Berechtigte GoA schließt sonstige Ansprüche tatbestandlich aus


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Spaziergänger S beobachtet, wie Rentnerin R von einem streunenden Hund angegriffen wird und eilt ihr zu Hilfe. Es gelingt ihm, den Hund mit dem Gehstock der R in die Flucht zu schlagen. Dabei wird dieser beschädigt.

Einordnung des Falls

Berechtigte GoA schließt sonstige Ansprüche tatbestandlich aus

Die Jurafuchs-Methode schichtet ab: Das sind die 7 wichtigsten Rechtsfragen, die es zu diesem Fall zu verstehen gilt

1. Die Abwehr des Hundes erfüllt die Grundvoraussetzungen einer echten GoA nach § 677 BGB.

Genau, so ist das!

Nach § 677 BGB setzen Ansprüche aus echter GoA (egal, ob berechtigt oder unberechtigt) voraus, dass ein Geschäftsführer (1) ein fremdes Geschäft (2) mit Fremdgeschäftsführungswillen ausführt, (3) ohne vom Geschäftsherrn beauftragt oder ihm gegenüber sonst dazu berechtigt zu sein. Der Hund griff R an. Die Abwehr des Hundes ist damit ein reines Geschäft der R und somit für S fremd. Der Fremdgeschäftsführungswille wird vermutet. R hat den S weder dazu beauftragt, noch war der S gegenüber R sonst dazu berechtigt.

2. Die Abwehr des Hundes stellt eine berechtigte GoA im Sinne des § 683 S. 1 BGB dar.

Ja, in der Tat!

Eine GoA ist nach § 683 S. 1 BGB berechtigt, wenn sie dem Interesse und dem wirklichen oder dem mutmaßlichen Willen des Geschäftsherrn entspricht. Der wirkliche Wille des Geschäftsherrn ist dabei stets vorrangig zu prüfen. Sein mutmaßlicher Wille wird erst relevant, wenn sein wirklicher Wille nicht ermittelbar ist, weil er diesen nicht geäußert hat. Der mutmaßliche Wille des Geschäftsherrn ergibt sich in der Regel aus seinem objektiven Interesse. Der wirkliche Wille der R war nicht ermittelbar, da sie diesen nicht geäußert hat. Die Abwehr des Hundes durch S entspricht jedoch Rs objektivem Interesse und damit seinem mutmaßlichen Willen.

3. R hat einen Anspruch auf Herausgabe des Gehstocks gegen S aus §§ 681 S. 2, 667 BGB.

Ja!

Nach §§ 681 S. 2, 667 BGB ist der Geschäftsführer einer GoA verpflichtet, dem Auftraggeber alles, was er zur Ausführung des Auftrags erhält und was er aus der Geschäftsbesorgung erlangt, herauszugeben. S hat den Stock der R zur Ausführung der GoA, nämlich zur Abwehr des Hundes in Besitz genommen.

4. R hat einen Schadensersatzanspruch gegen S wegen Ausführungsverschuldens aus §§ 677, 280 BGB wegen des beschädigten Gehstocks.

Nein, das ist nicht der Fall!

Ein Schadensersatzanspruch nach §§ 677, 280 BGB erfordert (1) das Vorliegen eines Schuldverhältnisses (2) eine Verletzung der Pflicht zur ordentlichen Ausführung nach § 677 BGB und (3) ein Ausführungsverschulden durch den Geschäftsführer, sowie (4) einen darauf zurückzuführenden Schaden. Ein Schuldverhältnis liegt in Form der berechtigten, echten GoA vor. Nach § 677 BGB hat der Geschäftsführer das Geschäft so zu führen, wie das Interesse des Geschäftsherrn mit Rücksicht auf dessen wirklichen oder mutmaßlichen Willen es erfordert. Der Gehstock der R wurde bei der Abwehr des Hundes beschädigt, welche jedoch dem mutmaßlichen Willen der R entsprach. Damit liegt keine Verletzung der Pflicht zur ordentlichen Ausführung nach § 677 BGB vor.

5. R hat einen Schadensersatzanpruch gegen S aus EBV wegen des beschädigten Gehstocks (§§ 989, 990 BGB).

Nein, das trifft nicht zu!

Ein Schadensersatzanspruch nach §§ 989, 990 BGB setzt ein Eigentümer-Besitzer-Verhältnis voraus. Zum Zeitpunkt der schädigenden Handlung muss (1) der Anspruchssteller Eigentümer der beschädigten Sache, (2) der Anspruchsgegner Besitzer (3) ohne Besitzrecht gewesen sein. R ist Eigentümerin des Gehstocks. In dem Zeitpunkt, als dieser beschädigt wurde, war S Besitzer. Da die Inbesitznahme jedoch der Ausführung einer berechtigten GoA diente, hatte er ein Recht zum Besitz an dem Gehstock.

6. R hat einen Schadensersatzanspruch gegen S aus Delikt wegen des beschädigten Gehstocks.

Nein!

Ein Schadensersatzanspruch nach § 823 Abs. 1 BGB setzt (1) eine Verletzungshandlung, (2) eine Rechtsgutsverletzung und (3) die kausale Verknüpfung der beiden voraus. Ferner muss der Anspruchsgegner (4) rechtswidrig und (5) schuldhaft gehandelt haben. S hat durch die Abwehr des Hundes den Gehstock der R und damit deren Eigentum beschädigt. Diese Abwehrhandlung stellt jedoch zugleich eine berechtigte GoA dar. Eine solche gilt im Rahmen eines deliktischen Anspruchs als Rechtfertigungsgrund, der die Rechtswidrigkeit entfallen lässt.

7. R hat einen Anspruch auf Herausgabe des Gehstocks aus Bereicherungsrecht.

Nein, das ist nicht der Fall!

Nach § 812 Abs. 1 BGB ist derjenige, der durch die Leistung eines anderen oder in sonstiger Weise auf dessen Kosten etwas ohne rechtlichen Grund erlangt, ihm zur Herausgabe verpflichtet. S hat sich den Gehstock der R genommen und damit unmittelbaren Besitz am Gehstock in sonstiger Weise erlangt. Die Inbesitznahme diente der Abwehr des Hundes und somit in Ausführung einer berechtigten GoA. Eine solche stellt jedoch einen Rechtsgrund dar.

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