorverfahren und Klagefrist?

    Die erfolglose Durchführung des Vorverfahrens und die Klagefrist sind Sachentscheidungsvoraussetzungen der Anfechtungs- und Verpflichtungsklage (§ 68 VwGO bzw. § 74 VwGO). Die VwGO enthält keine ausdrücklichen Regelungen bezüglich der allgemeinen Leistungsklage. Die h.M. lehnt eine analoge Anwendung von § 68 VwGO und § 74 VwGO ab. Du solltest dies in der Klausur in zwei Sätzen erwähnen. So zeigst Du, dass Du die Punkte nicht einfach vergessen hast. Bei Zeitmangel kannst Du die Punkte aber auch weglassen. Aufbautechnisch ist es egal, an welcher Stelle Du die Punkte prüfst. Wir empfehlen Dir aber, Dich für eine Reihenfolge zu entscheiden. So kannst Du routiniert prüfen und verringerst das Risiko, dass Du einen Punkt vergisst.

  5. Klagegegner

    § 78 VwGO findet aufgrund ihrer systematischen Stellung nur unmittelbare Anwendung auf die Anfechtungs- und Verpflichtungsklage sowie die Fortsetzungsfeststellungsklage. Dem § 78 VwGO liegt aber das allgemeine Rechtsträgerprinzip zugrunde. Danach ist grundsätzlich der hinter der handelnden Behörde stehende, materiell Verpflichtete der richtige Klagegegner. Im Ergebnis machst Du hier also nichts anderes, als i.R.v. § 78 VwGO. Es ist aber wichtig, dass Du nicht die Norm anwendest, sondern Deine Ausführungen nur auf das allgemeine Rechtsträgerprinzip stützt. Damit zeigst Du Dein systematisches Verständnis. Aufbautechnisch ist es egal, an welcher Stelle Du diesen Punkt prüfst.

  6. Beteiligten- und Prozessfähigkeit (§§ 61, 62 VwGO)

    Die Vorschriften zur Beteiligten- und Prozessfähigkeit (§§ 61, 62 VwGO) finden auf die allgemeine Leistungsklage direkte Anwendung. Hier bestehen keine Besonderheiten im Vergleich zu den anderen Klagearten. Aufbautechnisch ist es egal, an welcher Stelle Du diesen Punkt prüfst. Es ist jedoch sinnvoll, diesen Punkt anzusprechen, nachdem Du den richtigen Klagegegner bestimmt hast.

  7. Allgemeines Rechtsschutzbedürfnis

    Das allgemeine Rechtsschutzbedürfnis (auch Rechtsschutzinteresse) ist gegeben, wenn dem Bürger zur Verwirklichung seiner Rechte keine andere Möglichkeit als die Klage zur Verfügung steht. Insbesondere bei Leistungsklagen muss der Bürger alle zumutbaren Möglichkeiten ausgeschöpft haben, um sein Begehren zu erreichen. Deine Ausführungen zum allgemeinen Rechtsschutzbedürfnis sollten knapp bleiben - eventuell auch im Urteilsstil -, wenn der Sachverhalt keinen Grund für vertiefte Ausführungen bietet. Aufbautechnisch ist es egal, an welcher Stelle Du diesen Punkt prüfst. Wir empfehlen Dir, es eher gegen Ende zu prüfen. So kannst Du sicher sein, dass Du vorher sämtliche besondere Ausprägungen des Rechtsschutzbedürfnisses geprüft hast. Je nach Art der Leistungsklage können hier Besonderheiten bestehen. So muss z.B. bei einer vorbeugenden Unterlassungsklage ein Abwarten für den Kläger unzumutbar sein (qualifiziertes Rechtsschutzbedürfnis).

  8. Ordnungsgemäße Klageerhebung (§§ 81, 82 VwGO)

    Auch dieser Punkt ist im ersten Examen selten bis gar nicht von Bedeutung und kann i.d.R. weggelassen werden. Für die mündliche Prüfung und spätestens für das zweite Examen ist es aber gut, wenn Du diesen Prüfungspunkt auf dem Schirm hast. Für die Klageerhebung der allgemeinen Leistungsklage gelten die allgemeinen Vorschriften (§§ 81, 82 VwGO). Aufbautechnisch ist es egal, an welcher Stelle Du diesen Punkt prüfst.

  9. Zuständigkeit des Verwaltungsgerichts (§§ 45, 52 VwGO)

    Eventuell musst Du kurz die Zuständigkeit des Verwaltungsgerichts feststellen. In der Regel sollten hier – gerade im ersten Examen – keine Probleme liegen und der Punkt wird häufig auch einfach weggelassen. Aufbautechnisch ist es egal, an welcher Stelle Du diesen Punkt prüfst. Die Zuständigkeit des Verwaltungsgerichts richtet sich sachlich nach § 45 VwGO und örtlich nach § 52 VwGO.

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