+++ Sachverhalt (reduziert auf das Wesentliche)

Jurafuchs

Verbraucherin V kauft bei Unternehmerin U am 02.01.2022 ein Spiel für ihre Konsole. Als das Spiel am 05.01.2022 bei ihr ankommt, will es V sofort spielen. V stellt aber fest, dass es nicht mit ihrer sehr geläufigen Konsole kompatibel ist. V vergisst die Angelegenheit, fordert aber am 03.01.2024 Ersatz.

Diesen Fall lösen 76,6 % der 15.000 Nutzer:innen unseres digitalen Tutors "Jurafuchs" richtig.

Einordnung des Falls

Verjährung 1

Die Jurafuchs-Methode schichtet ab: Das sind die 3 wichtigsten Rechtsfragen, die es zu diesem Fall zu verstehen gilt

1. V hat einen Anspruch auf Nacherfüllung (§§ 327i Nr. 1, 327l BGB).

Genau, so ist das!

Voraussetzungen der Nacherfüllung sind (1) die Bereitstellung eines (2) digitalen Produkts, welches (3) einen Mangel aufweist und ein (4) Nacherfüllungsverlangen des Verbrauchers. Die Nacherfüllung ist bei objektiver oder subjektiver Unmöglichkeit ausgeschlossen (§ 327l Abs. 2 S. 1 BGB). Das Spiel ist ein digitaler Inhalt (§ 327 Abs. 2 S. 1 BGB) und entspricht nicht den objektiven Anforderungen des § 327e Abs. 3 Nr. 2 BGB (Interoperabilität). Vs Forderung nach „Ersatz“ lässt sich im Sinne einer Nachlieferung, also eines Nacherfüllungsverlangens, auslegen.
Jurafuchs 7 Tage kostenlos testen und tausende Fälle wie diesen selbst lösen.
Erhalte uneingeschränkten Zugriff alle Fälle und erziele Spitzennoten in
Jurastudium und Referendariat.

2. Die Verjährung der Gewährleistungsansprüche im Recht der digitalen Produkte richtet sich nach der Regelverjährung des § 195 BGB.

Nein, das trifft nicht zu!

Die Gewährleistungsansprüche digitaler Produkte unterliegen einer eigenen Verjährungsregel (§ 327j BGB). Hiernach verjähren Nacherfüllungs- und Schadensersatzansprüche in zwei Jahren ab Bereitstellung (§ 327j Abs. 1 BGB).Die Minderung und die Vertragsbeendigung sind keine Ansprüche, sondern Gestaltungsrechte, welche nicht unmittelbar der Verjährung unterliegen (§ 194 BGB). Für diese ist aber § 218 BGB entsprechend anwendbar (§ 327j Abs. 5 BGB). Das bedeutet, dass die Möglichkeit der Ausübung der Gestaltungsrechte an die Verjährung des Nacherfüllungsanspruchs gekoppelt ist. Es besteht hier also ein zeitlicher Gleichlauf.

3. Der Nacherfüllungsanspruch verjährt in zwei Jahren. Hier ist also Verjährung eingetreten.

Nein!

Die Gewährleistungsansprüche digitaler Produkte unterliegen einer eigenen Verjährungsregel (§ 327j BGB). Hiernach verjähren Nacherfüllungs- und Schadensersatzansprüche in zwei Jahren ab Bereitstellung (§ 327j Abs. 1 BGB). Die Berechnung dieser Frist richtet sich nach den allgemeinen Regeln der §§ 187, 188 BGB. Das Spiel wurde V am 05.01.2022 bereitgestellt. Es handelt sich um eine Ereignisfrist. Fristbeginn ist somit der 06.01.2022 (§ 187 Abs. 1 BGB). Fristende ist der 05.01.2024 (§ 188 Abs. 2 BGB). V hat am 03.01.2024 ihren Nacherfüllungsanspruch geltend gemacht, also gerade noch rechtzeitig.Eine solch abweichende Verjährungsregelung kennst Du bereits aus dem Kaufmängelgewährleistungsrecht (vgl. § 438 BGB).
Dein digitaler Tutor für Jura

7 Tage kostenlos* ausprobieren

* Nach dem Probeabo ab 7,99€ /Monat (weitere Infos). Ich akzeptiere die AGB und habe die Datenschutzerklärung zur Kenntnis genommen.

Jurafuchs kostenlos testen


Fragen und Anmerkungen aus der Jurafuchs-Community

ISAB

Isabelle.Sophie

15.12.2023, 15:02:21

§ 327e III 1 Nr. 2 BGB spricht doch gar nicht von Interoperabilität. Oder ist dies anerkannt, weil Interoperabilität einen subjektiven Mangel darstellt?

CAFEY

cafey

7.2.2024, 14:18:03

Stimmt, die Norm beinhaltet die Interoperabilität gar nicht, hat mich zuerst auch gewundert. Allerdings sind Menge, Funktionalität etc. nur beispielhafte Aufzählungen ("einschließlich"). Fehlende Interoperabilität (als Teil der Beschaffenheit eines digitalen Produkts) kann dann trotzdem ein Abweichen von den objektiven Anforderungen darstellen, wenn sie bei digitalen Produkten derselben Art üblich ist und der Verbraucher sie unter Berücksichtigung der Art des digitalen Produkts erwarten kann (vgl. § 327e III 1 Nr. 2 BGB).

QUIG

QuiGonTim

17.4.2024, 07:03:29

Daran habe ich mich auch ein wenig gestört. Es erschient fraglich, ob der Begriff der Interoperabilität im Rahmen des objektiven Mangelbegriffs überhaupt Anwendung finden kann. Dabei geht es doch gerade um eine unübliche, nicht objektiv erwartbare Eigenschaften.

LS2024

LS2024

30.5.2024, 10:38:31

Nein, wie @[QuiGonTim](133054) meinte. Interoperabilität ergibt innerhalb der objektiven Anforderungen keinen Sinn.

Steinfan

Steinfan

21.4.2024, 18:15:36

Handelt es sich bei dem Spiel nicht um einen digitalen Datenträger im Sinne des § 327 V BGB? Bei diesen tritt ja die Übergabe an die Stelle der „Bereitstellung“, oder? LG

Eileen 🦊

Eileen 🦊

23.7.2024, 10:00:55

Die gleiche Frage hab ich auch! Wie würde man an dieser Stelle die Nichtbeachtung der Bereitstellung ansprechen? In der einen gegebenen Definition wird diese auch mit aufgezählt.


Jurafuchs 7 Tage kostenlos testen und mit 15.000+ Nutzer austauschen.
Kläre Deine Fragen zu dieser und 15.000+ anderen Aufgaben mit den 15.000+ Nutzern der Jurafuchs-Community
Dein digitaler Tutor für Jura

7 Tage kostenlos* ausprobieren

* Nach dem Probeabo ab 7,99€ /Monat (weitere Infos). Ich akzeptiere die AGB und habe die Datenschutzerklärung zur Kenntnis genommen.