Abgrenzung zu § 445a f. BGB

22. November 2024

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+++ Sachverhalt (reduziert auf das Wesentliche)

Jurafuchs

Händler H deckt sich bei Hersteller R mit Smartwatches ein. Eine dieser Smartwatches verkauft H an Verbraucherin V. Es stellt sich heraus, dass das Betriebssystem der Uhr mangelhaft ist. V verlangt Nacherfüllung.

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Einordnung des Falls

Abgrenzung zu § 445a f. BGB

Die Jurafuchs-Methode schichtet ab: Das sind die 4 wichtigsten Rechtsfragen, die es zu diesem Fall zu verstehen gilt

1. Bei der Smartwatch handelt es sich um eine Ware mit digitalen Elementen (vgl. § 327a Abs. 3 BGB).

Ja, in der Tat!

Eine Ware mit digitalen Elementen liegt vor bei einem Kaufvertrag über Waren, die in einer Weise digitale Produkte enthalten oder mit ihnen so verbunden sind, dass die Waren ihre Funktion ohne diese digitalen Produkte nicht erfüllen können. Das Betriebssystem der Uhr ist ein digitaler Inhalt i.S.d. § 327 Abs. 2 S. 1 BGB. Das System ist in der Smartwatch enthalten. V hat die Smartwatch samt Betriebssystem im Rahmen eines Kaufvertrags erworben (vertraglichen Element). Die Smartwatch kann ohne das Betriebssystem nicht funktionieren (funktionales Element). Es liegt eine Ware mit digitalen Elementen vor.
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2. Das Betriebssystem wird rechtlich getrennt von der Uhr behandelt (§ 327a Abs. 3 BGB).

Nein!

Es handelt sich um eine Ware mit digitalen Elementen. Gemäß § 475b Abs. 1 BGB gilt hierfür einheitlich Kaufrecht. Eine Ausnahme wird nur für die Bereitstellung des digitalen Produkts gemacht (§ 475b Abs. 1 S. 2 BGB). Sinn dahinter ist es, dass beide Vertragsgegenstände so eng miteinander verbunden sind, dass eine getrennte rechtliche Behandlung nicht sinnvoll erscheint. Das bedeutet, dass sowohl auf die Smartwatch, als auch auf das Betriebssystem Kaufrecht samt des kaufrechtlichen Gewährleistungsregimes Anwendung findet. Es gilt also nicht der Mangelbegriff des § 327e BGB, sondern der des § 475b BGB und die verbraucherschützenden Regelungen der §§ 475b ff. BGB.

3. Im Rahmen der Nacherfüllung entstehen H Aufwendungen in Höhe von €190. Kann H diese Aufwendungen von R im Rahmen eines Unternehmerregresses nach der Regelung über digitale Produkte (§ 327u Abs. 1 S. 2 BGB) geltend machen?

Nein, das ist nicht der Fall!

Die Vorschriften über digitale Produkte sind auf Verbraucherverträge über digitale Produkete anzuwenden. §§ 327t, 327u BGB sehen für den Fall eine Ausnahme vor, dass ein Unternehmer von einem anderen Unternehmer (sog. Vertriebspartner) ein digitales Produkt bereitgestellt bekommt, um es wiederum einem Verbraucher bereitzustellen. Hier sind die §§ 327 ff. BGB anwendbar. Zusätzlich dazu sieht § 327u Abs. 1 BGB eine Regressmöglichkeit des Unternehmers gegen den Vertriebspartner vor. Auf Waren mit digitalen Elementen sind die §§ 327 ff. BGB dagegen nicht anwendbar. Das bedeutet, dass H den R nich nach diesen Vorschriften in Regress nehmen kann.

4. Auf Waren mit digitalen Elementen sind die §§ 475b ff. BGB anwendbar. Hier sind aber keine Regressmöglichkeiten kodifiziert. Ist ein Regress des H gegen R deshalb ausgeschlossen (§ 445a BGB)?

Nein, das trifft nicht zu!

§ 475b BGB sieht vor, dass diese und die folgenden Vorschriften ergänzend zu den vorstehenden kaufrechtlichen Vorschriften gelten. Das Kaufrecht sieht aber in §§ 445a, 445b BGB einen Regress des Unternehmers gegen den Lieferanten vor. H kann R für die entstandenen Aufwendungen in Höhe von €190 in Regress nehmen (§ 445a Abs. 1 BGB). Liegen gerade keine Waren mit digitalen Elementen, sondern digitale Produkte i.S.d. § 327 BGB vor, ordnet § 445c BGB die Geltung der Regressmöglichkeit nach § 327u Abs. 1 BGB an.
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