Strafrecht

BT 3: Straftaten gegen Freiheit u.a.

Nötigung, § 240 StGB

Beeinträchtigung als Nebenfolge bei vollendeter Maßnahme

Beeinträchtigung als Nebenfolge bei vollendeter Maßnahme

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+++ Sachverhalt (reduziert auf das Wesentliche)

Jurafuchs

Die Teilnehmer T einer bereits im Vorfeld angemeldeten Fahrraddemo passieren mit ihren Drahteseln vereinbarungsgemäß die Innenstadt und stellen am Ende des Demozuges ihre Fahrräder vor die Einfahrt des O. O kommt aufgrund der vielen Fahrräder mit seinem Auto nicht aus seiner Einfahrt und erreicht seine Arbeitsstelle für mehrere Stunden nicht. Weitere Alternativen bestehen für O nicht, die Arbeit zu erreichen.

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Einordnung des Falls

Beeinträchtigung als Nebenfolge bei vollendeter Maßnahme

Die Jurafuchs-Methode schichtet ab: Das sind die 3 wichtigsten Rechtsfragen, die es zu diesem Fall zu verstehen gilt

1. T haben O zu einem Unterlassen genötigt (§ 240 Abs. 1 StGB).

Ja, in der Tat!

Die Nötigung (§ 240 Abs. 1 StGB) ist ein Erfolgsdelikt. Der Täter muss ein Opferverhalten, das in einer Handlung, Duldung oder Unterlassung liegen kann, herbeigeführt haben (Nötigungserfolg). Das Unterlassen ist die Nichtvornahme einer konkreten Handlung. Handlung meint dabei ein positives Tun. T haben durch Blockieren der Einfahrt des O herbeigeführt, dass O sein Grundstück nicht mit dem KFZ verlassen kann, mithin also eine konkrete Handlung gerade nicht vornehmen kann. Der tatbestandliche Erfolg der Nötigung ist folglich eingetreten.
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2. T haben gerade mit der eingesetzten Gewalt das Unterlassen des O kausal und objektiv zurechenbar herbeigeführt (nötigungsspezifischer Zusammenhang).

Ja!

Zwischen dem Nötigungsmittel und dem Nötigungserfolg muss eine kausale Verknüpfung bestehen, d.h. das abgenötigte Verhalten muss unmittelbare und spezifische Folge des angewandten Zwangsmittels sein. Es finden die allgemeinen Regeln der objektiven Zurechnung Anwendung. Der Zusammenhang fehlt, wenn das Opfer auf eigenen Entschluss oder fremden Rat dem Verlangen des Täters nachgibt.Hier unterlässt O das Verlassen seiner Einfahrt gerade wegen davor stehenden Fahrräder.

3. Die Nötigungshandlung der Teilnehmer ist als verwerflich anzusehen (§ 240 Abs. 2 StGB).

Genau, so ist das!

Verwerflich ist eine Verhaltensweise, wenn die Gewaltanwendung oder die Drohung zu dem beabsichtigten Zweck in einem auffallenden Missverhältnis stehen. Dabei muss das Missverhältnis derart auffällig sein, dass die Verhaltensweise als sozialethisch missbilligenswert anzusehen ist, d.h. von einem verständigen Dritten als sozial unerträglich, als strafwürdiges Unrecht empfunden wird. Hier ist der Zweck an sich nicht als verwerflich anzusehen, da es sich um eine friedliche Ausführung der grundrechtlich relevanten Meinungs- und Versammlungsfreiheit (Art. 5 Abs. 1 GG sowie Art. 8 GG) handelt. Auch ist das Mittel nicht sozialethisch missbilligenswert. Allerdings ist in einer Gesamtschau eine Verwerflichkeit zu bejahen, da die Versammlung bereits beendet ist und die Teilnehmer dem O nicht den Weg frei machen. Soweit eine Beeinträchtigung der grundrechtlich garantierten Fortbewegungsfreiheit (Art. 2 Abs. 1 GG) zwangsläufige Folge der Ausübung des Grundrechtes der Versammlungs- und Meinungsfreiheit ist, liegt noch keine rechtswidrige Nötigung in dem Falle vor, als sie nicht unverhältnismäßig ist. Hier ist bei einer Abwägung der Gesamtbelange von keiner Verhältnismäßigkeit mehr auszugehen.
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