Fernabsatzvertrag - Abschluss übers Telefon

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+++ Sachverhalt (reduziert auf das Wesentliche)

Jurafuchs

K bekommt regelmäßig den Ottifanten Katalog der O-GmbH (O) geliefert. Telefonisch bestellt K bei O über deren Hotline eine todschicke Flügelmütze. Als sie ankommt, weißt ihn seine Freundin F darauf hin, dass diese bereits seit Ende der 90er out ist. Enttäuscht will K die Mütze zurückgeben.

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Einordnung des Falls

Fernabsatzvertrag - Abschluss übers Telefon

Die Jurafuchs-Methode schichtet ab: Das sind die 5 wichtigsten Rechtsfragen, die es zu diesem Fall zu verstehen gilt

1. Kann K von dem Kaufvertrag zurücktreten (§ 346 Abs. 1 BGB)?

Nein!

Durch den wirksamen Rücktritt wird der ursprüngliche Vertrag in ein Rückgewährschuldverhältnis umgewandelt und die Parteien müssen die jeweils empfangenen Leistungen und Nutzungen zurückgewähren (§ 346 Abs. 1 BGB). Ein wirksamer Rücktritt setzt (1) eine Rücktrittserklärung und (2) einen Rücktrittsgrund voraus. (3) Zudem darf der Rücktritt nicht ausgeschlossen sein.O hat durch die Lieferung der mangelfreien Flügelmütze ihre geschuldete Leistung erbracht. Damit fehlt es vorliegend an einem Rücktrittsgrund (§§ 437 Nr. 2, 323 BGB).
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2. K steht ein Widerrufsrecht zu, da es sich bei dem Kaufvertrag um einen Außergeschäftsraumvertrag handelt (§§ 312g, 312b Abs. 1 BGB).

Nein, das ist nicht der Fall!

Der außerhalb von Geschäftsräumen geschlossene Vertrag liegt vor, wenn er in einer der von § 312b Abs. 1 BGB genannten Situationen abgeschlossen wurde. Danach zählen hierzu in erster Linie Verträge, die bei gleichzeitiger Anwesenheit des Verbrauchers und des Unternehmers an einem Ort geschlossen werden, der kein Geschäftsraum ist (§ 312b Abs. 1 S. 1 Nr. 1 BGB).K und O befanden sich nicht an einem Ort (§ 312b Abs. 1 S. 1 Nr. 1 BGB), sondern schlossen den Vertrag telefonisch. Auch die übrigen Varianten des § 312b Abs. 1 BGB sind nicht einschlägig.

3. Bei dem Vertrag zwischen K und O könnte es sich aber um einen Fernabsatzvertrag iSv § 312c Abs. 1 BGB handeln.

Ja, in der Tat!

Die Voraussetzungen eines Fernabsatzvertrags sind: (1) Vertragsverhandlung und Vertragsschluss unter ausschließlicher Verwendung von Fernkommunikationsmitteln und (2) Vertragsschluss im Rahmen eines für den Fernabsatz organisierten Vertriebs- oder Dienstleistungssystems (§ 312c Abs. 1 BGB).

4. K und O haben den Kaufvertrag und die Verhandlung unter ausschließlicher Verwendung von Fernkommunikationsmitteln geschlossen.

Ja!

Die Voraussetzungen müssen kumulativ vorliegen. Erfolgen entweder die Vertragsverhandlungen oder der Vertragsschluss im Wege der Direktkommunikation, so liegt bereits kein Fernabsatzvertrag vor. Der Begriff des Fernkommunikationsmittels ist in § 312c Abs. 2 BGB legaldefiniert, als Kommunikationsmittel, das zur Anbahnung oder zum Abschluss eines Vertrages eingesetzt werden kann, ohne dass die Vertragsparteien gleichzeitig körperlich anwensend sind.Vorliegend erfolgten sowohl die Vertragsverhandlung sowie der Vertragsabschluss telefonisch und damit über ein Fernkommunikationsmittel.Die in § 312c Abs. 2 BGB genannten Beispiele sind nicht abschließend.

5. Der Vertragsschluss erfolgte im Rahmen eines für den Fernabsatz organisierten Vertriebs- oder Dienstleistungssystems.

Genau, so ist das!

Ob ein für den Fernabsatz organisiertes Vertriebs- oder Dienstleistungssystem besteht, bemisst sich danach, ob sich der Unternehmer personell, sachlich und organisatorisch darauf eingerichtet hat, regelmäßig Fernabsatzgeschäfte zu tätigen.O vertreibt ihre Produkte mittels Katalog und hat auch eine entsprechende Bestellhotline eingerichtet. Diese Einschränkung dient dazu, insbesondere kleinere Unternehmer vor den umfangreichen Informationspflichten des Fernabsatzvertrages (§ 312d BGB) zu schützen. Aus der negativen Formulierung „es sei denn“ folgt aber, dass der Unternehmer die Darlegungs- und Beweislast trägt, dass kein für den Fernabsatz organisiertes Vertriebs- oder Dienstleistungssystem vorliegt.
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