+++ Sachverhalt (reduziert auf das Wesentliche)

Jurafuchs

L vergisst infolge eines Elterngesprächs, dass sie Pausenaufsicht hat. Kollege K erinnert sie. Da die Pause nur noch 5 Min dauert, bleibt L im Lehrerzimmer. In den letzten Minuten der Pausenzeit verletzt sich O auf dem Pausenhof.

Einordnung des Falls

Regress

Die Jurafuchs-Methode schichtet ab: Das sind die 3 wichtigsten Rechtsfragen, die es zu diesem Fall zu verstehen gilt

1. Indem L ihre Pausenaufsicht vergessen hat, hat sie grob fahrlässig ihre Aufsichtspflicht verletzt.

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Nein, das trifft nicht zu!

Das Vergessen einer Aufsicht stellt eine Aufsichtspflichtverletzung dar. Welches Maß an Verschulden dem zugrunde liegt, ist im Einzelfall zu prüfen: Ein schlichtes Vergessen wird in der Regel nur einfache Fahrlässigkeit darstellen, besonders wenn L z.B. durch ein spontanes Elterngespräch oder Ähnliches abgelenkt wurde.

2. Indem L die Pausenaufsicht in den letzten 5 Min nicht ausgeführt hat, hat sie grob fahrlässig ihre Aufsichtspflicht verletzt.

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Ja!

Ab dem Moment, in dem K der L ihre Pausenaufsicht in Erinnerung ruft, und L die Pausenaufsicht nicht ausführt, verletzt sie mindestens grob fahrlässig, wenn nicht sogar vorsätzlich ihre Aufsichtspflicht. Die Abgrenzung zwischen grober Fahrlässigkeit und der einfachsten Form des Vorsatzes (bedingter Vorsatz) kann mittels einer Faustformel erfolgen: Hat sich L gesagt „Es wird schon gut gehen“, war es noch grobe Fahrlässigkeit, hat sie sich aber „Und wenn schon“ gesagt, war es bedingter Vorsatz. Für ihre persönliche Haftung macht es aber keinen Unterschied, ob sie grob fahrlässig oder vorsätzlich handelt.

3. Wenn O das Bundesland in Anspruch nimmt, kann das Bundesland die L in Regress nehmen.

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Genau, so ist das!

Da L grob fahrlässig gehandelt hat, hat O die Wahl, ob er das Bundesland oder die L in Anspruch nimmt. In der Regel wird O aber das Bundesland in Anspruch nehmen, weil es der bessere Schuldner ist (das Land kann als Gebietskörperschaft des öffentlichen Rechts nie in Insolvenz gehen). Wenn das Land Ersatz leisten muss, kann es L persönlich in Regress nehmen gemäß § 48 BeamtStG (wenn sie Beamtin ist) oder § 3 Abs. 7 des Tarifvertrags für den öffentlichen Dienst der Länder (wenn sie Angestellte ist).

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