Fernwirkung von Verwertungsverboten
+++ Sachverhalt (reduziert auf das Wesentliche)
G hat ein Kind entführt. Nach drei Tagen wird er vorläufig festgenommen. Bei der Vernehmung weigert er sich auszusagen. Weil die Zeit drängt, droht Polizist P dem G mit Folter, wenn er nicht verrät, wo das Kind ist. Daraufhin verrät G den Fundort der Leiche.
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Einordnung des Falls
Fernwirkung von Verwertungsverboten
Die Jurafuchs-Methode schichtet ab: Das sind die 2 wichtigsten Rechtsfragen, die es zu diesem Fall zu verstehen gilt
1. Die Aussage ist verwertbar.
Nein, das ist nicht der Fall!
Jurastudium und Referendariat.
2. Die Leiche darf ausgegraben und gegen G als Beweismittel verwendet werden.
Ja, in der Tat!
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Fragen und Anmerkungen aus der Jurafuchs-Community
Tr(u)mpeltier junior
16.1.2021, 00:48:21
Moin zusammen, kann es sein, dass das Datum der Entscheidung etwas verrutscht ist. Der Fall erinnert stark an den daschner Prozess, der ist aber von Anfang der 2000er (vgl. https://jura-online.de/blog/2018/01/03/daschner-prozess/). Lief kürzlich auch als schirach Verfilmung im ZDF (unter Feinden).
t o m m y
16.1.2021, 06:28:06
hm, bei gaefgen gings ja weniger wirklich um die
fernwirkungals solche + da war schon alles geklaert, und bei daschner gings gar nicht mehr um BVV. in der zitierten entscheidung gehts aber ganz speziell um die (dort vom bgh abgelehnte)
fernwirkungiSd fruit of the poisonous tree
Tr(u)mpeltier junior
16.1.2021, 17:52:11
Da hast du natürlich recht. War nur etwas irritiert, als ich auf dem angegebenen link einen völlig anderen Sachverhalt sowie nix zur Folter fand. Aber wenn der Fokus hier allein auf der
fernwirkungliegen soll, passt das :)
Juramaus
14.12.2022, 12:31:57
Eine Frage zur
Fortwirkung: Die erste Aussage des G ist nicht verwertbar. Eine zweite Aussage vor einer Ermittlungsrichterin wäre aber verwertbar, vorausgesetzt G wird qualifiziert belehrt, oder nicht? Wie ist das mit der Befragung der Ermittlungsrichterin im HV? Und wäre die Aussage der Ermittlungsrichterin von der Fort- oder
Fernwirkungbetroffen?
FW
26.9.2024, 11:11:39
Hi, Das Argument, dass ja nicht das gesamte Ermittlungsverfahren lahmgelegt werden darf, überzeugt mich nicht. Gerade durch diese Rechtsprechung wird ja den Strafverfolgungs
behörden die Tür zur Anwendung von Vernehmungsverboten geöffnet, weil sie zumindest mittelbar Informationen gewinnen können. Auch die Kausalität ist hier m.E. eindeutig, da der Fund einer Leiche ohne das Wissen des Täters ziemlich schwierig sein kann ( man denke an den Fall Rebecca Reusch aus Berlin). Zu guter letzt müssen doch auch das fair-trial Prinzip und der neme tenetur Grundsatz. Letztendlich hat nämlich der Herr Gäfgen an seiner Überführung mitgewirkt. Und dieses Vorgehen der Polizei würde ich rein rechtlich betrachtet nicht unbedingt als „faires Verfahren“ beurteilen. Menschlich absolut nachvollziehbar, rechtlich jedoch schwer begründbar.