+++ Sachverhalt (reduziert auf das Wesentliche)
Frauchen B gibt ihren Pudel „Teddy“ für eine Sommerfrisur zu U‘s Hundesalon „Pudelwohl“. Beim Frisieren stirbt Teddy aufgrund einer unerkannten Krankheit. Keiner hätte die Krankheit erkennen oder den Tod verhindern können.
Einordnung des Falls
Gefahrtragung für den vom Besteller gelieferten Stoff, Sachgefahr
Die Jurafuchs-Methode schichtet ab: Das sind die 7 wichtigsten Rechtsfragen, die es zu diesem Fall zu verstehen gilt
1. B und U haben einen Werkvertrag geschlossen.
Genau, so ist das!
Durch einen Werkvertrag verpflichtet sich der Unternehmer, dem Besteller gegen Entgelt ein Werk herzustellen oder einen sonstigen Erfolg herbeizuführen (§ 631 Abs. 1 BGB).U hat sich verpflichtet, den Pudel das Fell zu frisieren. Die Frisur des Pudels ist der geschuldete Erfolg. Ob es sich dabei entsprechend § 90a BGB um die Veränderung einer Sache oder einen sonstigen Erfolg handelt, ist nicht entscheidend.
2. Bis zum Gefahrübergang trägt U die Leistungs- und Vergütungsgefahr.
Ja, in der Tat!
Der Werkunternehmer trägt bis zum Gefahrübergang sowohl die Leistungs- als auch die Vergütungsgefahr. Leistungsgefahr betrifft die Frage, ob bei einer zufälligen Erschwerung der Leistung der Schuldner den Mehraufwand zu erbringen hat oder der Gläubiger sein Forderungsrecht ganz oder teilweise verliert. Die Vergütungsgefahr (=Gegenleistungsgefahr) betrifft die Frage, ob beim Untergang der Leistung der Gläubiger die Gegenleistung dennoch erbringen muss oder der Schuldner seinen Anspruch auf die Gegenleistung verliert.Friseur U ist Werkunternehmer des Werkvertrags.
3. Bei Abnahme oder Annahmeverzug bezüglich der Abnahme geht die Leistungs- und Vergütungsgefahr auf den Besteller über.
Ja!
Die Gefahr geht auf den Besteller über, wenn er das Werk abnimmt oder mit der Abnahme in Annahmeverzug gerät (§ 644 Abs. 1 S. 1-2 BGB). Frauchen B hat das Werk – Teddys neue „Frisur“ – nicht abgenommen. Am Annahmeverzug fehlt es allein schon deshalb, weil das Werk noch nicht „fertig“ und damit abnahmefähig war.
4. Die Gefahrtragung für den vom Besteller gelieferten Stoff nennt sich Sachgefahr.
Genau, so ist das!
Die Sachgefahr ist das Risiko des zufälligen Untergang und der zufälligen Verschlechterung des vom Besteller gelieferten Stoffs. Stoff sind dabei alle Sachen, an und mit denen das Werk hergestellt ist. Dazu zählen auch Gegenstände, die nur der Einwirkung des Unternehmers ausgesetzt sind, zum Beispiel eine Auffahrt, die mit einem Bagger befahren werden muss. Die Sachgefahr trägt immer der Besteller (§ 644 Abs. 1 S. 3 BGB). Sie stellt damit klar, dass der Unternehmer zwar die Gefahr für sein Werk trägt, nicht jedoch für den Gegenstand, an dem das Werk herzustellen ist.
5. Friseur U trägt die Sachgefahr für Teddy. Er schuldet B daher einen neuen Hund.
Nein, das trifft nicht zu!
Für den zufälligen Untergang und die zufällige Verschlechterung des vom Besteller gelieferten Stoffes (=Sachgefahr) ist der Unternehmer nicht verantwortlich (§ 644 Abs. 1 S. 3 BGB). Stoff sind dabei alle Sachen, an und mit denen das Werk hergestellt wird.Teddy wurde von B zum Frisieren gebracht. An ihm ist der Schnitt und damit das Werk auszuführen. Teddys Tod ist weder von B noch von U zu vertreten. Der Untergang des Stoffs ist damit zufällig. Die Sachgefahr stellt demnach klar, dass sich die Gefahrtragung nicht auf die Sache bezieht.
6. Frauchen B trägt die Sachgefahr.
Ja!
Für den zufälligen Untergang und die zufällige Verschlechterung des vom Besteller gelieferten Stoffes (=Sachgefahr) ist der Unternehmer nicht verantwortlich (§ 644 Abs. 1 S. 3 BGB). Demnach trägt die Sachgefahr immer der Besteller.
7. Friseur U muss Teddy immer noch das Fell schneiden.
Nein, das ist nicht der Fall!
Ursprünglich hatte U aus dem Werkvertrag die Pflicht, den Hund zu frisieren (vgl. § 631 Abs. 1 BGB). Der Erfolg sollte an Teddy ausgeführt werden, er ist damit das Leistungssubstrat. Teddy ist gestorben, das Leistungssubstrat damit untergegangen. Das ist ein Fall der objektiven Unmöglichkeit (§ 275 Abs. 1 Alt. 2 BGB BGB). U ist damit von seiner Leistungspflicht befreit.