Bedingte Antragsdelikte
+++ Sachverhalt (reduziert auf das Wesentliche)
T bricht dem O mit einem Schlag ins Gesicht dessen Nase. Ein Polizist sieht das und nimmt den Sachverhalt auf. O will keine Strafverfolgung des T, sondern die Sache „selbst klären“.
Einordnung des Falls
Bedingte Antragsdelikte
Die Jurafuchs-Methode schichtet ab: Das sind die 3 wichtigsten Rechtsfragen, die es zu diesem Fall zu verstehen gilt
1. Die Körperverletzung (§ 223 StGB) ist ein Antragsdelikt.
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Ja, in der Tat!
2. Die Körperverletzung (§ 223 StGB) ist ein relatives Antragsdelikt.
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Nein!
3. Ein solches besonderes öffentliches Interesse liegt in der Regel vor.
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Nein, das ist nicht der Fall!
Fundstellen
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Leon
18.8.2021, 19:57:38
Bei Frage 2 ist einiges schief gelaufen: Die vorsätzliche Körperverletzung (223 StGB) ist ein relatives Antragsdelikt gem. 230 StGB. Insoweit ist die Aussage - entgegen der vorgeschlagenen Lösungen - zutreffend. Weiterhin differenziert man m.E. lediglich zwischen absoluten und relativen Antragsdelikten (vgl. Fischer, Vor 77 Rn. 3.). Die Definitionen vom relativen und bedingten Antragsdelikt wurden vertauscht und das Beispiel (247 StGB) ist unzutreffend, da dies ein absolutes Antragsdelikt ist.

Lukas_Mengestu
18.11.2021, 18:16:37
Vielen Dank für Deinen Hinweis, Leon. In der Tat ist die Terminologie bei den Antragsdelikten nicht ganz einheitlich. Einig ist man sich insoweit noch, dass Delikte die nur verfolgbar sind, sofern der Verletzte einen Strafantrag stellt "absolute Antragsdelikte" heißen. Teilweise wird dann nicht mehr weiter differenziert und alle anderen Delikte als "relative" Antragsdelikte qualifiziert (zB Böhme/Laumann, Strafantragsrecht, JuS 2016, 234). Verbreiteter ist aber auch noch eine weitere Unterteilung in bedingte Antragsdelikte (bzw. eingeschränkte Antragsdelikte / relative Offizialdelikte) und relative Antragsdelikte (vgl. Mitsch, in: MüKo-StGB, 4.A. 2020, vor § 77 RdNr.2;Bosch, in: Schönke/Schröder-StGB, 30.A.2019, § 77 RdNr. 1 ff.; Heintschel-Heinegg, BeckOK-StGB, 01.05.2021, B.Antragsdelikte, RdNr. 4; Bosch, Der Strafantrag, Jura 2013, 47;). Eben diese feinere Unterteilung liegt der Aufgabe zugrunde. Worin besteht hier nun der genaue Unterschied? Wie in der Aufgabe erläutert, sind die bedingten Antragsdelikte diejenigen, die man sonst unter der Bezeichnung "relatives Antragsdelikt" kennt, d.h. diejenigen bei denen die Staatsanwaltschaft durch Bejahung des besonderen öffentlichen Interesses den Strafantrag ersetzen kann. Was ist aber dann das relative Antragsdelikt? Hierunter werden Delikte verstanden, die nur aufgrund einer besonderen Beziehung des Täters zu einem Antragsdelikt mutieren, sie sind also nur "relativ" im Hinblick auf diese Beziehung Antragsdelikte, aber im Grundsatz Offizialdelikte. Deren Zahl ist tatsächlich relativ überschaubar. Ein bekanntes Beispiel ist der Haus- und Familiendiebstahl (§ 247 StGB). Denn der Diebstahl an sich ist ein Offizialdelikt. Nur in dem Fall, dass der Diebstahl durch einen Angehörigen, Vormund, Betreuer verletzt wird, wird er zum Antragsdelikt. Aus diesem Grund sprechen eine Reihe von Autoren nur in diesem Fall von "relativen" Antragsdelikten. (vgl. Mitsch, in: MüKo-StGB, 4.A. 2020, vor § 77 RdNr.2;Bosch, in: Schönke/Schröder-StGB, 30.A.2019, § 77 RdNr. 1 ff.; Heintschel-Heinegg, BeckOK-StGB, 01.05.2021, B.Antragsdelikte, RdNr. 4; Bosch, Der Strafantrag, Jura 2013, 47;) Praktische Auswirkungen hat diese terminologische Differenzierung aber nicht. Wir nehmen aber gerne einen entsprechenden Hinweis in die Aufgabe mit auf. Beste Grüße, Lukas- für das Jurafuchs-TeamVielen Dank für Deinen Hinweis, Leon. In der Tat ist die Terminologie bei den Antragsdelikten nicht ganz einheitlich. Einig ist man sich insoweit noch, dass Delikte die nur verfolgbar sind, sofern der Verletzte einen Strafantrag stellt "absolute Antragsdelikte" heißen. Teilweise wird dann nicht mehr weiter differenziert und alle anderen Delikte als "relative" Antragsdelikte qualifiziert (zB Böhme/Laumann, Strafantragsrecht, JuS 2016, 234). Verbreiteter ist aber auch noch eine weitere Unterteilung in bedingte Antragsdelikte (bzw. eingeschränkte Antragsdelikte / relative Offizialdelikte) und relative Antragsdelikte (vgl. Mitsch, in: MüKo-StGB, 4.A. 2020, vor § 77 RdNr.2;Bosch, in: Schönke/Schröder-StGB, 30.A.2019, § 77 RdNr. 1 ff.; Heintschel-Heinegg, BeckOK-StGB, 01.05.2021, B.Antragsdelikte, RdNr. 4; Bosch, Der Strafantrag, Jura 2013, 47;). Eben diese feinere Unterteilung liegt der Aufgabe zugrunde. Worin besteht hier nun der genaue Unterschied? Wie in der Aufgabe erläutert, sind die bedingten Antragsdelikte diejenigen, die man sonst unter der Bezeichnung "relatives Antragsdelikt" kennt, d.h. diejenigen bei denen die Staatsanwaltschaft durch Bejahung des besonderen öffentlichen Interesses den Strafantrag ersetzen kann. Was ist aber dann das relative Antragsdelikt? Hierunter werden Delikte verstanden, die nur aufgrund einer besonderen Beziehung des Täters zu einem Antragsdelikt mutieren, sie sind also nur "relativ" im Hinblick auf diese Beziehung Antragsdelikte, aber im Grundsatz Offizialdelikte. Deren Zahl ist tatsächlich relativ überschaubar. Ein bekanntes Beispiel ist der Haus- und Familiendiebstahl (§ 247 StGB). Denn der Diebstahl an sich ist ein Offizialdelikt. Nur in dem Fall, dass der Diebstahl durch einen Angehörigen, Vormund, Betreuer verletzt wird, wird er zum Antragsdelikt. Aus diesem Grund sprechen eine Reihe von Autoren nur in diesem Fall von "relativen" Antragsdelikten. (vgl. Mitsch, in: MüKo-StGB, 4.A. 2020, vor § 77 RdNr.2;Bosch, in: Schönke/Schröder-StGB, 30.A.2019, § 77 RdNr. 1 ff.; Heintschel-Heinegg, BeckOK-StGB, 01.05.2021, B.Antragsdelikte, RdNr. 4; Bosch, Der Strafantrag, Jura 2013, 47;) Praktische Auswirkungen hat diese terminologische Differenzierung aber nicht. Wir nehmen aber gerne einen entsprechenden Hinweis in die Aufgabe mit auf. Beste Grüße, Lukas- für das Jurafuchs-Team
FML
18.11.2021, 17:33:43
Wie von Leon schon geschrieben wurde, ist bei Frage 2 die falsche Antwort als richtig dargestellt. Bitte behebt das. :)

Lukas_Mengestu
18.11.2021, 18:20:04
Danke FML, in der Tat habt ihr hier einen Punkt, dass man teilweise diese feine Differenzierung nicht vornimmt. Wir haben das als Hinweis nun in die Aufgabe mit aufgenommen. Da aber eine Reihe von Kommentaren und Autoren ((vgl. Mitsch, in: MüKo-StGB, 4.A. 2020, vor § 77 RdNr.2;Bosch, in: Schönke/Schröder-StGB, 30.A.2019, § 77 RdNr. 1 ff.; Heintschel-Heinegg, BeckOK-StGB, 01.05.2021, B.Antragsdelikte, RdNr. 4; Bosch, Der Strafantrag, Jura 2013, 47;) ) diese Einteilung vornimmt (wenn auch teilweise mit noch anderen Begriffen für das bedingte Antragsdelikte, zB relatives Offizialdelikt oder eingeschränktes Antragsdelikt) und diese aus unserer Sicht auch genauer ist, haben wir die Aufgabe im Übrigen so belassen. Beste Grüße, Lukas - für das Jurafuchs-Team
Rozaa
19.6.2023, 13:19:13
Könntet ihr die Unterscheidung noch in das Kapitel Strafantrag hinzufügen bitte? Dort wird nur zwischen absolutem und relativem Antrag unterschieden.

Lukas_Mengestu
19.6.2023, 14:35:32
Lieben Dank für den Hinweis, Rozaa! Wir haben die Ausführungen auch dort ergänzt! Beste Grüße, Lukas - für das Jurafuchs-Team