Zivilrecht

Schuldrecht Allgemeiner Teil

Verbraucherverträge über digitale Produkte (§ 327 ff. BGB)

Schadensersatz neben der Leistung (§§ 327i Nr. 3 Var. 1, 280 I BGB)

Schadensersatz neben der Leistung (§§ 327i Nr. 3 Var. 1, 280 I BGB)

22. November 2024

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leichtmittelschwer

+++ Sachverhalt (reduziert auf das Wesentliche)

Jurafuchs

Verbraucherin V kauft von Unternehmerin U eine Antivirensoftware. Es stellt ich heraus, dass die Software selbst mit einem Virus befallen ist. V muss deshalb ihren Computer neu aufsetzen. Dabei geht ihr auch ein E-Book verloren, welches sie für €10 gekauft hatte.

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Einordnung des Falls

Schadensersatz neben der Leistung (§§ 327i Nr. 3 Var. 1, 280 I BGB)

Die Jurafuchs-Methode schichtet ab: Das sind die 4 wichtigsten Rechtsfragen, die es zu diesem Fall zu verstehen gilt

1. V will eine neue, nicht virenbefallene Software. Sie hat einen Anspruch auf Nacherfüllung.

Genau, so ist das!

Voraussetzungen der Nacherfüllung sind (1) die Bereitstellung eines (2) digitalen Produkts, welches einen (3) Mangel aufweist und ein (4) Nacherfüllungsverlangen des Verbrauchers. Die Nacherfüllung ist bei objektiver oder subjektiver Unmöglichkeit ausgeschlossen (§ 327l Abs. 2 S. 1 BGB). Der Virenbefall der Software stellt eine Abweichung von den objektiven Anforderungen i.S.d. § 327e Abs. 3 S. 1 Nr. 2 BGB dar. Es liegt ein Mangel eines digitalen Produkts nach Bereitstellung vor. V hat bislang noch keine Nacherfüllung verlangt. Diese müsste sie nun noch fordern.
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2. Auch beim Schadensersatz trifft das Gewährleistungssystem der §§ 327 ff. BGB abschließende eigene Regelungen. Ein Rückgriff auf die §§ 280 ff. BGB ist nicht möglich.

Nein, das trifft nicht zu!

§ 327i Nr. 3 BGB stellt eine Rechtsgrundverweisung dar. Das bedeutet, dass neben den Voraussetzungen des § 327i Nr. 3 BGB (Mangel eines digitalen Produkts nach Bereitstellung) auch die Voraussetzungen der allgemeinen Regeln vorliegen müssen.Hierbei ist allerdings eine gesonderte Prüfung des Schuldverhältnisses und der Pflichtverletzung nicht nötig, da bereits ein Schuldverhältnis in Form des Verbrauchervertrags bzw. eine Pflichtverletzung in Form des Mangels festgestellt wurde.

3. Die Voraussetzungen des § 280 Abs. 1 BGB liegen hier vor.

Ja!

Die zusätzlich nötigen Voraussetzungen des § 280 Abs. 1 BGB sind das Vertretenmüssen und ein Schaden. Das Vertretenmüssen (§ 276 BGB) wird vermutet (vgl. § 280 Abs. 1 S. 2 BGB). V hat durch den Mangel ein Dokument verloren. Dieses hat €10 gekostet. Ihr ist also ein Schaden i.H.v. €10 entstanden. Die Voraussetzungen liegen vor.

4. V hat einen Anspruch auf Schadensersatz neben der Leistung (§§ 327i Nr. 3 Var. 1, 280 Abs. 1 BGB).

Genau, so ist das!

Voraussetzungen des Schadensersatzes neben der Leistung sind (1) das Vorliegen eines Mangel eines digitalen Produkts nach Bereitstellung und das (2) Vorliegen der Voraussetzungen des § 280 Abs. 1 BGB. Die Voraussetzungen liegen hier vor. V hat einen Schadensersatzanspruch gegen U i.H.v. €10. Daneben hat sie auch einen Anspruch auf Nacherfüllung.
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Fragen und Anmerkungen aus der Jurafuchs-Community

MDL

mdln.k

5.9.2024, 10:16:12

Hallo! Wäre das verlorene E-Book ein

Weiterfresserschaden

? Liebe Grüße

MDL

mdln.k

5.9.2024, 10:19:12

Einen

Mangelfolgeschaden

meinte ich, sorry :D

LELEE

Leo Lee

9.9.2024, 09:40:44

Hallo mdln.k, viele Dank für die sehr gute Frage! In der Tat könnte man hier den Verlust des E-Books unter dem Begriff

Mangelfolgeschaden

subsumieren, zumal wir uns bei 280 I befinden! Denn aufgrund des fehlerhaften Softwares geht das eigentliche Produkt verloren, was vergleichbar ist mit bspw. der zerstörte Parkettboden bei mangelhafter Waschmaschine, die "Wasser lässt". Hierzu kann ich i.Ü. die Lektüre vom MüKo-BGB 9. Auflage, Ernst § 281 Rn. 1 sehr empfehlen :)! Liebe Grüße – für das Jurafuchsteam – Leo

Sassun

Sassun

17.10.2024, 14:30:30

Könnte hier rein hypothetisch auch ein SE mit (§ 327i Nr. 3) §§ 280 I, 241 II konstruiert werden? Die PV wäre dann die Verletzung von Vs Interessen nach § 241 II Var. 3 (E-Book weder Recht noch Rechtsgut)?


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