Zivilrecht
Werkrecht
Gefahrtragungsregeln
Gefahrtragung für das Werk: Leistungsgefahr bei Unmöglichkeit der Werkleistung
Gefahrtragung für das Werk: Leistungsgefahr bei Unmöglichkeit der Werkleistung
+++ Sachverhalt (reduziert auf das Wesentliche)
Der Tourist B bestellt bei der Schnellzeichnerin U für €50 eine Karikatur. Durch einen Zufall verknackst sich U während des Zeichnens die Hand. Sie kann nie wieder ein Bild anfertigen.
Diesen Fall lösen [...Wird geladen] der 15.000 Nutzer:innen unseres digitalen Tutors "Jurafuchs" richtig.
Einordnung des Falls
Gefahrtragung für das Werk: Leistungsgefahr bei Unmöglichkeit der Werkleistung
Die Jurafuchs-Methode schichtet ab: Das sind die 6 wichtigsten Rechtsfragen, die es zu diesem Fall zu verstehen gilt
1. Weil es sich um künstlerische Betätigung handelt, haben B und U einen Dienstvertrag geschlossen (§ 611 BGB).
Nein, das trifft nicht zu!
Jurastudium und Referendariat.
2. Der Besteller einer Werkleistung trägt die Leistungsgefahr immer für den Fall, dass die Herstellung des Werkes unmöglich wird.
Ja!
3. U trägt die Leistungsgefahr für den Fall, dass die Herstellung des Werkes unmöglich wird.
Nein, das ist nicht der Fall!
4. B trägt die Leistungsgefahr für Unmöglichkeit.
Ja, in der Tat!
5. Die Werkleistung ist unmöglich geworden. U ist von ihrer Leistungspflicht befreit (§ 275 BGB).
Ja!
6. U hätte aufpassen müssen, sich nicht die Hand zu verstauchen. B hat daher dennoch einen Anspruch auf Werkleistung.
Nein, das ist nicht der Fall!
Jurafuchs ist eine Lern-Plattform für die Vorbereitung auf das 1. und 2. Juristische Staatsexamen. Mit 15.000 begeisterten Nutzern und 50.000+ interaktiven Aufgaben sind wir die #1 Lern-App für Juristische Bildung. Teste unsere App kostenlos für 7 Tage. Für Abonnements über unsere Website gilt eine 20-tägige Geld-Zurück-Garantie - no questions asked!
Fragen und Anmerkungen aus der Jurafuchs-Community
CanDMRCV
2.6.2022, 12:21:45
Regelt § 644 I S. 1 BGB nur die "Preis-" bzw. Werklohngefahr? Ich bin verwirrt. 🙍
Lukas_Mengestu
15.6.2022, 14:27:45
Hallo CanDMRCV, der Wortlaut ist hier in der Tat etwas missverständlich. § 644 Abs. 1 S. 1 BGB befasst sich lediglich mit der Preisgefahr, also der Frage, inwieweit der Werklohnanspruch des Unternehmers bestehen bleibt oder entfällt, wenn das zwar begonnene oder auch schon hergestellte Werk untergeht oder verschlechtert wird. Die
Leistungsgefahrrichtet sich aber auch im Werkrecht nach § 275 BGB. Beste Grüße, Lukas - für das Jurafuchs-Team
evanici
1.9.2023, 17:12:32
Hier würde mich beispielsweise interessieren, ob die Vertragsbeendigung dann über einen allgemeinen Rücktritt oder über eine Kündigung §§ 648 f. funktionieren würde.
Leo Lee
2.9.2023, 20:08:51
Hallo evanici, Das Kündigungsrecht würde hier insofern nicht einschlägig sein, als diese immer ex nunc – also für die Zukunft den Vertrag bzw. die Pflicht erlöschen lässt, obgleich die Leistung an sich noch möglich wäre. Wenn hingegen eine Leistung unmöglich geworden ist, würde eine solche Vertragspflicht überhaupt nicht mehr möglich sein. In diesem Fall würde dann der Rücktritt gem. §§ 634 Nr. 3,
326 V BGBoder Schadensersatz gem. §§ 634 Nr. 4, 280 I, III, III, 283 BGB passend :). Liebe Grüße – für das Jurafuchsteam – Leo
evanici
1.9.2023, 18:03:12
Das heißt aber grundsätzlich trägt die
Leistungsgefahrvor der Abnahme oder der einen Annahmeverzug begründenden unterbliebenen Handlung des Bestellers aber schon der Unternehmer, es sei denn, ein Fall der Unmöglichkeit liegt vor?
Leo Lee
2.9.2023, 20:07:59
Hallo evanici Genauso ist es! Die
Leistungsgefahrträgt grds. immer der Unternehmer, solange das Werk nicht unmöglich geworden ist (denn der U ist ja vertraglich verpflichtet und muss auch leisten, soweit möglich). Beachte in diesem Kontext noch den §
644 BGB, der sich mit der
Gegenleistungsgefahr/Vergütungsgefahr (also der Frage, ob noch gezahlt werden muss) beschäftigt! I.Ü. kann ich die Lektüre von MüKo-BGB 9. Auflage, Busche § 644 Rn. 1 ff. sehr empfehlen :). Liebe Grüße – für das Jurafuchsteam – Leo
Lena123
30.10.2024, 16:27:57
Wie sieht es denn aus, wenn der Untergang nicht zufällig, sondern von einer Partei zu vertreten ist