Keine funktionelle Zuständigkeit im privaten Lebensbereich

22. November 2024

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+++ Sachverhalt (reduziert auf das Wesentliche)

Jurafuchs

Um eine Finanzierung der Kantine sicherzustellen, vereinbaren Arbeitgeberin Nicole und der Betriebsrat, dass alle Mitarbeiter in der Kantine essen sollen und hierfür vier Euro pro Tag vom Lohn einbehalten wird. Arbeitnehmer Dieter will weiterhin seinen mitgebrachten Salat essen.

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Einordnung des Falls

Keine funktionelle Zuständigkeit im privaten Lebensbereich

Die Jurafuchs-Methode schichtet ab: Das sind die 2 wichtigsten Rechtsfragen, die es zu diesem Fall zu verstehen gilt

1. Die Betriebsparteien können in einer Betriebsvereinbarung verbindliche Regelungen für alle Arbeitnehmerinnen treffen.

Genau, so ist das!

Zentraler Vorteil einer Betriebsvereinbarung ist, dass durch sie eine Regelung für alle Arbeitnehmer getroffen werden kann, ohne dass die einzelnen Arbeitsverträge geändert werden müssen. Dazu muss die Vereinbarung aber wirksam sein. Sie muss (1) in den funktionellen Zuständigkeitsbereich des Betriebsrats fallen, (2) schriftlich abgeschlossen werden (§ 77 Abs. 2 S. 1, 2 BetrVG), (3) tarifliche Regelungen dürfen keinen Vorrang genießen (§§ 77 Abs. 3, 87 Abs. 1 BetrVG) und (4) die Vereinbarung nicht gegen höherrangiges Recht verstoßen.
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2. Können die Betriebsparteien Dieter vorschreiben, sich an den Kantinenkosten zu beteiligen, auch wenn er dort gar nicht essen möchte?

Nein, das trifft nicht zu!

Der Betriebsrat kann eine Betriebsvereinbarung nur abschließen, wenn er für den Regelungsbereich funktionell zuständig ist. Dabei billligt die Rechtsprechung ihm zwar eine umfassende Zuständigkeit zu, wonach sämtliche sozialen Angelegenheiten in die Zuständigkeit des Betriebsrates fallen. Ihre Grenze erreicht diese aber im Hinblick auf den außerbetrieblichen, privaten Lebensbereich der Arbeitnehmerinnen.Die Entscheidung, was Dieter zum Mittagessen zu sich nimmt, obliegt allein ihm. Dies ist Ausfluss des allgemeinen Persönlichkeitsrechts, was auch von den Betriebsparteien zu achten ist (§ 75 Abs. 2 BetrVG). Die Vereinbarung übersteigt somit die funktionelle Zuständigkeit.
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