Grundfall: Unechte GoA

9. Juli 2025

8 Kommentare

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leichtmittelschwer

+++ Sachverhalt (reduziert auf das Wesentliche)

Jurafuchs

G und ihr Mitbewohner M teilen sich eine Wohnung. Beide spielen Tennis. Eines Tages findet G einen seit langem nicht mehr benutzten Tennisschläger von M in der Abstellkammer. Sie verkauft diesen in eigenem Namen an Käufer K und behält den dafür gezahlten Kaufpreis.

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Einordnung des Falls

Grundfall: Unechte GoA

Die Jurafuchs-Methode schichtet ab: Das sind die 3 wichtigsten Rechtsfragen, die es zu diesem Fall zu verstehen gilt

1. Der Verkauf des Tennisschlägers stellt für G ein objektiv fremdes Geschäft dar.

Ja!

Ein objektiv fremdes Geschäft fällt nach außen erkennbar in den Rechts- und Interessenkreis eines anderen. Eigentümer des Tennisschlägers war M. Der Verkauf des Schlägers war somit ein Geschäft des M und damit für G fremd.
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2. G handelte mit Fremdgeschäftsführungswillen.

Nein, das ist nicht der Fall!

Wenn der Geschäftsführer ein fremdes Geschäft als eigenes behandelt, so fehlt es ihm am Fremdgeschäftsführungswillen. Dies gilt unabhängig davon, ob er weiß, dass das von ihm übernommene Geschäft fremd ist. Indem G den Tennisschläger in eigenem Namen verkaufte und den dafür gezahlten Kaufpreis für sich behielt, hat sie ein fremdes Geschäft als eigenes behandelt. Sie handelte unabhängig davon, ob sie wusste, dass es nicht ihr, sondern Ms Schläger ist, nicht mit Fremd-, sondern mit Eigengeschäftsführungswillen.

3. Der Verkauf des Tennisschlägers stellt eine unechte GoA dar.

Ja, in der Tat!

Eine unechte GoA liegt vor, wenn jemand ein fremdes Geschäft ohne Fremdgeschäftsführungswillen beziehungsweise mit Eigengeschäftsführungswillen übernimmt. Für die Frage, ob eine unechte GoA vorliegt, ist dagegen nicht relevant, ob der Geschäftsführer weiß, dass es sich bei dem übernommenen Geschäft um ein fremdes handelt. Der Verkauf des Tennisschlägers war für G ein objektiv fremdes Geschäft. Dieses hat G als eigenes behandelt. Ihr fehlte ein entsprechender Fremdgeschäftsführungswille. Die Kenntnis des Geschäftsführers von der Fremdheit des von ihm mit Eigengeschäftsführungswillen übernommenen Geschäfts ist für die Frage, ob eine unechte GoA vorliegt, somit nicht entscheidend. Relevant wird seine Kenntnis jedoch dann, wenn es um Ansprüche des Geschäftsherrn gegen den Geschäftsführer im Rahmen einer unechten GoA geht. Ansprüche aus GoA stehen dem Geschäftsherrn nach § 687 Abs. 2 BGB nämlich nur dann gegen den Geschäftsführer zu, wenn dieser von der Fremdheit des Geschäfts wusste.
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Fragen und Anmerkungen aus der Jurafuchs-Community

Shark

Shark

29.4.2025, 13:55:58

Warum ist das Geschäft objektiv fremd? Auf dem Schläger steht ja nicht bspw. der Name des M. Wieso ist das Geschäft dann nach außen erkennbar im Rechts- und Interessenkreis des M?

GI

Ginies

14.5.2025, 09:24:52

Hey vielleicht wird es für dich klarer, wenn du dir bewusst machst, dass ein

objektiv fremdes Geschäft

ein Geschäft ist, das schon ALLEIN seinem Inhalt nach einem anderen Interessen- oder Pflichtenkreis angehört, also für einen anderen von Bedeutung ist. Es ist aber nicht zwangsläufig erforderlich, dass es auch nach außen hin erkennbar ist. Gute Beispiele wären auch: die Bezahlung von fremden Rechnungen, das Rasenmähen im Garten des Nachbarn, Hilfeleistungen gegenüber Verletzen oder eben auch der Verkauf von fremden Sachen.

Shark

Shark

1.7.2025, 11:50:00

@[Ginies](150131) und wie unterscheidet man das dann vom subjektiv fremden Geschäft?

ALE

Aleton

3.7.2025, 22:54:44

Ich verstehe das auch nicht wirklich.

GI

Ginies

3.7.2025, 22:57:05

Was verstehst du genau nicht? Vielleicht kann ich dir ja helfen? Liebe Grüße 🙏🏻☺️

ALE

Aleton

3.7.2025, 23:14:30

@[Ginies](150131) Also ich verstehe nicht ganz wie man hier auf ein objektives fremdes Geschäft kommt. Es müsste doch nach außen hin erkennbar sein, dass es zum Interessenkreis eines Dritten gehört. Aber das tut es doch nicht, weil er sich doch selbst als Verkäufer darstellt. Mir ist leider deine Erklärung von vor 50 Tagen nicht ganz verständlich. Vllt. könntest du mir bitte nochmal die Unterscheidungen erläutern bzw. wie man auf das objektive fremde Geschäft hier kommt. Vielen Dank schonmal. :D

GI

Ginies

3.7.2025, 23:47:47

@Aleton okay, ich verstehe, was du meinst. Ich hoffe sehr, dass ich dir helfen kann. Vielleicht sollten wir auch noch einmal ganz von vorne anfangen und es „unjuristisch“ betrachten und du solltest dir noch einmal ganz genau die Situation anschauen: hier geht es einzig und allein erst einmal um die Art des Geschäftes, also wie es sich für den Geschäftsführer „anfühlt", was er da tut. Denn in der Definition heißt es ja auch: „Das Geschäft muss FÜR den GESCHÄFTSFÜHRER ferner „fremd" gewesen sein, d.h. es darf nicht seinem eigenen Rechtskreis, sondern dem eines anderen, dem Geschäftsherrn, zuzuordnen sein.“ und dann kommen wir auch schon zum Kern, was es eigentlich bedeutet: nämlich „Ein Geschäft ist objektiv fremd, wenn es bereits seinem Inhalt nach einem fremden Interessen- oder Pflichtenkreis angehört.“ - Es geht dabei also „nur“ darum, ob die Angelegenheit einem anderen gehört und der GF erledigt diese für ihn, ohne, dass er gefragt oder beauftragt worden ist. Dabei kommt es erst einmal nicht darauf an, ob der Jenige das wirklich wollte oder eben auch nicht! Das kommt dann später! Kurz, um mich noch einmal anders zu wiederholen: Ein Geschäft ist objektiv fremd, wenn es von außen betrachtet ganz offensichtlich nicht zur eigenen Sphäre gehört – also man kümmert sich um etwas, das jemand anderem gehört oder wofür jemand anderes eigentlich zuständig ist/wäre. Andere Beispiele wären u.a.: Du tankst versehentlich das Auto deiner Kollegin, weil es dem deinen gleicht. Dir fällt der Irrtum erst später auf. → Auch wenn es unbeabsichtigt war: Du hast das Auto der Kollegin betankt – objektiv ihr Geschäft. Ein Bauarbeiter bessert in der falschen Straße ein Dach aus, weil er sich in der Adresse vertan hat. → Er bessert nicht das beauftragte Haus, sondern das eines völlig Fremden aus. Objektiv also ein fremdes Geschäft. Du bekommst einen Brief zugestellt, der eigentlich für deinen Nachbarn bestimmt ist. Du öffnest ihn, ohne auf den Namen zu achten. → Der Inhalt betrifft deinen Nachbarn – objektiv seine Angelegenheit, nicht deine. Oder ganz fiktiv (oder auch nicht 🤷🏻‍♀️): Du holst versehentlich das falsche Kind aus der Kita ab, weil es einen ähnlichen Namen hat wie deines. → Betreuung und Abholung sind Sache der Eltern – objektiv fremde Angelegenheit. Ich hoffe sehr, dass es dir jetzt klarer und vor allem verständlicher wird 🙏🏻☺️

Shark

Shark

5.7.2025, 11:53:51

@[Ginies](150131) danke für die ausführliche Erklärung, aber wo genau ist der Unterschied zwischen dem versehentlichen betanken des Autos der Kollegin und unsererm Fall?


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