Verpflichtung zur Inobhutnahme (§ 42 SGB VIII) bei Bitte, formelle und inhaltliche Anforderungen


+++ Sachverhalt (reduziert auf das Wesentliche)

Jurafuchs

Sarah (16 Jahre) hält es bei ihren Eltern nicht mehr aus. Sie begibt sich zum Notdienst des Jugendamtes und bittet - ohne Gründe zu nennen - darum, die nächste Nacht bleiben zu können.

Einordnung des Falls

Verpflichtung zur Inobhutnahme (§ 42 SGB VIII) bei Bitte, formelle und inhaltliche Anforderungen

Die Jurafuchs-Methode schichtet ab: Das sind die 3 wichtigsten Rechtsfragen, die es zu diesem Fall zu verstehen gilt

1. Das Jugendamt ist verpflichtet, einen Minderjährigen in Obhut zu nehmen, wenn dieser darum bittet (§ 42 Abs. 1 S. 1 Nr. 1 SGB VIII).

Diese Rechtsfrage lösen [...Wird geladen] der Jurist:innen in Studium und Referendariat richtig.

...Wird geladen

Ja!

§ 42 SGB VIII sieht drei unterschiedliche Fallgruppen vor, die Anlass für eine Inobhutnahme geben: (1) wenn ein Minderjähriger um die Inobhutnahme bittet (§ 42 Abs. 1 S. 1 Nr. 1 SGB VIII), (2) eine dringende Gefahr für das Wohl des Minderjährigen die Inobhutnahme erfordert (§ 42 Abs. 1 S. 1 Nr. 2 SGB VIII) oder (3) wenn ausländische Minderjährige unbegleitet nach Deutschland kommen (§ 42 Abs. 1 S. 1 Nr. 3 SGB VIII).Hier hat S um die Inobhutnahme gebeten. Diese sogenannte Selbstmeldung gehört zur ersten Fallgruppe.

2. Sarah muss ihre Bitte um Inobhutnahme schriftlich formulieren und begründen.

Diese Rechtsfrage lösen [...Wird geladen] der Jurist:innen in Studium und Referendariat richtig.

...Wird geladen

Nein, das ist nicht der Fall!

Die Bitte um Inobhutnahme bedarf keiner besonderen Form. Auch eine Begründung des Minderjährigen ist nicht notwendig. Das Jugendamt nimmt Sarah aufgrund ihrer Bitte auch ohne eine genaue Begründung in Obhut.

3. Wenn das Jugendamt Sarah in Obhut nimmt, bringt es sie vorübergehend in einer Bereitschaftspflegestelle, Jugenschutzstelle oder einer Gastfamilie unter.

Diese Rechtsfrage lösen [...Wird geladen] der Jurist:innen in Studium und Referendariat richtig.

...Wird geladen

Ja, in der Tat!

Inobhutnahme ist die vorläufige Unterbringung des Kindes oder Jugendlichen. Die Dauer der Unterbringung richtet sich nach dem konkreten Einzelfall. Sie kann für einige Stunden, aber auch Tage erfolgen. In jedem Fall handelt es sich jedoch um eine kurzfristige, vorläufige Intervention. Die Inobhutnahme erfolgt bei einer geeigneten Person, in einer geeigneten Einrichtung oder in einer sonstigen Wohnform (§ 42 Abs. 1 S. 2 SGB VIII). Das können Bereitschaftspflegestellen, Gastfamilien, Kinder- und Jugendschutzstellen, Mädchenhäuser, Wohngemeinschaften, betreutes Einzelwohnen und auch einzelne geeignete Personen, wie Verwandte, sein.

Jurafuchs kostenlos testen

© Jurafuchs 2024