Zivilrecht

Schuldrecht Allgemeiner Teil

Verbraucherverträge über digitale Produkte (§ 327 ff. BGB)

Schadensersatz statt der Leistung (§§ 327 i Nr. 3 Var. 2, 327 m III S. 1 BGB)

Schadensersatz statt der Leistung (§§ 327 i Nr. 3 Var. 2, 327 m III S. 1 BGB)

13. Februar 2025

18 Kommentare

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+++ Sachverhalt (reduziert auf das Wesentliche)

Jurafuchs

Verbraucherin V kauft bei Unternehmer U eine seltene CD. Die CD ist allerdings beschädigt. Als V den U um Nacherfüllung bittet, stellt U der V eine falsche CD bereit. V kauft sich darauf bei Händlerin H die CD. Diese kostet dort aber €30 mehr. V will von U die Mehrkosten.

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Einordnung des Falls

Schadensersatz statt der Leistung (§§ 327 i Nr. 3 Var. 2, 327 m III S. 1 BGB)

Die Jurafuchs-Methode schichtet ab: Das sind die 6 wichtigsten Rechtsfragen, die es zu diesem Fall zu verstehen gilt

1. Es liegt ein Mangel eines digitalen Produkts vor.

Ja!

Was ein digitales Produkt ist, bestimmt grds. § 327 Abs. 1, 2 BGB. Für eine CD als körperlicher Datenträger ist ergänzend § 327 Abs. 5 BGB zu beachten, der allerdings hinsichtlich des Mangels keine Einschränkungen vorsieht. Wann ein Mangel vorliegt, bestimmt § 327e BGB. Eine CD ist ein digitaler Inhalt nach § 327 Abs. 2 S. 1 BGB. Es liegt eine Abweichung jedenfalls von den objektiven Anforderungen nach § 327e Abs. 1 S. 1 Nr. 1, 2 BGB und damit ein Mangel vor.
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2. Der Vertragsbeendigungsgrund in § 327m Abs. 1 Nr. 3 BGB ist nur einschlägig, wenn das digitale Produkt nach der Nacherfüllung denselben Mangel noch aufweist.

Nein, das ist nicht der Fall!

§ 327m Abs. 1 Nr. 3 BGB ist immer dann einschlägig, wenn es nach Abschluss der Nacherfüllung zum erneuten Auftreten eines Mangels kommt. Dabei spielt es keine Rolle, ob es sich um denselben Mangel oder um einen anderen Mangel handelt. Der Verbraucher muss keinen weiteren Nacherfüllungsversuch abwarten. Im vorliegenden Fall liegt nach der Nacherfüllung (Neulieferung) wieder ein Mangel vor. Denn die Lieferung einer anderen Sache (Aliud) ist einem Mangel gleichgestellt (§ 327e Abs. 5 BGB). § 327m Abs. 1 Nr. 3 BGB ist anwendbar.

3. Damit V Schadensersatz statt der Leistung verlangen kann, muss sie noch eine angemessene Frist setzen.

Nein, das trifft nicht zu!

Wie auch bei den anderen Gewährleistungsrechten im Recht der digitalen Produkte ist auch hier eine Fristsetzung nicht notwendig, vielmehr genügt der Ablauf einer angemessenen Frist (vgl. § 327l Abs. 1 S. 2 BGB). Schadensersatz kann also nach bloßem Zeitablauf geltend gemacht werden. Eine aktive Fristsetzung durch den Verbraucher ist grds. nicht notwendig. Im Fall der fehlgeschlagenen Nacherfüllung nach § 327m Abs. 1 Nr. 3 BGB kommt es auf die Frist ohnehin nicht an. Wegen des Fehlschlags könnte V selbst vor Ablauf einer angemessenen Frist zurücktreten. Dass grds. keine Frist gesetzt werden muss, stellt einen wesentlichen Unterschied zum allgemeinen Schadensersatz statt der Leistung nach den §§ 280 Abs. 1, 3, 281 Abs. 1 BGB dar.

4. Liegen die zusätzlichen Voraussetzungen des § 280 Abs. 1 BGB hier vor, kann V Schadensersatz statt der Leistung verlangen.

Ja!

Neben dem Beendigungsgrund müssen gemäß § 327m Abs. 3 BGB auch die Voraussetzungen des § 280 Abs. 1 BGB erfüllt sein. Danach muss zusätzlich noch ein Vertretenmüssen des Mangels und ein Schaden, der dadurch eingetreten ist, vorliegen. Das Vertretenmüssen hinsichtlich des Beendigungsgrundes wird vermutet (vgl. § 280 Abs. 1 S. 2 BGB). V ist ein Schaden in Höhe von €30 entstanden. V kann Schadensersatz statt der Leistung verlangen.

5. Auf Grundlage des § 327m Abs. 3 BGB kann der Verbraucher ausschließlich „kleinen“ Schadensersatz statt der Leistung verlangen.

Nein, das ist nicht der Fall!

Der Verbraucher kann sich beim Vorliegen der Voraussetzungen des Schadensersatz statt der Leistung zwischen „kleinem“ und „großem“ Schadensersatz entscheiden. Beim „kleinen“ Schadensersatz behält der Verbraucher das digitale Produkt. Der Schaden ergibt sich aus dem Ausgleich des Minderwerts des mangelhaften digitalen Produkts oder aus den Kosten Mängelbeseitigung. Der „großen“ Schadensersatz kommt einer Vertragsbeendigung gleich. Die Rückgewähr des digitalen Produkts erfolgt gemäß der §§ 327o, 327p BGB und nicht nach den Rücktrittsregeln.

6. Die CD müsste auch bereitgestellt worden sein, was sich nach § 327b Abs. 3, 4 BGB richtet.

Nein!

Für die CD gilt einschränkend § 327 Abs. 5 BGB, der hinsichtlich der Bereitstellung § 327b BGB für unanwendbar erklärt. Vielmehr gelten insoweit die allgemeinen Regeln für körperliche Gegenstände, nicht zuletzt § 446 S. 1 BGB.
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Fragen und Anmerkungen aus der Jurafuchs-Community

Sassun

Sassun

17.10.2024, 15:09:36

Bei den ganzen Ansprüchen wäre es vermutlich ganz gut die AGL jeweils zu nennen, hier beispielsweise §§ 327i Nr. 3 Var. 2, 327m III 1, 280 I BGB.


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