Vorläufige Festnahme nach § 127 Abs. 2 StPO


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Der im Ausland fest verwurzelte bekannte Rapper X raubt nachts mit einer Panzerfaust bewaffnet einen Geldtransporter aus und flieht. Als X einige Stunden später auf der Autobahn Richtung Tschechien unterwegs ist, erkennt ihn der Polizist P. Er kann X kurz vor der tschechischen Grenze stoppen und ergreifen.

Einordnung des Falls

Vorläufige Festnahme nach § 127 Abs. 2 StPO

Die Jurafuchs-Methode schichtet ab: Das sind die 3 wichtigsten Rechtsfragen, die es zu diesem Fall zu verstehen gilt

1. P darf X nach § 127 Abs. 1 StPO festnehmen.

Nein, das trifft nicht zu!

Bei Fluchtverdacht oder zur Sicherung der Identitätsfeststellung hat jedermann ein Festnahmerecht (§ 127 Abs. 1 StPO). Nach hM können sich auch Polizisten auf § 127 Abs. 1 StPO berufen. Voraussetzung dafür ist jedoch, dass der Täter auf frischer Tat betroffen oder verfolgt wird. Auf frischer Tat betroffen ist derjenige, der bei Begehung einer rechtswidrigen Tat oder unmittelbar danach am Tatort oder in dessen unmittelbarer Nähe gestellt wird. Die Tat liegt hier schon einige Stunden zurück und ist nicht mehr frisch, sodass die Voraussetzungen des § 127 Abs. 1 StPO nicht vorliegen.

2. P darf X nach § 127 Abs. 2 StPO festnehmen.

Ja!

Staatsanwaltschaft und Polizei sind auch dann zur Festnahme berechtigt, wenn (1) die Voraussetzungen des Haftbefehls (dringender Tatverdacht, Haftgrund) vorliegen und (2) Gefahr im Verzug ist (§ 127 Abs. 2 StPO). Gefahr im Verzug liegt vor, wenn die richterliche Anordnung nicht mehr eingeholt werden kann, ohne dass die Festnahme gefährdet wird. Hier bestehen die hohe Wahrscheinlichkeit, dass X als Täter eine Straftat begangen hat (dringender Tatverdacht) und der Verdacht einer Flucht des X (Haftgrund). Ein weiteres Zuwarten auf einen Haftbefehl bei Nacht und kurz vor der Grenze zum Ausland würde die Festnahme gefährden.

3. X muss unverzüglich einem Richter vorgeführt werden.

Genau, so ist das!

Nach der Festnahme muss der Festgenommene unverzügliche – spätestens am Tag nach der Festnahme – dem Richter vorgeführt werden, sofern noch keine Freilassung erfolgt ist (§ 128 Abs. 1 StPO). Dabei dürfen Staatsanwaltschaft und Polizei jedoch die Frist voll ausschöpfen, um weitere Ermittlungen anzustellen. Der Richter entscheidet dann darüber, ob die Freilassung anzuordnen oder ob ein Haftbefehl zu erlassen ist (§ 128 Abs. 2 StPO). P muss den X unverzüglich einem Richter vorführen.

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AR

Arno

4.2.2021, 16:59:22

Ich finde bei der letzten Aufgabenstellung das "muss unverzüglich.." verwirrend, da der Wortlaut des § 128 I 1 StPO hier "unverzüglich, spätestens am nächsten Tag" hergibt. Oder gibt es dafür bestimmte Fälle, in denen es erlaubt ist, bis zum Tag nach der Festnahme, mit der Vorführung vor dem Richter zu warten, so das diese nur die absolute Ausnahme darstellen und die "sofortige Vorführung" den Regelfall darstellt?

Leon

Leon

23.8.2021, 18:48:58

Ich verstehe den Wortlaut des 128 I 1 StPO so, dass die Vorführung - grundsätzlich - "unverzüglich" zu erfolgen hat (vgl. Art. 104 II 2 GG), wohingegen "spätestens am nächsten Tag" die äußerste Frist bzw. Ausnahme darstellt (vgl. Art. 104 III 1 GG) , die nur ausgenutzt werden darf, wenn eine frühere Vorführung aus sachlichen Gründen nicht möglich ist (vgl. Meyer-Goßner, StPO, 128 Rn. 6.). Ein Beispiel für eine solche Ausnahme habe ich jedoch leider nicht parat 😅

Isabell

Isabell

6.4.2022, 13:31:15

Wenn der Richter im Bereitschaftsdienst gerade mit der Bearbeitung anderer Fälle beschäftigt ist. Er kann ja nicht an mehreren Stellen gleichzeitig sein ☺️

FABY

Faby

25.5.2023, 17:03:51

Soweit ich weiß, gibt es auch bestimmte Bearbeitungszeiten beim Haftrichter. In der Nacht gibt es also zum Beispiel nicht unbedingt Vorführungen vor den Haftrichter, sondern diese findet dann halt einfach am nächsten Tag statt.

James Morgan McGill

James Morgan McGill

5.10.2022, 17:25:05

Eine Frage bleibt: Wo ist das Gold?

ABI

Abi

28.7.2023, 19:02:18

In Dubai :)


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