Vertiefung Voraussetzungen der Eheschließung (Fall)

24. November 2024

4,7(8.289 mal geöffnet in Jurafuchs)

leichtmittelschwer

+++ Sachverhalt (reduziert auf das Wesentliche)

Jurafuchs

Die 16-jährige F und ihr 18-jähriger Adoptivbruder M haben beschlossen, zu heiraten. Da Fs Eltern jedoch gegen die Eheschließung sind und auch der Standesbeamte die Mitwirkung verweigert, tricksen F und M den Standesbeamten aus, indem sie ihn unfreiwillig zu Zeugen ihrer Ehewillenserklärungen machen.

Diesen Fall lösen 73,8 % der 15.000 Nutzer:innen unseres digitalen Tutors "Jurafuchs" richtig.

Einordnung des Falls

Vertiefung Voraussetzungen der Eheschließung (Fall)

Die Jurafuchs-Methode schichtet ab: Das sind die 3 wichtigsten Rechtsfragen, die es zu diesem Fall zu verstehen gilt

1. Aufgrund der Minderjährigkeit der F liegt eine unwirksame Eheschließung vor.

Nein, das ist nicht der Fall!

Nur volljährige Personen sind ehemündig (§ 1303 S. 1 BGB). Bei der Eheschließung Minderjähriger muss jedoch nach dem Alter differenziert werden. Ist ein Ehegatte bereits über 16 Jahre alt, liegt zwar eine wirksame Eheschließung vor, es besteht jedoch nach § 1314 Abs. 1 BGB ein Eheaufhebungsgrund. Es liegt somit eine wirksame Eheschließung vor. Wäre F jedoch unter 16 Jahre alt, wäre die Eheschließung von vornherein unheilbar nichtig.
Jurafuchs 7 Tage kostenlos testen und tausende Fälle wie diesen selbst lösen.
Erhalte uneingeschränkten Zugriff alle Fälle und erziele Spitzennoten in
Jurastudium und Referendariat.

2. Aufgrund des Adoptionsverhältnisses ist aber keine wirksame Eheschließung zwischen M und F möglich.

Nein, das trifft nicht zu!

Gemäß § 1307 BGB darf die Ehe nicht zwischen engsten Blutsverwandten geschlossen werden. Liegt keine Blutsverwandtschaft sondern nur eine rechtliche Verwandtschaft durch ein bestehendes Adoptionsverhältnis vor, soll dieses vor der Ehe nach § 1308 BGB aufgelöst werden. Ein Verstoß gegen diese Soll-Vorschrift entfaltet jedoch keine Rechtswirkungen. Trotz des Adoptionsverhältnisses ist somit eine vollgültige und nicht anfechtbare Eheschließung zwischen M und F möglich.

3. Die nach § 1310 Abs. 2 BGB erforderliche Eheschließung vor dem Standesbeamten ist erfüllt.

Nein!

Die Mitwirkung eines Standesbeamten stellt ein absolutes Wirksamkeitserfordernis für die Eheschließung dar. Dieses erfordert auch zwingend die Bereitschaft des Standesbeamten zur Mitwirkung an der Trauung. Dass S nur unfreiwillig Zeuge der beiderseitigen Ehewillenserklärung geworden ist, erfüllt die Voraussetzungen des § 1310 BGB nicht. Grundsätzlich wäre der Standesbeamte jedoch zur Mitwirkung verpflichtet gewesen, da die Voraussetzungen des § 1310 Abs. 1 S. 3 BGB nicht vorlagen. Um die Durchführung der Eheschließung zu erreichen, hätten M und F jedoch das Amtsgerichte anrufen müssen.
Dein digitaler Tutor für Jura
Jetzt kostenlos testen
Jurafuchs
Eine Besprechung von:
Jurafuchs Brand
facebook
facebook
facebook
instagram

Jurafuchs ist eine Lern-Plattform für die Vorbereitung auf das 1. und 2. Juristische Staatsexamen. Mit 15.000 begeisterten Nutzern und 50.000+ interaktiven Aufgaben sind wir die #1 Lern-App für Juristische Bildung. Teste unsere App kostenlos für 7 Tage. Für Abonnements über unsere Website gilt eine 20-tägige Geld-Zurück-Garantie - no questions asked!


Fragen und Anmerkungen aus der Jurafuchs-Community

Juraluchs

Juraluchs

1.10.2022, 16:34:43

Bezüglich des Vertiefungskästchens: Entgegen des Wortlauts des § 1310 I 3 Nr. 1 scheint es wohl anerkannt zu sein, dass die Kenntnis von allen möglichen Aufhebungsgründen zu einer Pflicht der Mitwirkungsverweigerung des Standesbeamten führt, sodass vorliegend M und F die Eheschließung nicht erreichen können würden. Nachzulesen bspw. im MüKo oder BeckOGK. Liebe Grüße

Jopies

Jopies

22.12.2023, 22:10:29

Wenn ein Verstoß gegen § 1308 Abs. 1 keine Rechtsfolgen begründet, was ist der praktische Nutzen von Abs. 2? Ist er für die Eheschließung relevant?

LELEE

Leo Lee

25.12.2023, 10:35:45

Hallo Jopies, das ist natürlich eine sehr gute Frage und vor allem berechtigter Einwand, zumal die Gültigkeit der Ehe ohnehin nicht berührt wird. Hierzu findet sich leider auch nichts wirklich Nennenswertes im Kommentar (vgl. etwa MüKo-BGB 9. Auflage, Wellenhofer § 1308 Rn. 1, der nur beiläufig den TB des Abs. 2 erwähnt). Insofern dürfte Abs. 2 nur klarstellen, dass eben die Ehe zwischen den Adoptivgeschiwstern (Seitenlinie) eben durch ein Gericht für „in Ordnung“ erklärt werden kann :). Besinnliche Feiertage und einen guten Rutsch wünscht dir das Jurafuchsteam!

A-MUC

A-MUC

10.1.2024, 01:11:12

Müsste die Frage nicht lauten „Die nach § 1310 I 1 BGB erforderliche Eheschließung“? In Absatz 2 geht es doch nur darum, wer als Standesbeamter gilt. Außerdem, wenngleich nur eine Kleinigkeit: Bei der Vertiefung müsste es „..das Amtsgericht“ (Singular) heißen. Vielen Dank & Liebe Grüße!


Jurafuchs 7 Tage kostenlos testen und mit 15.000+ Nutzer austauschen.
Kläre Deine Fragen zu dieser und 15.000+ anderen Aufgaben mit den 15.000+ Nutzern der Jurafuchs-Community
Dein digitaler Tutor für Jura
Jetzt kostenlos testen