Vornahme der tatbestandlichen Ausführungshandlung (unproblematisch)


+++ Sachverhalt (reduziert auf das Wesentliche)

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Klassisches Klausurproblem

T sticht mit einem langen Messer auf O ein, um ihn zu töten. O überlebt schwer verletzt.

Einordnung des Falls

Vornahme der tatbestandlichen Ausführungshandlung (unproblematisch)

Die Jurafuchs-Methode schichtet ab: Das sind die 4 wichtigsten Rechtsfragen, die es zu diesem Fall zu verstehen gilt

1. T hat sich wegen Totschlags (§ 212 Abs. 1 StGB) strafbar gemacht.

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Nein!

Wegen Totschlags wird bestraft, wer einen Menschen tötet (§ 212 Abs. 1 StGB). O ist nicht tot, sodass allenfalls eine Versuchsstrafbarkeit in Frage kommt.

2. T hat einen „Tatentschluss“ zur Tötung des O (§ 212 Abs. 1 StGB) gefasst.

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Genau, so ist das!

Tatentschluss ist der subjektive Tatbestand des Versuchs. Er umfasst den auf alle objektiven Tatbestandsmerkmale gerichteten Vorsatz sowie sonstige subjektive Tatbestandsmerkmale. Der Täter hat Tatentschluss, wenn er endgültig entschlossen ist, den Deliktstatbestand zu verwirklichen. Bloße Tatgeneigtheit genügt nicht. T war so endgültig zur Tötung entschlossen, dass er bereits mit Tötungsvorsatz zugestochen hat.

3. T hat zur Verwirklichung der Tötung des O „unmittelbar angesetzt“ (§ 22 StGB).

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Ja, in der Tat!

Das objektive Tatbestandselement des Versuchs liegt im unmittelbaren Ansetzen zur Tatbestandsverwirklichung (§ 22 StGB). Das unmittelbare Ansetzen liegt vor, wenn der Täter subjektiv die Schwelle des „Jetzt-geht-es-los“ überschreitet und objektiv – unter Zugrundelegung seiner Vorstellung – Handlungen vornimmt, die bei ungestörtem Fortgang ohne wesentliche Zwischenschritte zur Tatbestandsverwirklichung führen oder mit ihr in unmittelbarem räumlichen und zeitlichen Zusammenhang stehen. Indem T auf O eingestochen hat, hat er bereits mit der tatbestandlichen Ausführungshandlung selbst begonnen. Es bedarf keiner weiteren Zwischenakte mehr, um den tatbestandlichen Erfolg (Tod des O) zu erfüllen.

4. Der Versuch eines Totschlags (§ 212 Abs. 1 StGB) ist strafbar.

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Ja, in der Tat!

Der Versuch eines Verbrechens ist stets strafbar, der Versuch eines Vergehens nur dann, wenn das Gesetz es ausdrücklich bestimmt (§ 23 Abs. 1 StGB). Verbrechen sind im im Mindestmaß mit einer Freiheitsstrafe von einem Jahr bedroht (§ 12 Abs. 1 StGB). Bei einem Totschlag beträgt die Freiheitsstrafe nicht unter fünf Jahre, sodass es sich um ein Verbrechen handelt.

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SSC

Stefanie Schubert

22.7.2022, 23:15:32

Was ist mit dem 3. Definitionsmerkmal: Das Rechtsgut aus Sicht des Täter konkret gefährdet ist?

Lukas_Mengestu

Lukas_Mengestu

27.7.2022, 19:32:01

Hallo Stefanie, hier müsstest Du mir ein wenig auf die Sprünge helfen. Ein 3. Definitionsmerkmal gibt es für die Feststellung des "unmittelbaren Ansetzens" eigentlich nicht. Die konkrete Gefährdung des Rechtsguts ergibt sich bereits daraus, dass objektiv keine wesentlichen Zwischenschritte mehr vorliegen, um die Tat zu vollenden. Beste Grüße, Lukas - für das Jurafuchs-Team

AK

Alex Ko

19.4.2024, 18:31:56

Ich hatte mir mit der Zeit folgende Definition angeeignet: - subjektiv - wenn die Schwelle zum Jetzt-geht-es-los" überschritten ist und - objektiv - die Gefährdung eines geschützten Rechtsguts bereits unmittelbar bevorsteht Dabei hatte ich immer im Hinterkopf, dass das Kriterium "keine wesentlichen Zwischenschritte" zu unbestimmt sei. Die konkrete Rechtsgutsgefährdung kennt man immerhin aus einigen Tatbeständen, weswegen man m.E. nach damit in der Klausur gut etwas anfangen kann. Laut Kaiser seien beides zusätzlich neben "zeitliche und räumliche Nähe zu Tatbestandsverwirklichung" Kriterien für die Bestimmung der objektiven Seite des unmittelbaren Ansetzen. Dort heißt die objektive Seite "Übergang zur Tatbestandserfüllung". Daraus folgt wohl: In der Klausur wird vieles vertretbar sein.

🦊²

🦊²

6.1.2023, 17:49:07

Hi, vielleicht könnte man die Definitionen zum Tatentschluss und dem unmittelbaren Ansetzen in einem gesonderten - wie üblich im Strafrecht - Level als Defintionenabfrage zeitnah zur Verfügung stellen! :-) Liebe Grüße


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