Zivilrecht

Werkrecht

Zustandekommen und Beendigung

Kündigung aus wichtigem Grund, § 648a BGB

Kündigung aus wichtigem Grund, § 648a BGB

21. November 2024

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leichtmittelschwer

+++ Sachverhalt (reduziert auf das Wesentliche)

Jurafuchs

Naturbursche B möchte die Wände seines Flures mit Bäumen verzieren lassen und beauftragt dafür Maler U. Während der Arbeiten erwischt B den U, wie er in den privaten Schubladen des B schnüffelt. B erwischt U trotz Abmahnung erneut beim Schnüffeln.

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Einordnung des Falls

Kündigung aus wichtigem Grund, § 648a BGB

Die Jurafuchs-Methode schichtet ab: Das sind die 4 wichtigsten Rechtsfragen, die es zu diesem Fall zu verstehen gilt

1. B und U haben einen wirksamen Werkvertrag geschlossen (§ 631 BGB).

Ja!

Der Vertragsschluss richtet sich nach den allgemeinen Regeln über das Zustandekommen von Verträgen (§§ 145ff. BGB). Bei dem Werkvertrag wird ein bestimmter Erfolg geschuldet (§ 631 Abs. 2 BGB). Dies grenzt ihn vom Dienstvertrag ab, bei dem das bloße Tätigwerden geschuldet wird. Vorliegend einigten sich B und U, dass U für den B die Wände seines Flures mit Bäumen verzieren soll.
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2. Der Werkvertrag kann aus wichtigen Gründen nur seitens des Bestellers gekündigt werden (§ 648a BGB).

Nein, das ist nicht der Fall!

Sowohl der Besteller, als auch der Unternehmer kann den Vertrag aus wichtigem Grund kündigen. Ein solcher liegt vor, wenn die Vertragsfortsetzung für den kündigenden Teil nach Abwägung der beiderseitigen Interessen im Einzelfalls unzumutbar ist. Eine derartige Unzumutbarkeit der Vertragsfortsetzung kann bei beiden Vertragspartnern vorliegen. Die Unzumutbarkeit wird umso eher angenommen, je länger die Vertragsabwicklung noch andauert. Hat der kündigende Teil den wichtigen Grund überwiegend mitverursacht, so kann die Kündigung nach § 648a BGB nach dem Rechtsgedanken des § 254 BGB ausgeschlossen sein.

3. Ein wichtiger Grund kann nur vorliegen, wenn Hauptleistungspflichten verletzt wurden.

Nein, das trifft nicht zu!

Ein wichtiger Grund kann in der Verletzung von Hauptleistungspflichten, von Nebenleistungspflichten oder aber Rücksichtsnahmepflichten (§ 241 Abs. 2 BGB) liegen. Wichtig ist, dass ein wichtiger Grund - insbesondere bei der Verletzung von Hauptleistungspflichten - nicht vorschnell angenommen wird, da sonst die werkvertraglichen Mängelgewährleistungsrechte unterlaufen werden könnten. Der Regelfall stellen die Mängelrechte dar. Nur in besonderen Ausnahmesituationen ist eine außerordentliche Kündigung möglich (§ 648a BGB).

4. Das wiederholte Schnüffeln des U trotz Abmahnung stellt einen wichtigen Kündigungsgrund dar (§ 648a BGB).

Ja!

Ein wichtiger Grund kann auch bei der Verletzung von Rücksichtsnahmepflichten (§ 241 Abs. 2 BGB) in Betracht kommen. Beide Vertragsparteien sind nach § 241 Abs. 2 BGB zur Respektierung der jeweiligen Privatsphäre verpflichtet. Indem U in den privaten Schubladen schnüffelte verletzte er die Privatsphäre des B. Spätestens als U trotz erfolgter Abmahnung erneut schnüffelte, wurde die Fortsetzung des Vertrags durch den Vertrauensbruch für B unzumutbar.
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Fragen und Anmerkungen aus der Jurafuchs-Community

simon175

simon175

9.9.2024, 19:29:21

Könnte man auch beim erstmaligen "Schnüffeln" einen wichtigen Grund iSd § 648a BGB annehmen? Immerhin ist der Unternehmer während der gesamten Arbeiten in der Wohnung des Bestellers und kann weiterhin auf seine

Rechtsgüter

einwirken. Ich sehe bereits beim ersten unbefugten Durchsuchen der Schubladen eine schwerwiegende Beschädigung des im Werkvertragsrecht erforderlichen Vertrauens.

JALUD

Jan Ludwig

12.9.2024, 23:41:35

Die A.A. ist da denke ich mit deiner Argumentation des Aufenthalts in der Wohnung vertretbar. Bei einem ausgeschmückteren Sachverhalt könnte man da ggf. noch weitere Argumente mit anführen, die entweder für oder gegen einen Vertrauensbruch sprechen. Z.B. ob der Unternehmer „nur“ in den Schuhschrank geguckt hat oder ob er extra in einen anderen Raum gegangen ist, um dort nach Schmuck oder Geld zu suchen. Um jedoch sicher zu gehen, steht ja aber auch in der Lösung „jedenfalls ab dem Zeitpunkt nach der Abmahnung“.


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