Aufsichtspflicht außerhalb der Schule – Klassenausflug zu einem Baggersee
+++ Sachverhalt (reduziert auf das Wesentliche)
Die 6a (öffentliche Schule in Hannover) ist auf Wandertag am Baggersee (keine Bademeister, Wasser wird schnell tief). Die Hälfte der Schüler kann Schwimmen, S gehört nicht dazu. Lehrerin L hat Luftmatratzen grundsätzlich verboten. S paddelt dennoch unbemerkt raus, fällt ins Wasser und ertrinkt.
Einordnung des Falls
Aufsichtspflicht außerhalb der Schule – Klassenausflug zu einem Baggersee
Die Jurafuchs-Methode schichtet ab: Das sind die 7 wichtigsten Rechtsfragen, die es zu diesem Fall zu verstehen gilt
1. S hat einen Amtshaftungsanspruch (§ 839 BGB i.V.m. Art. 34 GG) gegen das Land Niedersachsen, wenn L in Ausübung ihres öffentlichen Amtes schuldhaft eine drittgerichtete Amtspflicht verletzt hat und S daraus ein Schaden entstanden ist.
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Ja!
2. L hat in Ausübung ihres öffentlichen Amtes eine drittgerichtete Amtspflicht verletzt, indem sie den Baggersee als Ausflugsziel ausgewählt hat.
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Genau, so ist das!
3. Im Verhältnis zwischen S und L gilt allgemeines Zivilrecht (Deliktsrecht, §§ 823ff. BGB). S hat gegen L einen Schadensersatzanspruch, wenn L vorsätzlich oder fahrlässig das Rechtsgut Leben der S verletzt hat.
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Nein, das trifft nicht zu!
4. Etwaige Schadensersatzansprüche der S sind mit ihrem Tod auf ihre Eltern übergegangen.
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5. L hat sich strafbar gemacht wegen fahrlässiger Tötung (§ 222 StGB).
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Genau, so ist das!
6. L hat in Ausübung ihres öffentlichen Amtes eine drittgerichtete Amtspflicht verletzt, da sie die Wasserfläche nicht ständig aufmerksam im Auge hatte.
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Ja, in der Tat!
7. Wenn die Eltern der S das Bundesland Niedersachsen in Anspruch nehmen, ist L verpflichtet, dem Bundesland Niedersachsen den Schaden aus eigener Tasche zu erstatten.
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Ja!
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TeamRahad 🧞
14.9.2020, 16:30:47
Die Strafbarkeit wäre hier doch fahrlässige Tötung durch Unterlassen (§§ 222, 13 StGB), oder?
FML
3.4.2021, 15:30:03
Bei der Überwachung des Sees vllt. Bei der Auswahl des Ortes kommt aber kein unterlassen in Betracht. Da diese Sorgfaltspflichtverletzung zeitlich zuerst kam und mAn schwerwiegender ist würde ich in der Klausur kein unterlassen im Obersatz erwähnen.
jomolino
8.12.2021, 12:36:14
Da ihr meines Wissens kein Kapitel zu Amtshaftungsansprüchrn habt, könntet ihr diese Fälle vielleicht mit entsprechendem Schwerpunkt nochmal recyclen, bin nur durch Zufall drauf gestoßen als ich Schulerecht machen wollte.
Wendelin Neubert
9.12.2021, 09:39:19
Hallo nomamo, danke für deinen Kommentar. Wir haben ein eigenes Kapitel zum Staatshaftungsrecht, das findest du im öffentlichen Recht. Der Kurs ist noch relativ am Anfang und wird bald weiter ausgebaut. Auch den Kurs zum Schulrecht werden wir im nachstehenden Jahr ausbauen und dann auch diese Fälle mit den Amtshaftungsfällen verknüpfen. Danke für deine Geduld! Beste Grüße - Wendelin für das Jurafuchs-Team

Im🍑nderabilie
19.11.2022, 20:32:02
Es ist hier etwas kurzsichtig zu behaupten, S hätte einen Anspruch, oder? Vielmehr ist ein etwaiger Anspruch auf die Eltern übergegangen, S selbst ist tot.

Nora Mommsen
8.12.2022, 19:47:51
Hallo imponderabilie, die erste Frage lautet daher auch, dass etwaige Schadensersatzansprüche der S auf die Eltern übergegangen sind. Viele Grüße, Nora - für das Jurafuchs-Team

Pilea
10.1.2023, 09:25:04
Wer ist, wenn man von Bundesland X spricht, der genaue Anspruchsgegner?

Nora Mommsen
10.1.2023, 12:49:20
Hallo Pilea, die Rechtsprechung verfolgt die sogenannte "Amtsübertragungstheorie", es kommt also darauf an bei wem die natürliche Person im Dienst steht, also angestellt ist. Passivlegitimiert in einem Verfahren ist immer die Anstellungskörperschaft. Lehrer sind zumeist beim Land angestellt, damit ist das Land X der richtige Klagegegner. Viele Grüße, Nora - für das Jurafuchs-Team