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+++ Sachverhalt (reduziert auf das Wesentliche)

Jurafuchs

Verbraucherin K liebt Gadgets und möchte mehr auf ihre Fitness achten. Deshalb kauft sie sich im Elektronikfachmarkt der Unternehmerin V eine Smart-Watch. Auf der Smartwatch ist das notwendige Betriebssystem bereits installiert.

Einordnung des Falls

Ware mit digitalen Elementen

Die Jurafuchs-Methode schichtet ab: Das sind die 5 wichtigsten Rechtsfragen, die es zu diesem Fall zu verstehen gilt

1. Das Betriebssystem ist ein digitaler Inhalt (§ 327 Abs. 2 S. 1 BGB).

Ja!

Digitale Inhalte sind Daten, die in digitaler Form erstellt und bereitgestellt werden (§ 327 Abs. 2 S. 1 BGB). Soweit es um das unveränderbare Programm als solches geht, handelt es sich um einen digitalen Inhalt.

2. Das Betriebssystem ist in der Smartwatch enthalten (vgl. § 327a Abs. 3 S. 1 BGB).

Genau, so ist das!

Ein digitales Produkt ist mit einer Sache verbunden, wenn es mit der Sache interagiert. Ein digitales Produkt ist in einer Sache enthalten, wenn diese Sache die dafür erforderlichen Daten trägt. Die Smartwatch schafft erst den Raum für die Betriebssoftware. Die Software ist in der Uhr enthalten.

3. Wird das Betriebssystem im Rahmen eines Kaufvertrags bereitgestellt (vertragliches Element, vgl. § 327a Abs. 3 BGB)?

Ja, in der Tat!

K und V haben einen Kaufvertrag über die Smartwatch samt Betriebssystem geschlossen. Die Vertragsgegenstände werden somit im Rahmen eines Kaufvertrags bereitgestellt (vgl. § 327a Abs. 3 BGB). Die Einbindung in einem Kaufvertrag wird im Zweifel vermutet (§ 327a Abs. 3 S. 2 BGB)

4. Kann die Smartwatch ohne das Betriebssystem ihre Funktion erfüllen (funktionales Kriterium, vgl. § 327a Abs. 3 BGB)?

Nein!

Ob eine Sache auch ohne das digitale Produkt ihre Funktion erfüllen kann, ist durch lebensnahe Auslegung zu ermitteln. Die Smartwatch kann ohne das Betriebssystem nicht funktionieren.

5. Die Smartwatch und das installlierte Betriebssystem werden nach unterschiedlichen Gewährleistungsnormen behandelt (§ 327a Abs. 3 BGB).

Nein, das ist nicht der Fall!

Für Waren mit digitalen Elementen gilt gemäß § 475b Abs. 1 BGB einheitlich das Kaufrecht. Eine Aufspaltung wie sie zB bei Paketverträgen erfolgt, findet hier nicht statt. Eine Ausnahme wird nur für die Bereitstellung des digitalen Produkts gemacht (§ 475b Abs. 1 S. 2 BGB). Sinn dahinter ist es, dass beide Vertragsgegenstände so eng miteinander verbunden sind, dass eine getrennte rechtliche Behandlung nicht sinnvoll erscheint. Das bedeutet, dass sowohl auf die Smartwatch, als auch auf das Betriebssystem das kaufrechtliche Gewährleistungsrecht Anwendung findet.

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INDUB

InDubioProsecco

7.6.2023, 16:09:19

Was hat die Vermutung zur Verpflichtung zur Bereitstellung für Rechtsfolgen? Gelten für das Betriebssystem dann doch die §§ 327 ff. BGB?

INDUB

InDubioProsecco

7.6.2023, 16:21:09

Ich glaube, ich habe es: Ist die Vermutung nur relevant für den Tatbestand des §

475b BGB

bzw. dessen Anwendbarkeit?

INDUB

InDubioProsecco

7.6.2023, 16:31:52

Es wäre demnach: § 327a Abs. 2 BGB – Aufspaltung des Gewährleistungsregimes; § 327a Abs. 3 BGB – Keine Aufspaltung, sondern Anwendung des Kaufrechts, dabei ist die Vermutungswirkung nach Abs. 3 Satz 2 BGB für den Tatbestand von §

475b BGB

relevant; wenn dieser Tatbestand (+) – Gewährleistung nach §

475b BGB

; wenn dieser Tatbestand (-) Gewährleistung nach §§ 434 ff. BGB und §§

475d

ff. BGB. Verstehe ich das richtig?

Nora Mommsen

Nora Mommsen

9.6.2023, 15:41:39

Hallo InDubioProsecco, danke für deine Fragen. Genau - da die "normale" kaufrechtliche Gewährleistung unzureichend ist in manchen Konstellationen wurde ein eigenes Regime für Waren mit digitalen Inhalten erschaffen. Dabei soll der normale gegenständliche Teil der Sache weiter nach Kaufrecht und der digitale Teil nach den § 327 ff. BGB beurteilt werden. Dies kann z.B. ein Smarter Kühlschrank sein. Allerdings gerät die Aufspaltung an die Grenzen, wenn die Sache quasi aus dem digitalen Teil besteht - dann spricht man von einem digitalen Element, wie die Smartwatch. Die macht ohne funktionierendes Betriebssystem keinen Sinn. Hier soll daher keine Aufspaltung erfolgen - allerdings ist die kaufrechtliche Gewährleistung weiterhin unzureichend für die digitalen Elemente. Daher kommt die Vermutung des § 327a Abs. 3 S. 2 BGB zum Tragen. Beste Grüße, Nora - für das Jurafuchs-Team

INDUB

InDubioProsecco

10.6.2023, 09:37:39

Okay, jetzt bin ich wieder verwirrt. 😅 Findet bei Waren mit digitalen Elementen nun eine Gewährleistung nach §§ 327 ff. statt oder nicht?

ENU

ehemalige:r Nutzer:in

30.8.2023, 18:45:30

Ich bin auch maximal verwirrt, was die §§ 327 ff. angeht, aber ich habe es so verstanden, dass man bei Wren mit digitalen Elementen iSv § 327a III BGB auf das kaufrechtliche Gewährleistungsregime zurückgreifen muss. Ergänzend gelten gem. § 475b I 1 BGB die Regelungen des §

475b BGB

. Hat man also eine Ware mit digitalen Elementen, prüft man nicht nach dem Gewährleistungsrecht nach §§ 327ff., sondern ganz normal nach Kaufrecht (§§ 434 ff.). Bzgl. des Mangelbegriffs ist dann aber bspw. § 475b II-VI ergänzend (vgl. eben Verweis in § 475b I 1) zu § 434 heranzuziehen. Die Formulierungen ähneln denen aus § 434 BGB ja sehr. Im Grunde ist man so nach einem kurzen Ausflug zu § 327 und 327a sowie § 475b wieder in altbekannten Gewässern (§ 434) unterwegs.

DIAA

Diaa

15.9.2023, 19:19:17

Ich kann immer noch irgendwie nicht zwischen digitales Inhalten und digitalen Dienstleistungen unterscheiden.. Könnte das vielleicht jemand kurz erklären, am besten mit Beispielen :)

Paulah

Paulah

17.9.2023, 10:24:10

BeckOGK, BGB § 327 Rn. 9 beschreibt als Unterscheidungsmerkmal: "Das wesentliche Unterscheidungskriterium zwischen beiden Alternativen [digitaler Inhalt oder digitale Dienstleistung] ist der Kreis der typischerweise datenzugriffsberechtigten Personen: Während die Daten im ersten Fall nur der Dienstleisterin und dem Kunden zugänglich sind, teilt dieser seine Daten im zweiten Fall üblicherweise über eine Plattform mit einer Vielzahl von Dritten." Ich verstehe das so: Wenn du ein Video digital ausleihst und ansiehst, nutzt nur du das Angebot = digitaler Inhalt. Nutzt du Jurafuchs, tummeln sich noch etliche andere auf der Plattform und nutzen das Angebot und können miteinander kommunizieren = digitale Dienstleistung. Die o. g. Belegstelle bringt noch etliche weitere Erläuterungen und Beispiele. Viele Grüße von Paula

DIAA

Diaa

17.9.2023, 21:24:50

Vielen lieben Dank für die Erläuterung @[Paulah](135148)

FL

Flohm

20.2.2024, 10:16:35

Ich weiß, dass die Frage schon häufiger gestellt wurde, aber ich verstehe es immer noch nicht. wieso ist das Betriebssystem der Smartwatch hier ein digitaler Inhalt und keine digitale Dienstleistung?


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