Zivilrecht
Schuldrecht Allgemeiner Teil
Zurückbehaltungsrechte
Grundfall: Zurückbehaltungsrecht (§ 320 Abs. 1 BGB), Haupt- u. Nebenleistung
Grundfall: Zurückbehaltungsrecht (§ 320 Abs. 1 BGB), Haupt- u. Nebenleistung
+++ Sachverhalt (reduziert auf das Wesentliche)
Naturfotografin K kauft bei V einen neuen Jeep, den sie für berufliche Fahrten in der Serengeti benutzen will. Bei Anlieferung bemerkt K, dass die Kupplung defekt ist. K erklärt V, sie verweigere die Abnahme und zahle auch solange nicht, bis V den Mangel behoben habe.
Diesen Fall lösen [...Wird geladen] der 15.000 Nutzer:innen unseres digitalen Tutors "Jurafuchs" richtig.
Einordnung des Falls
Grundfall: Zurückbehaltungsrecht (§ 320 Abs. 1 BGB), Haupt- u. Nebenleistung
Die Jurafuchs-Methode schichtet ab: Das sind die 7 wichtigsten Rechtsfragen, die es zu diesem Fall zu verstehen gilt
1. V hat einen Anspruch darauf, dass K den Kaufpreis zahlt und den Jeep abnimmt (§ 433 Abs. 2 BGB).
Ja!
Jurastudium und Referendariat.
2. Vs Anspruch ist durchsetzbar, sofern K kein Zurückbehaltungsrecht zusteht (§ 320 Abs. 1 S. 1 BGB).
Genau, so ist das!
3. Bei dem Kaufvertrag handelt es sich um einen gegenseitigen Vertrag.
Ja, in der Tat!
4. Die Pflicht zur Kaufpreiszahlung und die Pflicht zur Übergabe und Übereignung eines mangelfreien Jeeps stehen in einem Gegenseitigkeitsverhältnis.
Ja!
5. Da V einen mangelhaften Jeep lieferte, war K berechtigt, ihre Zahlung zu verweigern (§ 320 Abs. 1 S. 1 BGB).
Genau, so ist das!
6. Die Pflicht zur Abnahme des Jeeps und die Pflicht zur Übergabe und Übereignung eines mangelfreien Jeeps stehen in einem Gegenseitigkeitsverhältnis.
Nein, das trifft nicht zu!
7. Da V einen mangelhaften Jeep lieferte, war K auch berechtigt, die Abnahme nach § 320 Abs. 1 S. 1 BGB zu verweigern.
Nein!
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Fragen und Anmerkungen aus der Jurafuchs-Community
streicheldiepelzigewandxd26@gmail.com
23.10.2024, 23:36:33
Soweit 266 BGB auch für quali
tative
Teilleistungen greift, müsste die Käuferin doch auch hiernach berechtigt sein, die Annahme zu verweigern, indem der Verkäufer nicht berechtigt ist, eine
Teilleistungzu besichtigen. Braucht man dann
273/320 überhaupt noch? Schließlich käme der Käufer auch nicht in Gläubigerverzug, da ihm die Leistung nicht vertragsgemäß an
gebotenwurde. Beste Grüße!
Linne_Karlotta_
4.12.2024, 12:18:52
Hey @[streicheldiepelzigewandxd26@gmail.com](172677), danke für deine kluge Frage. Du hast Recht damit, dass der Gläubiger nach § 266 BGB (nach h.M.) eine mangelhafte Leistung nicht anzunehmen braucht. Siehe dazu z.B. Münchener Kommentar zum BGB, 9. Auflage 2022, § 266 RdNr. 3: „Grundsätzlich ist jede unvollständige Leistung (...) eine
Teilleistungim Sinne der Norm. Ausgenommen ist – anders als nach früherem Recht – nicht mehr die Schlechtleistung („quali
tative
Teilleistung“), (...). Schon aus § 266 ergibt sich daher, dass der Gläubiger eine mangelhafte Leistung nicht anzunehmen braucht.“ Für eine Auseinandersetzung mit den Gegenansichten kann ich dir folgenden Aufsatz empfehlen: Wu, Die Rechte des Käufers bei Mangelhaftigkeit der Kaufsache vor
Gefahrübergang, JuS 2020, 394 (zu § 266 ab RdNr. 396). Das Zurückweisungsrecht aus § 266 BGB ist Voraussetzung dafür, dass der Gläubiger die Gegenleistung nach §
320 BGBverweigern kann. Denn, wenn der Käufer die Sache nicht nach § 266 BGB zurückweisen könnte, müsste er diese als erfüllungstauglich annehmen, was zur Folge hätte, dass die Einrede aus § 320 Abs. 1 BGB wegen der dadurch erfolgten Leistung des Verkäufers wegfällt. § 266 BGB tritt damit im vorliegenden Fall nicht anstelle von § 320 Abs. 1 BGB, sondern vielmehr daneben. Zusammengefasst: K muss nach § 320 Abs. 1 BGB nicht den Kaufpreis zahlen und nach § 266 BGB den Jeep nicht abnehmen. Ich habe die Aufgabe jetzt entsprechend ergänzt. Der BGH hat in der Vergangenheit übrigens bei mangelhaften Leistungen in einigen Fällen auf das
Zurückbehaltungsrechtaus
§ 273 BGBs
tatt auf § 266 BGB abgestellt.
§ 273 BGBkann nicht kumulativ zu § 266 BGB, sondern nur alternativ geltend gemacht werden. Dies kann sich u.U. auf die konkrete Rechtsfolge auswirken. Auch dazu kann ich den o.g. Aufsatz sehr empfehlen. Ich hoffe, ich konnte dir damit weiterhelfen. Viele Grüße – Linne, für das Jurafuchs-Team