Zivilrecht

Geschäftsführung ohne Auftrag (GoA)

Die unechte GoA (Eigengeschäftsführung)

Abgrenzung: Irrtümlich fremdes Geschäft, § 687 Abs. 1 BGB (Fall)

Abgrenzung: Irrtümlich fremdes Geschäft, § 687 Abs. 1 BGB (Fall)

24. November 2024

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+++ Sachverhalt (reduziert auf das Wesentliche)

Jurafuchs

D stiehlt das Fahrrad des E und verkauft es anschließend an G. G weiß von dem Diebstahl nichts und hält D für den Eigentümer. Da an dem Fahrrad einige Dinge kaputt sind, bringt G es in eine Reparaturwerkstatt und lässt es in eigenem Namen und auf eigene Rechnung reparieren.

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Einordnung des Falls

Abgrenzung: Irrtümlich fremdes Geschäft, § 687 Abs. 1 BGB (Fall)

Die Jurafuchs-Methode schichtet ab: Das sind die 6 wichtigsten Rechtsfragen, die es zu diesem Fall zu verstehen gilt

1. Der Verkauf des Fahrrads ist für D ein objektiv fremdes Geschäft.

Ja, in der Tat!

Ein objektiv fremdes Geschäft liegt vor, wenn die Rechtsordnung das Geschäft nach Inhalt, Natur und/oder äußerem Erscheinungsbild einem anderen Rechts- und Interessenkreis als dem des Handelnden zuordnet. Eigentümer des Fahrrads war E. Die Verfügung darüber steht allein ihm zu (§ 903 BGB). Der Verkauf des Fahrrads war somit ein Geschäft des E und damit für D fremd.
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2. D hatte Fremdgeschäftsführungswillen.

Nein!

Wenn der Geschäftsführer ein fremdes Geschäft als eigenes behandelt, so fehlt es ihm am Fremdgeschäftsführungswillen. Er handelt mit Eigengeschäftsführungswillen Indem D das Fahrrad in eigenem Namen verkaufte, hat er ein fremdes Geschäft als eigenes behandelt.

3. Der Verkauf des Fahrrads durch D stellt eine angemaßte Eigengeschäftsführung dar.

Genau, so ist das!

Eine angemaßte Eigengeschäftsführung liegt vor, wenn jemand ein fremdes Geschäfts als eigenes behandelt, obwohl er weiß, dass das Geschäft fremd ist (§ 687 Abs. 2 BGB). D wusste, dass E Eigentümer des Fahrrads ist und hat es trotzdem in eigenem Namen verkauft.

4. Die Reparaturen am Fahrrad sind für G ein objektiv fremdes Geschäft.

Ja, in der Tat!

Ein objektiv fremdes Geschäft liegt vor, wenn die Rechtsordnung das Geschäft nach Inhalt, Natur und/oder äußerem Erscheinungsbild einem anderen Rechts- und Interessenkreis als dem des Handelnden zuordnet. Da das Fahrrad E abhandengekommen ist, scheidet ein gutgläubiger Erwerb durch G aus (§ 935 BGB). Eigentümer des Fahrrades blieb E, der damit auch für die Instandhaltung zu sorgen hat. Die Reparaturen am Fahrrad sind daher ein Geschäft des E. Sie stellen für G somit ein objektiv fremdes Geschäft dar.

5. G hatte Eigengeschäftsführungswillen.

Ja!

Wenn der Geschäftsführer ein fremdes Geschäft als eigenes behandelt, so fehlt es ihm am Fremdgeschäftsführungswillen. Er handelt mit Eigengeschäftsführungswillen G hat die Reparaturen am Fahrrad in eigenem Namen und auf eigene Rechnung vornehmen lassen. Er hatte Eigengeschäftsführungswillen.

6. Die Reparaturen am Fahrrad stellen eine angemaßte Eigengeschäftsführung dar.

Nein, das ist nicht der Fall!

Eine angemaßte Eigengeschäftsführung liegt vor, wenn jemand ein fremdes Geschäfts als eigenes behandelt, obwohl er weiß, dass das Geschäft fremd ist (§ 687 Abs. 2 BGB). Eine irrtümliche Eigengeschäftsführung liegt vor, wenn jemand ein fremdes Geschäfts als eigenes behandelt, weil er das fremde Geschäft fälschlicherweise für sein eigenes hält (§ 687 Abs. 1 BGB). G wusste nicht, dass D ihm das Fahrrad nicht wirksam übereignet hat. Er dachte, er sei Eigentümer des Fahrrads geworden und die Reparaturen seien sein eigenes Geschäft.
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Fragen und Anmerkungen aus der Jurafuchs-Community

APhM

APhM

27.6.2022, 21:04:29

Also ich frage mich, wie in diesem Fall automatisch ein objektiv fremdes Geschäft angenommen werden kann? Denn schließlich kann man dem D nicht in den Kopf gucken und auch G dürfte als Werkunternehmer (Fahrradwerkstatt) eher nicht davon ausgehen, dass jmd. eine fremde Sache zur Reperatur bringt, sondern eher die eigenen. Für genau diese Vermutung streitet doch auch der § 1006 I BGB und dadurch fällt es eben nicht nach außen erkennbar in einen anderen Interessenkreis als der des Geschäftführers. Dass § 935 I BGB dem Eigentumserwerb objektiv entgegensteht dürfte doch keine Rolle spielen. Müsste man also in den Fällen in denen wissentlich Diebesgutveräußert wird oder jemand auf vermeintlich erwobenes Diebesgut Aufwendungen tätigt, nicht zunächst erst einmal von einem nicht fremde Geschäft ausgegangen werden? Anders fühlt es sich für mich gerade irgebdwie falsch an. Doch vlt. könnt ihr es ja auflösen...

Lukas_Mengestu

Lukas_Mengestu

28.6.2022, 15:43:40

Vielen Dank für die Nachfrage, APhM. Der Maßstab war hier an dieser Stelle leider noch nicht ganz präzise. Objektiv fremde Geschäfte sind solche, die die Rechtsordnung nach Inhalt, Natur und/oder äußerem Erscheinungsbeild des Geschäfts einem anderen Rechts- und Interessenkreis als dem des Handelnden zuordnet (Sprau, in: Grüneberg, BGB, § 677 RdNr. 4). Das äußere Erscheinungsbild ist insoweit lediglich ein Anhaltspunkt zur Bestimmung des objektiv fremden Geschäfts. Im Hinblick auf die unerlaubte Veräußerung einer fremden Sache hat der BGH dies ohne weiteres als fremdes Geschäft eingeordnet (BGH NJW 2000, 72 unter Verweis auf RGZ 138, 45 [48f.]). Beste Grüße, Lukas - für das Jurafuchs-Team


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