Pflichten des Bestellers: 1. Vergütungspflicht, Kostenvoranschlag


leicht

Diesen Fall lösen 82,8 % der 15.000 Nutzer:innen unseres digitalen Tutors "Jurafuchs" richtig.

Jurafuchs 7 Tage kostenlos testen und tausende Fälle wie diesen selbst lösen.
Erhalte uneingeschränkten Zugriff alle Fälle und erziele Spitzennoten in
Jurastudium und Referendariat.

+++ Sachverhalt (reduziert auf das Wesentliche)

Jurafuchs

B lässt sich von der Fensterhandwerkerin U zu einem Wintergartenanbau beraten. U erstellt einen Kostenvoranschlag. Sie einigen sich auf €30.000. U stellt den Kostenvoranschlag zusätzlich mit €2.000 in Rechnung.

Einordnung des Falls

Pflichten des Bestellers: 1. Vergütungspflicht, Kostenvoranschlag

Die Jurafuchs-Methode schichtet ab: Das sind die 5 wichtigsten Rechtsfragen, die es zu diesem Fall zu verstehen gilt

1. B ist verpflichtet, die vereinbarte Vergütung zu bezahlen (§ 631 Abs. 1 BGB).

Ja!

Der Besteller eines Werkvertrags hat die vereinbarte Vergütung zu entrichten (§ 631 Abs. 1 BGB). Der Anbau des Wintergartens ist ein geschuldeter Erfolg. Es liegt ein Werkvertrag vor. B und U haben sich über €30.000 geeinigt.

2. B muss auch den Kostenvoranschlag bezahlen (§ 631 Abs. 1 BGB).

Nein, das ist nicht der Fall!

Der Besteller hat die vereinbarte Vergütung zu entrichten (§ 631 Abs. 1 BGB). B und U haben sich nicht über die Bezahlung des Kostenvoranschlags geeinigt. Im Zweifel ist ein Kostenvoranschlag nicht zu vergüten (§ 632 Abs. 3 BGB).

3. U kann solange den Bau verweigern, bis B die Vergütung gezahlt hat.

Nein, das trifft nicht zu!

Die Vergütung wird grundsätzlich erst mit Abnahme fällig (§ 641 Abs. 1 S. 1 BGB). Abnahme ist die körperliche Entgegennahme des Werkes unter Billigung als im Wesentlichen vertragsgemäß. Der Werkunternehmer muss daher mit dem Werk in Vorleistung gehen.

4. U muss grundsätzlich mit dem Bau in Vorleistung gehen.

Ja!

Die Vergütung wird grundsätzlich erst mit Abnahme fällig (§ 641 Abs. 1 S. 1 BGB). Der Werkunternehmer muss daher grundsätzlich in Vorleistung gehen. Der Werkunternehmer kann für in sich abgeschlossene Teile des Werkes oder für angefertigte oder angelieferte Baustoffe Abschlagszahlungen verlangen (§ 632a BGB). Bei Materialien muss der Besteller Eigentum oder entsprechende Sicherheit erlangt haben (§ 632a Abs. 1 S. 6 BGB).

5. U muss den Wintergarten bauen und ihn von B abnehmen lassen. Erst dann kann sie die gesamte Vergütung verlangen.

Genau, so ist das!

Die gesamte Vergütung wird grundsätzlich erst mit Abnahme fällig (§ 641 Abs. 1 S. 1 BGB). Abnahme ist die körperliche Entgegennahme des Werkes unter Billigung als im Wesentlichen vertragsgemäß. Ist der Besteller im Besitz des Werkes beschränkt sich die Abnahmepflicht auf die Billigung als im Wesentlichen vertragsgemäß. B muss den Wintergarten daher zunächst als im Wesentlichen vertragsgemäß anerkennen.

Jurafuchs kostenlos testen


Isabell

Isabell

5.10.2021, 18:55:02

Wie passt die letzte Frage mit der Möglichkeit der Abschlagszahlungen nach § 632a BGB zusammen?

Lukas_Mengestu

Lukas_Mengestu

6.10.2021, 12:18:14

Hallo Isabell, die Frage war an dieser Stelle in der Tat etwas ungenau. Denn wie Du zurecht einwendest, besteht ja die Möglichkeit sich schon während des Baus Abschlagszahlungen auszahlen zu lassen. Auch diese müssen indes nur für erfolgte und mangelfreie Leistungen erbracht werden (zB Aufstellung der Seitenwände, Anbringung der Dachkonstruktion...). Wir haben die Frage nun überarbeitet, danke Dir :) Beste Grüße, Lukas - für das Jurafuchs-Team

Artur Schönhals

Artur Schönhals

20.10.2023, 14:32:22

Wie würde der Fall aussehen, wenn der Besteller das Werk nicht selbst, sondern etwa durch einen Erfüllungsgehilfen oder im Rahmen der Stellvertretung oder per FaceTime abnimmt ? Ist die Voraussetzungen ,,körperlich“ in der Abnahme hier erfüllt ?

LELEE

Leo Lee

21.10.2023, 13:28:00

Hallo Schönhals, zu der ersten Frage: Da die Abnahme zumindest eine rechtsgeschäftsähnliche Handlung ist, können hierauf (zumindest) die Stellvertretungsvorschriften analog Anwendung finden. Somit wäre es in der Tat möglich, dass der Besteller sich vertreten lässt. Die zweite Frage würde bereits daran scheitern, dass § 640 BGB von einer Körperlichkeit spricht, mit Ausnahme von unkörperlichen Werken (wie etwa Software oder Theateraufführungen). Ansonsten ist es nötig, dass man quasi „vor Ort“ das Werk entgegennimmt. Dies ist auch sinnvoll, denn der § 640 BGB soll allen voran dem Besteller die Chance geben, vorab zu schauen, ob vielleicht etwas „schief gelaufen“ ist (dann kann er bereits die Abnahme verweigern und hat dann rechtliche weniger Stress). Hierzu kann ich dir die Lektüre von MüKo-BGB 9. Auflage, Schuber § 164 Rn. 99 und Busche § 640 Rn. 3 ff. sehr empfehlen :). Liebe Grüße – für das Jurafuchsteam – Leo


© Jurafuchs 2024