Brett des Karneades
+++ Sachverhalt (reduziert auf das Wesentliche)
T und O sind schiffbrüchig. Ihre einzige Rettung ist ein umhertreibendes Brett, das jedoch nur eine Person tragen kann. T stößt O vom Brett und sichert sich die rettende Planke. T wird später gerettet. O ertrinkt.
Einordnung des Falls
Brett des Karneades
Die Jurafuchs-Methode schichtet ab: Das sind die 4 wichtigsten Rechtsfragen, die es zu diesem Fall zu verstehen gilt
1. Nach deutschem Recht ist es strafbar, einen Menschen zu töten.
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Ja!
2. Indem T den O vom Brett gestoßen hat, hat er ihn getötet (§ 212 Abs. 1 StGB).
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Genau, so ist das!
3. T hat O vorsätzlich getötet (§ 212 Abs. 1 StGB).
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Ja, in der Tat!
4. T wird bestraft wegen Totschlags (§ 212 Abs. 1 StGB).
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Nein!
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Juri
9.8.2020, 22:22:07
Schlagwort: „Brett des Karneades“ 😎
Christian Leupold-Wendling
3.9.2020, 10:23:36
Ganz genau! :)
Janis
20.8.2022, 12:12:43
Aber dadurch das es auf hoher See passiert ist kann T deswegen nicht mehr bestraft werden, oder?
Nora Mommsen
21.8.2022, 17:21:43
Hallo Janis, willkommen im Jurafuchs-Forum. Über die Gerichtsbarkeit könnte man tatsächlich streiten. Aber auch gewisse Gebiete im Meer gehören ja noch zum deutschen Staatsgebiet und sind damit "Inland" i.S.d. § 3 StGB. Aus § 3 StGB ergibt sich die Geltung des deutschen Strafrechts für das Inland und für weitere Fälle aus den §§ 4 ff. StGB. So gilt zum Beispiel gem. § 7 Abs. 1, 2 StGB das deutsche Strafrecht für Taten, die im Ausland gegen einen Deutschen oder von einem Deutschen verübt werden wenn die Tat am Tatort mit Strafe bedroht ist oder der Tatort keiner Strafgewalt unterliegt. Die Tötung eines anderen Menschen wird in den meisten Ländern der Welt mit Straf bedroht sein. Wenn es tatsächlich "auf hoher See" außerhalb jeder Staatlichkeit geschieht, greift auch deutsches Strafrecht. Viele Grüße, Nora - für das Jurafuchs-Team
Pilea
6.1.2023, 11:29:51
Ich hab diesen Fall mit mehreren Nichtjurist:innen aus meinem Umfeld besprochen, und alle brauchten noch einen Satz mehr zur Begründung, warum dieser Sachverhalt nicht unter Notwehr/Rechtfertigung fällt. Vielleicht könnt ihr das noch in die Antwort reinnehmen.
LENS
7.8.2023, 12:08:15
Notwehr gibt es nur gegen einen gegenwärtigen, rechtswidrigen Angriff (vgl. 32 StGB). Hier wurde der T aber nicht vom O angegriffen.